Strassenlaterne

Die Straßenlaterne wird zur Stromtankstelle

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Einführung von Elektroautos ist die Infrastruktur zum Laden der Batterien. Unternehmen arbeiten an Konzepten dafür: Mal geht es um die Ladestation in der Straßenlaterne, mal um Solartankstellen oder um intelligente Stromnetze.

Bis zum Jahr 2020 will die Bundesregierung mindestens eine Million Elektroautos in Deutschland auf die Straße bringen. Neben den Vorteilen, die das mit sich bringt – denn diese Vehikel stoßen vor Ort keine Schadstoffe aus und verursachen so gut wie keinen Lärm –, gibt es allerdings auch einige Schwierigkeiten im alltäglichen Gebrauch der neuen Technik: So könnte es in den Städten zu einem großen Kabel-Wirrwarr auf den Bürgersteigen und in der Luft über den Gehwegen kommen, wenn tatsächlich jeder Fahrer sein Elektroauto mit einem Kabel an der Steckdose auf dem Balkon oder im Wohnzimmer aufladen würde. Völlig unrealistisch ist die Befürchtung nicht: Schließlich hat nicht jeder Städter eine Garage, in der sein Elektroauto Strom tanken könnte.

Um solche chaotischen Zustände im Alltag zu verhindern, hat jetzt das mittelständische Unternehmen Langmatz eine Lösung entwickelt. Bisher produzierte die Firma aus dem bayrischen Garmisch-Partenkirchen, die mehrheitlich dem Management gehört, vor allem die aus dem Straßenbild jedermann bekannten grauen Stromverteilerkästen. Vor einigen Monaten ist nun ein neues Produkt hinzugekommen: eine Ladestation, die so klein und kompakt ist, dass sie ohne Probleme in Straßenlaternen integriert werden kann: Damit rückt die Steckdose zumindest deutlich näher an die Autos heran.

„Von dieser Ladestation haben wir bisher etwas mehr als hundert Stück verkauft“, sagt Andreas Hunscher. Der 44 Jahre alte promovierte Elektrotechniker ist Geschäftsführer und Technikchef bei Langmatz. Wichtigster Kunde für die kleinen Stromtankstellen sei bisher der Energiekonzern EnBW. Pro Stück kosten die Ladestationen je nach Ausstattung zwischen 1200 und 1500 Euro. EnBW bietet jetzt jeder der 800 Kommunen, die der Konzern mit Elektrizität beliefert, kostenlos eine Ladestation von Langmatz und dazu passend ein Elektro-Moped zum Testen an. Es gibt nur einen Wermutstropfen: Selbst bei den kleinen und kompakten Ladestationen in der Straßenlaterne braucht es Kabel und einen Stecker, den der Autofahrer einstöpseln muss.

Die kabellose Induktion

Damit die ganze Sache noch komfortabler wird, denkt man deshalb bei Langmatz bereits über kabellose Induktion nach: „Im Extremfall könnte die Ladung der Batterie sogar vom Boden aus über einige Zentimeter durch die Luft zum Auto stattfinden“, sagt Hunscher, der früher für den großen amerikanischen Autozulieferer Delphi arbeitete. Es werde aber noch einige Jahre dauern, bis die Induktion für Elektroautos technisch wirklich reif für die Massenproduktion sei.

An der Infrastruktur für Elektroautos wird derweil nicht nur in Garmisch-Partenkirchen, sondern auch weiter nördlich intensiv gearbeitet: In dem hessischen Städtchen Weilburg etwa können Elektroauto-Fahrer künftig Strom aus Sonnenkraft tanken – und zwar kostenlos. Von diesem Samstag an steht beim Solaranlagenhersteller KWB die vierte von zunächst zehn Strom-Tankstellen zur Verfügung, die die Mitglieder des Vereins Umweltforum Rhein-Main zur Förderung der Elektromobilität im Rhein-Main-Gebiet anbieten wollen. Die Solar-Tankstelle, an der der von KWB selbst hergestellte Strom gezapft wird, ist werktags von 8 bis 16 Uhr geöffnet.

Das Projekt in dem Taunus-Städtchen ist eines von vielen, bei denen der vor Ort aus erneuerbaren Energien produzierte Strom kurze Wege zurücklegt. Auch der Energiekonzern Eon erforscht die Wirkung von Elektroautos und von dezentral hergestelltem Strom aus Sonne und Wind auf die Stromnetze. Dazu hat das Düsseldorfer Unternehmen 60 Elektroautos des französischen Herstellers Peugeot gepachtet und stellt sie ausgewählten Nutzern in einem Pilotprojekt zur Verfügung.

Aufgeladen wird, wenn der Wind bläst

In dem Pilotprojekt in den niedersächsischen Dörfern Stuhr und Weyhe bei Bremen wird neue Technik getestet. Dort erzeugen Solaranlagen Strom, der in den Haushalten verbraucht oder in den Batterien der Elektroautos gespeichert wird. Dabei kommen intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter, zum Einsatz, die das Laden und Entladen je nach aktuellem Strombedarf und -preis steuern. Die Batterien von Elektroautos könnten so dazu beitragen, die Schwankungen in der Produktion von Ökostrom aus Sonne und Wind auszugleichen.

Eon stattet auch die Stromnetze in den beiden Gemeinden mit neuer Steuerungstechnik aus und macht sie so zu intelligenten Ortsnetzen. So gleichen beispielsweise selbstregelnde Trafostationen Spannungsschwankungen, die durch die Einspeisung der Sonnenenergie entstehen, automatisch aus. Diese Technik kommt hier zum ersten Mal im Niederspannungsnetz zum Einsatz.

Auch der Münchener Siemens-Konzern macht 100 Mitarbeiter zu Testfahrern für Elektroautos. In einem Feldversuch sollen sie die Fahrzeuge in den kommenden Monaten im Alltagseinsatz erproben. Die ersten 20 Fahrzeuge sollen Ende November übergeben werden, je zehn davon in Erlangen und in München.

Eines ist nach Auswertung der ersten Pilotprojekte in Deutschland – etwa mit dem Modell Mini des Herstellers BMW oder dem Audi Etron in München – schon klar: Es braucht nicht unbedingt eine große Zahl von Ladesäulen im öffentlichen Raum: Die meisten Nutzer von Elektroautos haben bei den Tests zu Hause geladen – meist nachts, während sie schliefen – oder am Arbeitsplatz.

Elektroautos sind jedenfalls einer Umfrage zufolge für die Mehrheit der Menschen in Deutschland eine interessante Alternative. Gut die Hälfte der Befragten gaben an, dass der Kauf eines Elektroautos für sie in den nächsten fünf Jahren infrage komme. Als größte Vorteile nannten sie den Umweltschutz, die Unabhängigkeit von der Ressource Öl und geringere Betriebskosten, hieß es in der Umfrage, die der TÜV Rheinland auf der Elektromobilitäts-Messe Ecartec in München vorstellte.