Hohe Zölle auf Biosprit

Eine stärkere Handelsliberalisierung würde die Energiepreise senken, sagt eine OECD-Studie
VON MARTIN KUGLER (Die Presse) 29.04.2006

In den nächsten 15 bis 20 Jahren könnte Biosprit 25 Prozent des weltweiten Energiebedarfs decken." So optimistisch wie der Vizechef der Welternährungsorganisation (FAO), Alexander Müller, sind zwar nicht alle, die erneuerbare Energieträger forcieren. Doch die Zuwachsraten und die Milliardeninvestitionen in diesen Sektor lassen selbst solche Prognosen als möglich erscheinen.

Bis Biosprit eine derart dominante Rolle bekommen könnten, sind aber noch viele Hürden zu überwinden. Die OECD hat nun in einer Studie am Beispiel von Biodiesel ein wesentliches Hindernis ausgemacht: Zollschranken. Denn völlig klar ist, dass so große Mengen Biosprit sicher nicht in den großen Verbraucherländern hergestellt werden können - auch wenn derzeit 85 Prozent der weltweiten Biodiesel-Produktion in Europa stattfindet. Die EU könnte nur 13 Prozent der Treibstoffe aus der eigenen Landwirtschaft bereitstellen. Also sind Energie-Importe weiterhin nötig - wenn auch aus anderen Ländern als bisher.

Dem stehen zum einen teils immense Zölle auf Biosprit entgegen: Diese liegen laut OECD in vielen Ländern in der Höhe von über zehn Prozent. Spitzenreiter ist Indien mit 30 Prozent. Würden die Zölle gesenkt, würde Biosprit mit einem Schlag billiger und konkurrenzfähiger, die Marktdurchdringung würde rascher vonstatten gehen. Zum anderen gibt es auch hohe Zölle - 15 Prozent und mehr - auf technische Einrichtungen zur Verarbeitung der Öle. Dadurch ist für viele Entwicklungsländer der Aufbau eigener Biosprit-Produktion schwieriger. Die Verarbeitung würde aber Kostenvorteile bringen. Zudem kämpfen die Exporteure der Technologie - die unter anderem in Österreich sitzen - mit hohen Hindernissen.

Fallen die Handelsschranken, dann ist freilich einer totale Umstellung der Handelsströme zu erwarten. Und zwar nicht nur deshalb, weil Biosprit aus tropischen Gefilden billiger ist - der Transport kostet nur einige Prozent des Wertes -, sondern vor allem wegen der Biologie. Biodiesel kann ja aus allen fetthaltigen Rohstoffe hergestellt werden: aus Pflanzen wie Raps, dem tropischen Busch Jatropha ("Purgiernuss") oder Palmöl, aus Altspeiseöl und tierischen Fetten wie Fischöl. Ja, vorgeschlagen wurde sogar die Verwendung von menschlichem Fett: Allein in den USA fallen bei Fettabsaugungen jährlich 100 Tonnen fettiges Material an.

Die europäischen Ölpflanzen Sonnenblume, Soja und Raps schneiden jedenfalls im Vergleich sehr schlecht ab: Ein Hektar Raps liefert 1190 Liter Öl. Dieselbe Fläche Jatropha - die extrem wenig Wasser benötigt - hingegen 1892 Liter. Und Ölpalmen 5950 Liter.