Nordseeöl: Reserven noch für 15 Jahre

2020 wird Europa 90 Prozent seines Öls importieren.

Das Erdöl aus den Tiefen der Nordsee, eine der wichtigsten Energiequellen Europas, geht langsam zur Neige. Die Fördermenge erreichte 1999 ihren Höhepunkt und geht seitdem sukzessive zurück. Die Reserven, die noch unter dem Meeresgrund lagern, nehmen Jahr für Jahr ab. "Es war eine große Überraschung als wir in der Nordsee Öl fanden, doch 2020 wird nichts mehr davon übrig sein", meint der Geologe Colin Campbell.

Die Nordsee ist ein gutes Beispiel für den Glaubenskrieg rund um das Erdöl. Während Anhänger der "Peak-Oil-Theorie" erschöpfte Lagerstätten als Symbol für das Ende des Öl-Zeitalters betrachten, sehen andere Experten gerade in der Nordsee ein Zeichen der Hoffnung: Die Vorräte hätten schließlich doppelt so lange gereicht, wie ursprünglich geplant.

Die Nordsee-Reserven wurden in den siebziger Jahren nach den Ölpreiskrisen erschlossen. Wegen der hohen Qualität des Rohöls setzte es sich auch auf dem Markt schnell durch und eroberte große Anteile. So gilt der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent (à 159 Liter), der am Mittwoch auf 60,7 Dollar zurückging, in Europa als Referenzpreis für Erdöl. Durch den Verkauf seines Öls wurde Norwegen reich; die britische Volkswirtschaft entwickelte sich zum Exporteur von Öl und Gas.

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Den Industrienationen dämmert aber bereits, dass ihre Abhängigkeit vom Erdöl zu einem immer größeren Problem wird. "Der Importbedarf der Europäischen Union hinsichtlich Erdöl und -gas wird sich in der mittel- und langfristigen Perspektive weiter erheblich steigern", heißt es in einer Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Jahr 2020 werde Europa bis zu 90 Prozent des Erdöl- und 70 Prozent des Erdgasbedarfes importieren müssen.

Im vergangenen Jahr reduzierte sich die britische Förderung um zwölf Prozent auf rund 83 Mio.Tonnen, während die Norweger rund 136 Mio.Tonnen aus der Nordsee förderten, acht Prozent weniger als im Jahr zuvor. Gleichzeitig gingen die norwegischen Reserven um 8,3 Prozent auf 1,04 Mrd.Tonnen und die britischen Reserven um 11,8 Prozent auf 538 Mio.Tonnen zurück. Damit reicht das Nordsee-Öl aber weit länger als ursprünglich erwartet.

Anfang der siebziger Jahre hatten die Experten errechnet, dass 2000 mit der Ölförderung in der Nordsee Schluss sei. "Durch technischen Fortschritt ist es gelungen, diesen Zeitraum zu verdoppeln", sagt Karl-Heinz Schult-Bornemann von ExxonMobil. So holen die Förderfirmen nicht mehr nur 35 Prozent des Öls aus den Lagerstätten, sondern in manchen Feldern bis zu 70 Prozent.

Derzeit gehen internationale Erdölexperten davon aus, dass weltweit noch zumindest für die nächsten 40 Jahre genügend Öl vorhanden sein wird. Dabei sind derzeit nicht kommerziell nutzbare Quellen (etwa kanadischer Ölschiefer und Tiefseevorkommen) nicht berücksichtigt. Auch nicht berücksichtigt ist der technologische Fortschritt. Während die Nordsee von den großen Öl-Multis höchst professionell ausgebeutet wurde und wird, sind in vielen Regionen der Welt weit weniger professionelle Staatsbetriebe mit der Ölproduktion befasst.

Der Mineralölriese BP will ebenso wie andere Unternehmen dennoch weiter in die Nordsee-Förderung investieren, auch wenn es nur noch kleinere Felder mit geringerer Ergiebigkeit zu erschließen gibt. "Die Ressourcen, die eine Förderung auf Jahre hinaus noch ermöglichen könnten, sind ja dort vorhanden", sagte BP-Chef John Browne vor kurzem in der schottischen Ölstadt Aberdeen. Auch die OMV hält an ihrer Produktion in der Nordsee fest. Sie hat dort im Vorjahr drei neue Ölfelder gefunden und fördert in der Nordsee derzeit 5300 Fass pro Tag, was 1,5 Prozent der gesamten OMV-Fördermenge entspricht.
Quelle: (Die Presse) 09.02.2006

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Wie lange reichen die weltweiten Ölreserven, wenn die Förderquoten weiter steigen bzw. gleich bleiben?

Die Höhe der globalen Reserven ist höchst umstritten und hängt von vielen Faktoren ab. Tatsache ist, dass zum jetzigen Zeitpunkt die uns bekannten Reserven auf einem historischen Höhepunkt sind. Außerdem macht die Technik ständig Fortschritte und Produzenten können jetzt an bisher unerreichbare Rohölquellen herankommen. Andererseits kann niemand seriös abschätzen, wie sich die globale Nachfrage entwickeln wird. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass ab einer gewissen Schmerzgrenze die Nachfrage nachlässt, so zum Beispiel in den USA Anfang der 80-er Jahre.

Wann wird der Peak Oil erreicht werden?

Ölförderung

Peak Oil bezeichnet jenen Zeitpunkt, an dem die nachgefragte Menge die neu entdeckten Reserven übersteigt. Die "Peak Oil" Ängste werden schon seit Jahrzehnten lanciert. Anfang der 70-er Jahre dachte man, dass die Produktion spätestens bis zum Jahr 2000 sinken würde, und bei jedem neuen Preisanstieg wird diese Diskussion reanimiert.
Im Grunde stimmt die Problematik, da es sich beim Rohöl um eine enden wollende Ressource handelt. Da kein neues Öl entsteht, muss bei einer stetig steigenden Produktion irgendwann der Punkt erreicht werden, wo die nachgefragte Menge jene der zusätzlich gefundenen Mengen übersteigt und man ab dann quasi die Reserven rasch abbauen wird.
Dies, gepaart mit ständig steigender Nachfrage, führt zu der Notwendigkeit, mit den Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen, aber auch alternative Energien zu fördern. In der Nordsee wurde der Höhepunkt der Ölförderung bereits vor ein paar Jahren erreicht, in den USA schon Anfang der 70er Jahre.
Allerdings werden dennoch auf der ganzen Welt immer wieder neue Ölquellen entdeckt, die ab einem gewissen Preisniveau gewinnbringend ausgebeutet werden können, wie etwa der ölhaltige Sand in Kanada oder Ölvorkommen tief unter dem Meeresgrund.