Inder entdecken riesiges Uranvorkommen
Quelle: Spiegel online vom 20.07.2011

Sensationsfund in Indien: Forscher haben ein gigantisches Uranvorkommen entdeckt, es könnte das größte der Welt sein. Trotzdem reicht die Menge wohl nicht aus, um alle Atomkraftwerke des Landes zu versorgen - der Energiehunger der boomenden Wirtschaft ist einfach zu groß.

Hamburg - Japan kämpft noch immer mit den Folgen der Katastrophe von Fukushima, Deutschland steigt gleich ganz aus der Kernkraft aus - doch Indien ist weiter klar auf Atomkurs. Da kommt die Entdeckung eines riesigen Uranvorkommens gerade recht: Forscher haben es in Tummalapalle im Bundesstaat Andhra Pradesh aufgespürt.

Srikumar Banerjee, der Chef der indischen Atomenergie-Behörde, spricht von 49.000 Tonnen, welche die Mine sicher liefern soll. Ursprünglich waren Wissenschaftler nur von 15.000 Tonnen ausgegangen. Neue Untersuchungen deuten sogar darauf hin, dass im Boden bis zu 150.000 Tonnen lagern könnten. "Dann wäre es die größte Uranmine der Welt", wird Banerjee in der "Times of India" zitiert.

Indien zählt zu den sechs größten Atomkraft-Nationen der Welt, es verfügt über 20 Kernreaktoren. Sieben weitere befinden sich im Bau . Dazu zählt das leistungsstärkste Atomkraftwerk der Welt - es entsteht ausgerechnet in einer von Erdbeben bedrohten Region, rund 300 Kilometer südlich von Mumbai. Bis zum Jahr 2020 will Indien seine Atomstrom-Kapazitäten auf 20.000 Megawatt vervierfachen, zurzeit sind es noch unter 5000 Megawatt.

Die neue Uranmine ist aus Sicht der Regierung ein Segen - macht sie das Land doch von Uranimporten unabhängiger. Das Vorkommen erstreckt sich über eine Länge von 35 Kilometern. Wissenschaftler der Atomenergie-Behörde hegen gar die optimistische Vermutung, dass sich die Mine über eine gesamte geologische Formation von 160 Kilometern Länge zieht. Allerdings liegt der Urangehalt des Erzes wohl eher im mittleren bis niedrigen Bereich. Das Erz soll sich in einer Tiefe von etwa 400 Metern befinden.

Gigantischer Energiehunger

Insgesamt verfügt Indien eigenen Angaben zufolge über Uranreserven von 170.000 Tonnen - das Vorkommen von Tummalapalle nicht miteingerechnet. Den Energiehunger der aufstrebenden Wirtschaftsnation können die eigenen Reserven aber trotzdem nicht stillen. Wenn die indische Wirtschaft jährlich um neun Prozent wächst, müsse die Stromproduktion pro Jahr zehn Prozent zulegen, rechnete Banerjee in der Tageszeitung "The Hindu" vor. Selbst nach dem Sensationsfund müsse man immer noch Uran importieren, sagte der Behördenchef. Bisher führe Indien unter anderem Uran aus Frankreich und Kasachstan ein, doch es gebe keine langfristigen Lieferverträge, berichtet die "Times of India".

In Tummalapalle will die Uranium Corporation of India, ein staatliches Unternehmen, noch in diesem oder spätestens im nächsten Jahr eine Mühle in Betrieb nehmen, in der aus Uranerz sogenannter Yellowcake hergestellt wird. Der größte Teil des Erzes bleibt dabei als Abfall zurück. Der Yellowcake kann dann an anderer Stelle zu Brennelementen weiterverarbeitet werden.

Völlig ungeteilt dürfte die Freude über die nach oben korrigierten Zahlen zum Uranvorkommen allerdings nicht sein. Das Human Rights Forum beklagte bereits im Juni, dass die Minenarbeiten das Grundwasser in der Region belasten. Die Vorräte würden schwinden, so dass es als Trinkwasser oder zum Bewässern der Felder fehle. Zudem fürchtet die Organisation, dass das Wasser in der Region durch den Uranabbau verschmutzt wird.

Wie verheerend der Uranabbau für eine Region sein kann, zeigt sich im Niger. Das afrikanische Land liefert einen großen Teil des Urans für Europas Kernkraftwerke - ohne damit reich zu werden. Stattdessen kämpfen die Bewohner der Minenstädte mit der radioaktiven Kontamination.