Öltanker

G8 schaffen nur matten Kompromiss zum Klimaschutz
von Thomas Vieregge (DiePresse vom 8.6.2007)

OPEC wird in Zukunft kapitulieren

Keine verpflichtenden Ziele zur CO2-Reduktion
Üblicherweise gehört es zur Gipfeldramaturgie, Kompromisse als Ausdruck eines harten Ringens erst in letzter Minute zu verkünden. Dass dies beim G8-Gipfel im deutschen Ostseebad Heiligendamm nicht geschah und Gastgeberin Angela Merkel bereits frühzeitig an die Öffentlichkeit trat, offenbart nur aufs Neue die transatlantische Kluft zwischen Europa und den USA in der Klimapolitik.

Über eine Absichtserklärung, die Kohlendioxidemissionen bis 2050 um die Hälfte zu reduzieren, sind die wichtigsten Industrienationen der Welt bei ihrem jährlichen Treffen nicht hinausgekommen. Die Formel beinhaltet keine konkrete Verpflichtung, auf die die EU-Staaten eigentlich abgezielt hatten.

Beim Klimaschutz gab es kein greifbares Ergebnis. Die USA sträubten sich trotz der Interventionen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und des scheidenden britischen Premiers Tony Blair erfolgreich gegen Vorgaben und konkrete Ziele.

Nichtsdestoweniger kündigte Bush an, die USA würden die Führungsrolle in der Klimapolitik übernehmen. Zuletzt hatte er eine viel beachtete Initiative lanciert, mit der er die schwersten Umweltverschmutzer in einer eigenen Runde zu bündeln versucht.

Die deutsche Kanzlerin wertete das Ergebnis zwar als "großen Erfolg", bezeichnete den halbherzigen Konsens im nächsten Atemzug allerdings als das "Höchstmögliche", das zu erreichen war.

Auf einen offenen Konflikt wollte sie es augenscheinlich nicht ankommen lassen. Ursprünglich hatte sich die Kanzlerin auch für eine Beschränkung der Erderwärmung auf zwei Prozent eingesetzt. Davon war am Donnerstag aber keine Rede mehr. Immerhin dürfte Merkel es geschafft haben, Bush in einem anderen zentralen Punkt zu überzeugen: Das Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll, das 2012 ausläuft, soll auch weiterhin unter UN-Ägide stehen. Umweltorganisationen wie Greenpeace gaben sich in einer ersten Reaktion dennoch von den Gipfelergebnissen enttäuscht.

Die OPEC steht kurz davor, die weiße Fahne zu hissen.

Die Erdölförderung kann nicht weiter gesteigert werden, es wurden sogar Stimmen laut die Förderung einzuschränken. Auffallend ist, dass dies nur wenige Tage geschieht, nachdem in Kuwait darüber spekuliert wird, dass die Erdölreserven Kuwaits um 100 Prozent überbewertet sind, sowie bekannt wurde, dass die Förderung im größten Erdölfeld Kuwaits zurückgeht.

Mehr noch: Die Hilflosigkeit der OPEC ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es mittlerweile deutliche Hinweise darauf gibt, dass auch Saudi-Arabien an die Grenzen seiner Fördermöglichkeiten gestoßen ist. Auch das größte saudische Erdölfeld Ghwar soll nach Insiderinformationen bereits im Förderrückgang sein. Über die Förderrückgänge in Indonesien wird hingegen schon gar nicht mehr spekuliert. Längst ist bestätigt, dass das OPEC-Land Indonesien sich mittlerweile zu einem erdölimportierenden Land entwickelt hat.

Zugleich steigt die globale Nachfrage nach Erdöl unaufhörlich. Die Welt ist auf begrenzte Erdölressourcen nicht eingestellt. Entweder passt sich die Nachfrage durch Energiesparen und Umstieg auf Erneuerbare Energien schnell an oder die Weltwirtschaft wird über explodierende Ölpreise und einer daraus folgenden Depression zu einer schnellen Anpassung gezwungen. Die Gewinne der Mineralölkonzerne erreichen schon jetzt nie gekannte Höhen. Exxon Mobil macht 100 Millionen Dollar Gewinn am Tag. Dieser Gewinn ist so hoch, dass er nicht mehr investiert werden kann, da geeignete Förderstätten fehlen. Doch statt in erneuerbare Energien zu investieren werden diese Krisengewinne für Dividenden oder Aktienrückkäufe ausgegeben. Zahlen darf dies der kleine Verbraucher.

