Erde

Düsteres Zukunftsbild
20.10.2006

Der Anteil von CO2 ist auf dem höchsten Stand seit 420.000 Jahren.

Die Erderwärmung durch Treibhausgase nimmt weiter zu. Ohne Gegenmaßnahmen würden lange Dürreperioden abgelöst von kurzen aber starken Niederschlägen künftig vermehrt zu Überschwemmungen führen, warnten Wissenschafter am Freitagabend in Genf zum Abschluss eines fünftägigen Klimaforums. Produktions- und Verbrauchergewohnheiten änderten sich aber nur langsam, obwohl umweltfreundlichere Technologien vorhanden seien.

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton hat den Klimawandel als die größte Bedrohung der menschlichen Zivilisation bezeichnet und zum Handeln aufgerufen. "Die Menschen meinen, der Klimawandel sei noch weiter entfernt, aber dies ist das einzige, das die Zivilisation beenden könnte und alles andere unwichtig macht", sagte Clinton am Samstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Es müsse eine globale Anstrengung unternommen werden, um eine Zukunft mit sauberer Energie zu ermöglichen.

Nach den Worten der Klimaexperten in Genf wird sich die Zahl der Autos in den kommenden zwei Jahrzehnten von heute weltweit 600 Millionen verdoppeln. Erreicht China die gleiche Autodichte wie Deutschland, kommen nochmals 600 Millionen dazu, wenn Indien im gleichen Umfang nachzieht, wird sich die Zahl bis 2050 verdreifachen.

Die stetige Erderwärmung seit 1950 lässt sich nach Ansicht der Wissenschafter nur durch die Emissionen von fossilen Brennstoffen erklären, vor allem durch den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Der Anteil von CO2 habe um 33 Prozent zugenommen und sei auf dem höchsten Stand seit 420.000 Jahren, sagte Michel Jarraud, Generaldirektor der Weltorganisation für Meteorologie (WMO).

Im 20. Jahrhundert sei die Temperatur durchschnittlich um 0,6 Grad Celsius gestiegen. Bis Ende dieses Jahrhunderts werde sie voraussichtlich zwischen 1,4 und 5,8 Grad zunehmen. Länder wie Spanien und Haiti würden bis 2050 unter großer Wasserknappheit leiden, warnte Jarraud. Nach Angaben der Experten könnten allein mit Sonnenenergie und Windenergie je 35 Prozent und geothermisch nochmals 20 Prozent am weltweiten Energiebedarf generiert werden. Zuzüglich von 35 Prozent Wasserenergie würde dieser sogar um 25 Prozent übertroffen.
(APA)
(diepresse.com) 28.01.2006

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Klimaforscherin zur Klimastrategie: Expertin zieht vernichtende Bilanz

Österreichs oberste Klima-Expertin und "Wissenschaftlerin des Jahres 2005", die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb zieht eine vernichtende Bilanz zur Klimastrategie der Bundesregierung.

"Der Ankauf von Emissions-Zertifikaten ist entzetzlich und die schlechtest mögliche Variante", mahnte die Klimatologin. Sie erinnerte an den ehemaligen Umweltminister Wilhelm Molterer, der 2002 vom Zertifikats-Ankauf von höchstens einer Million Tonne CO2 gesprochen hatte.
Die Klimastrategie sieht derzeit den Ankauf von neun Millionen Tonnen vor. "Und das wird noch viel zu wenig sein", befürchtet Kromp-Kolb.

Die Klimaziele für 2012 (minus 13 Prozent CO2-Ausstoß gegenüber den österreichischen Emissionen von 1990) seien erst die "Aufwärmrunde" im Klimaschutz, bis 2020 müssen 20 Prozent reduziert werden, bis 2050 sogar minus 60 bis 80 Prozent.

