Atomstrom in Ökostrom umwandeln

Wenn in Deutschland Dampf gemacht wird, fließt in Österreich das Wasser bergauf

Was ist die frischeste Ware der Welt ?
Strom - denn anders als Äpfel, Aktenordner oder Schuhe kann man ihn nicht aufbewahren: Man muß ihn in dem Moment herstellen, in dem er verlangt wird.
Was also tun, wenn in Deutschland an manchen Tagen, mittags am zwei Uhr fast doppelt soviel Strom benötigt wird wie nachts um die gleiche Zeit ?
Man könnte natürlich Kraftwerke bauen, die nur zu Spitzenlastzeiten eingesetzt werden, also wenige Stunden am Tag. Doch die Kosten laufen weiter, auch wenn die Kraftwerke stillstehen. Und das ist teuer.

Eine sinnvolle weil sparsame Alternative: Man leiht sich Strom beim Nachbarn Österreich. So bezieht Deutschland bei Spitzenbedarf beispielsweise Strom aus österreichischen Pumpspeicher – Wasserkraftwerken. Später dann, wenn nachts abgeschalten wird, gibt Deutschland den Strom wieder zurück.
Mit dem Nachtstrom aus Deutschland pumpen die Österreicher das Wasser wieder zurück in ihre Stauseen hoch in den Alpen und legen so neue Stromreserven an.
Grenzüberschreitender Stromaustausch: Das klingt einfach, setzt aber viel technisches Know-how voraus.

Doch die Sache lohnt sich. Weil mit einem Minimum an Kraftreserven die optimale Versorgung sichern, ohne um jeden Preis Kraftwerke zu bauen. Was allen zugute kommt.

Dabei kann natürlich schon die eine oder andere Kilowattstunde Atomstrom hineinrutschen.
Die Verwendung von Atomstrom in den lastschwachen Zeiten drängt sich geradezu auf, sie ist geradezu ein Betriebserfordernis eines Atomkraftwerkes.
Besonders gefährlich bei den AKWs ist das Anfahren des Reaktors und die Drosselungsphase beim Abschalten. Atomkraftwerke müssen daher tagaus tagein gleichmäßig laufen und liefern damit rund um die Uhr eine gleichbleibende Menge Energie.
Das ist in der Nacht natürlich in ganz Europa viel zu viel. Und speicherbar ist Strom nach wie vor nicht. Außer man legt - auf dem Umweg, daß man damit einen Gebirgsbach bergauf fließen macht - in einem Hochtal einen Riesenspeicher für diesen Atomstrom an. Damit kann überschüssiger Strom aus dem Markt genommen, auf Lager gelegt und als umweltfreundlich erzeugter Strom aus Wasserkraft teuer verkauft werden.

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    Gibt es überhaupt Atomstrom in Österreich?

    1978 haben die Östereicherinnen und Österreicher „Nein" zum AKW Zwentendorf gesagt. Österreich produziert keinen Atomstrom. Trotzdem fließt Atomstrom im österreichischen Stromnetz, Stromfirmen handeln mit Atomstrom und machen so fette Gewinne. Österreichs StromkundInnen finanzieren Atomkraftwerke außerhalb Österreichs ohne ihr Wissen und ungewollt mit.
    Die zehn großen Stromfirmen handeln mit rund 20 Prozent Atomstrom. Diese 20% finden sich aber auf keiner Stromrechung wieder. Wieso verschwindet dieser Atomstrom beinahe spurlos?

    Das Problem liegt bei der Stromkennzeichnung.
    Der österreichischen Regulierungsbehörde wird vorgeworfen einer Möglichkeit Vorschub zu leisten um "Atomstrom sauber zu waschen". Es wird den Energieversorgern gestattet, nur jene Strommenge kennzeichnen zu müssen, die an österreichische Endkunden geliefert wurde.

    Im Jahr 2005 wurden in Österreich 66.358 Gigawattstunden (GWh) Strom erzeugt sowie 65.747 GWh (plus 3.275 GWh für Pumpstrom für Speicherkraftwerke) verbraucht. Produktion und Verbrauch hielten sich also annähernd die Waage.
    Die "Gesamtaufbringung" der österreichischen Stromversorger lag aber bei 134.984 GWh.
    "Wo kommt dieser Strom her, und vor allem: Wie wird er erzeugt?"