EU, Bundesregierung, Länder und Kommunen sind dazu aufgerufen, Notfallpläne und Strategien zu entwickeln, um eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ihrer Bürger auch in Zukunft zu gewährleisten. Die einzigen wirksamen Lösungen die auch das Klima schützen sind Energiesparen und erneuerbare Energien. Die Kommunen sollten nicht darauf warten, bis die trägen staatlichen Ebenen über ihnen endlich mit der Arbeit beginnen.

OPEC droht mit hohem Ölpreis

Sollten die USA und die EU weiterhin die Ent­wicklung und Produktion von Biosprit vorantrei­ben, könnten die Ölprei­se in die Höhe schießen.
Zwischen der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und der Internationalen Energieagentur (IEA) ist eine Debatte über die Auswirkungen des Biotreibstoff auf die Ölpreise entbrannt. Der Generalsekretär der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), Abdallah El Badri, hat diese Woche vor der Gefahr deutlich steigender Ölpreisen infolge der vermehrten Entwicklung von Biokraftstoffen gewarnt. Die IEA hält die Befürchtungen für "verfrüht".

Kürzungen
Die Bemühungen der Industrienationen zur Entwicklung von Biokraftstoffen als alternative Energiequelle könnten die Ölpreise erheblich ansteigen lassen, drohte der OPEC-Generalsekretär in der "Financial Times" (Mittwoch). Angesichts des vermehrten Einsatzes von Biokraftstoffen erwäge die OPEC, das rund 40 Prozent der weltweiten Erdölförderung kontrolliert, die Investitionen in neue Produktionsanlagen zu kürzen. "Wenn wir nicht auf eine sichere Nachfrage zählen können, werden wir unsere Investitionspläne vielleicht überdenken", sagte El-Badri.
Das Förderkartell, das 40 Prozent der globalen Ölnachfrage abdeckt, plant derzeit, bis 2012 rund 130 Mrd. Dollar (96,5 Mio. Euro) in die Erschließung neuer Vorkommen zu investieren. Den Irak nicht mitgerechnet soll die tägliche Förderkapazität on derzeit 35,7 auf 39,7 Mio. Barrel (entspricht 159 Litern) im Jahr 2010 ausgeweitet werden.

Biotreibstoffe, so der OPEC-Generalsekretär, seien auch mittelfristig noch kein Ersatz für Erdöl, da sie mit Lebensmitteln in Konkurrenz stünden. Schon jetzt seien die Biokraftstoffe dafür verantwortlich, dass die Lebensmittelpreise ihren größten Preissprung in 30 Jahren erleben würden. Diese Entwicklung sei "nicht aufrechtzuerhalten". Gleichzeitig warnte El-Badri davor, dass der von den USA und Europa forcierte Biotreibstoff-Ausbau "nach hinten losgehen" könnte, weil er dazu führe, dass es keine Zuwächse bei Erdölproduktion mehr geben werde und gleichzeitig nicht genug Ethanol vorhanden sein werde. Der Ölpreise könne dadurch womöglich "durch die Decke" schießen, warnte El-Badri.

IEA beruhigt
Die Befürchtungen der OPEC über die ölpreissteigernde Wirkung der Produktion von Biokraftstoffen sei verfrüht, erklärte darauf der Generalsekretär der Internationalen Energiebehörde IEA, Claude Mandil. Eine Verringerung der Investitionen in neue Ölanlagen infolge einer vermehrten Produktion von Biokraftstoffen sei nicht angebracht, sagte er der Nachrichtenagentur Thomson Financial News.

Die Befürchtungen der OPEC entbehrten jeder Grundlage, kommentierte Mandil die Äußerungen El Badris. Selbst wenn alle in der Planung befindlichen Biokraftstoff-Projekte umgesetzt würden, sei immer noch ein Anstieg der Ölproduktion notwendig. Dies gelte speziell für die Produktion der OPEC. Eine Kürzung der Investitionen in Ölförderanlagen sei daher überzogen, so Mandil.

Die OPEC-Mahnung fiel mit dem Beginn des G-8-Gipfels zusammen, auf dem die Klimastrategie ein wichtiges Thema war.
Die unverhohlene Drohung richtete sich besonders an die Vereinigten Staaten. US-Präsident George W. Bush will den Benzinkonsum des größten Verbraucherlandes der Welt in den kommenden zehn Jahren um 20 Prozent senken und baut dabei auf Biokraftstoffe wie Ethanol. Die EU will den Anteil von Biotreibstoffen bis 2020 auf zehn Prozent steigern.