Jetzt haben wir die schlechtere Ausgangslage für die dann folgenden Klimaziele. "Statt wie derzeit in Österreich geplant, vier neue Gaskraftwerke zu bauen, sollten die bestehenden Kraftwerke effizienter gemacht und das Hauptaugenmerk auf die Verbrauchssenkung gelenkt werden. Dafür stimme in einigen Punkten der Klimastrategie die Marschrichtung, etwa beim Ausbau der Wärmedämmung, der erneuerbaren Energien und des öffentlichen Verkehrs.

"In Klimafragen müssen alle zusammenarbeiten, es kann nicht sein, dass egel welche Klimaschutz-Maßnahmen Minister Pröll vorschlägt, alle über ihn herfallen", mahnt Kromp-Kolb abschließend.

Klimawandel nicht mehr zu verhindern

Überflutete Städte, knappe Trinkwasserreserven - Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb skizziert ein düsteres Zukunftsbild

Ein Horrorszenario der Auswirkungen des Klimawandels zeichnete die Wiener Klimaforscherin und Wissenschafterin des Jahres, Helga Kromp-Kolb, bei den Österreichischen Sicherheitstagen.

Als Folge des Abschmelzens der Polkappen werde der Meeresspiegel ansteigen - um bis zu vier Meter. Doch schon bei einem Anstieg um lediglich einen Meter würden im Nildelta beispielsweise Städte wie Alexandria und Port Said aufhören zu existieren. Die Folge: Die Migration werde noch wesentlich zunehmen, wenn die Menschen in betroffenen Gebieten ihre Siedlungen aufgeben müssen, sagte die Forscherin. Es werde zu einer neuen "Völkerwanderung" kommen.

Zudem werde der Klimawandel dafür sorgen, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgehe. Der Kampf um Ressourcen wie beispielsweise Wasser werde härter, es werde zu bewaffneten Konflikten kommen. Von Trockenheit werde auch Europa betroffen sein, in manchen Gegenden des Südens herrsche jetzt bereits akuter Wassermangel.

Wasser im Alpenraum
Doch auch Österreich sei keine Insel der Seligen: Neben einer Zunahme von Extremereignissen werde auch im Alpenraum das Wasser knapper werden, prognostizierte die Klimaforscherin. Ursache sei das Abschmelzen der Gletscher, deren dramatischer Rückgang bereits jetzt zu beobachten sei. Ein völliges Verschwinden des ewigen Eises sei durchaus wahrscheinlich.

Bis zum Jahr 2100 sagte Kromp-Kolb für Österreich einen Temperaturanstieg um vier Grad und mehr voraus. Zudem sei in allen Höhenlagen eine Zunahme der Hitzetage - solche mit mehr als 30 Grad Celsius - auf das Doppelte bis Dreifache zu erwarten. Für die Menschen und die Landwirtschaft bedeute das heißere und trockenere Sommer sowie Winter mit regional sogar mehr Niederschlägen als derzeit - allerdings in Form von Regen. All das werde auch für den Tourismus massive Auswirkungen haben.

Als wäre das noch nicht genug, hatte Kromp-Kolb eine weitere Hiobsbotschaft parat: "Der Klimawandel ist nicht mehr zu verhindern, wir sind mitten drin." Allenfalls ließen sich die Auswirkungen mindern. Allein: "Die Reaktion der Menschheit steht in keinem Verhältnis zur Bedrohung", konstatierte Kromp-Kolb. Man verweigere sich dem Problem und betreibe durch Wortschöpfungen wie "Wetterkapriolen" Euphemismus, indem man Extremereignisse - deren häufigeres Auftreten statistisch eindeutig mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen ist - als etwas Zufälliges darstelle. Diese Tendenz zur Verweigerung müsse erkannt werden. "Information allein bewirkt keine Veränderung", sagte Kromp-Kolb. Es gehe vielmehr darum, emotionale Reaktion zu fördern und eine "Kultur des sichtbaren und direkten Engagements zu entwickeln".
(APA, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2006)