    In Österreich bis zu 20 Prozent Nuklearenergie
    "Der in Österreich importierte Strom stammt zum Großteil aus Deutschland und Tschechien – beides Länder mit hohen Anteilen an Nuklearenergie und fossilen Energieträgern", erklärt Silva Herrmann von Global 2000. Der Atomstromanteil lag 2005 in Deutschland etwa bei 31,1 Prozent, in Tschechien bei 30,5 Prozent.
    Bei Global 2000 und Greenpeace spricht man deshalb von bis zu 20 Prozent Atomstrom in Österreich.

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    Zertifikate-Handel unter heftiger Kritik
    Die E-Control erlaubt den Energieversorgern, den Herkunftsnachweis für Strom ausschließlich über Zertifikate zu erbringen. "In der Praxis kann das so ausschauen, dass ein Stromversorger bei der tschechischen CEZ eine bestimmte Menge Atomstrom aus Temelin einkauft und bei einem schwedischen Stromproduzenten für genau dieselbe Menge billige Wasserkraftzertifikate erwirbt - ohne aber tatsächlich Strom von diesem Hersteller beziehen zu müssen. Den Kunden kann er dann ganz legal weismachen, sie mit sauberem Strom zu beliefern".

    Die großen Stromfirmen kaufen in ganz Europa Kohle- und Atomstrom in Bausch und Bogen ein. Auf den Stromkennzeichnungen weisen sie aber lediglich Wasserkraft aus, da gleichzeitig aus ganz Europa ungenützte Wasserkraftzertifikate zugekauft werden.

    „Saubere Produkte" werden großgeschrieben:
    Fast alle österreichischen Stromversorger nutzen die Möglichkeit, spezielle Produkte für Haushaltskunden zu kreieren. So kann beispielsweise der schmutzige Strom mit einem hohen Atomstromanteil und hohen CO2-Emissionen aus Kohle- und Gaskraftwerken fast vollständig an die Industrie- und Großkunden rechnerisch zugeteilt werden.
    Der für die Haushaltskunden verbleibende „saubere" Rest enthält dann weniger CO2, einen hohen Wasserkraft- und einen hohen Ökostromanteil - und wird natürlich teurer verkauft.
    Die Gegenstrategie: Man muss dafür sorgen daß das Geld zu dem Stromlieferanten kommt, der ausschliesslich Ökostrom liefert: Also Wechsel des Stromlieferanten.

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    Was Deutschland will - genauer gesagt was der Markt verlangt - machen wir Österreicher

    Ein Projekt, das von den Tiroler Wasserkraftwerken (TIWAG) seit Jahren beharrlich verfolgt wird, ist die Ötztaler Kraftwerkskette. Damit soll die derzeitige Kraftwerksleistung von 1654 GWh durch Pumpbetrieb auf ca. 2300 GWh erhöht werden.

    Die Kombination aus unerschöpflichen Gletscherabflüssen und riesigen Fallhöhen schreit nach einem sehr komplexen (zumindest) vierstufigen Ausbau.

    Der in den Schubladen der TIWAG zuoberst liegende Plan sieht einen Speicher mit 120 Millionen m³ Nutzinhalt im Rofental und einen ebenso großen im Sulztal, jeweils mit einem Zwischenspeicher, vor.
    Die Speicher im Rofental und im Sulztal sind beide jeweils doppelt so groß konzipiert wie der große Speicher im Finstertal/Kühtai.
    Während jener hinter Rofen zumindest durch die Beileitung der Ache aus dem Niedertal und der Gurgler Ache theoretisch zu füllen sein dürfte, kämen im Sulztal die 120 Millionen m³ Nutzinhalt aus den drei eingefangenen Bächlein Fischbach, Winnebach und Sulzkarbach bestenfalls in drei Jahren zusammen.

    Nun ist es aber so: Um eine Kilowattstunde Strom durch das Herunterlassen des Wassers vom Sulztal ins Ötztal zu gewinnen, muß vorher eineindrittel Kilowattstunden aufgewendet werden, um dieses Wasser hinaufzupumpen. Das heißt, ein Viertel des für die Erzeugung von Strom eingesetzten Stroms wird dabei glattweg vernichtet.
    Ein Kraftwerk im Rückwärtsgang eine Strom - Energievernichtungsmaschine, dabei sind die Leitungsverluste über die großen Distanzen noch gar nicht eingerechnet, aber die Sache mit dem Atomstrom - Transport dürfte sich dennoch rechnen.