Hitzewelle: Strompreis-Explosion
Quelle: Hanna Kordik (Die Presse) 21.07.2006

Europas Kraftwerke laufen auf Sparflamme - doch die Nachfrage nach Strom steigt stetig.

Die Teuerungswelle bei Öl und Gas reißt nicht ab - und jetzt gibt es eine neuerliche Hiobs-Botschaft für die Energie-Konsumenten: "Bei den Strompreisen ist weiteres Potenzial für Verteuerungen gegeben", verlautete gestern aus der Verbundgesellschaft, Österreichs größtem Stromproduzenten. Begründet wird das mit der in den vergangenen Wochen dramatischen Entwicklung an der Leipziger Strombörse. Dort sind die Preise seit Mitte Juni sprunghaft angestiegen. Ein Ende der massiven Verteuerung ist - so der Verbund - nicht abzusehen.

Hochspannungsmast

Am Spotmarkt (zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs) wurde eine Megawattstunde Grundlaststrom gestern bereits um 104,81 Euro gehandelt. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es noch rund 44 Euro. Auf dem Terminmarkt für Stromlieferungen im Jahr 2007 kostete die Megawattstunde Strom bereits 57 Euro - vor einem Jahr waren es rund 41 Euro.

Der Grund für die eklatante Verteuerung: die Hitzewelle in ganz Europa, die zu einer Verknappung des Stromangebotes führt. Aufgrund der geringen Wasserführung kommt es zu Erzeugungsrückgängen bei den Laufkraftwerken. Und thermische Kraftwerke sowie Atomreaktoren fallen teilweise aus, weil es an Wasser zur Kühlung der Kraftwerke mangelt - oder die Wasser-Temperatur der Flüsse zu hoch ist. In Deutschland, dessen Stromproduktion für Österreich von größter Bedeutung ist, wurde gerade das Atomkraftwerk Unterweser auf ein Drittel der Leistung heruntergefahren. Weiters musste ein großes Steinkohle-Kraftwerk wegen drohender Überhitzung die Stromproduktion stark einschränken. Auch im zweiten großen Strommarkt Europas - Frankreich - wurden bereits Probleme mit dem Kühlwasser gemeldet.

Das Angebot an elektrischer Energie ist also denkbar knapp. Doch die Nachfrage lässt sich davon nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Seit Jahren steigt der Stromverbrauch kontinuierlich. Nach Auskunft der Strom-Regulierungsbehörde E-Control wurden in Österreich vor zehn Jahren 53.906 Gigawattstunden Strom verbraucht. Im vergangenen Jahr waren es bereits 65.200 Gigawattstunden.

Und die ersten Monate des laufenden Jahres brachten bereits einen Verbrauchszuwachs von 3,3 Prozent - obwohl in diesen Daten die heiße Jahreszeit noch gar nicht berücksichtigt ist.

Die Sommermonate wirken sich von Jahr zu Jahr stärker auf die Verbrauchsdaten aus. "Früher", so ein Verbund-Manager, "hat es nur im Winter einen Nachfrage- und Preisschub gegeben. Mittlerweile steht der Sommer dem um nichts nach." Der verstärkte Einsatz von Klimaanlagen mache sich eben bemerkbar.

Sollte die Hitzewelle anhalten, sei mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen, heißt es im Verbund. Wiewohl auch die aktuelle Nahost-Krise und der dadurch steigende Ölpreis einen wesentlichen - psychologischen - Beitrag leiste.