"Energie muss teurer werden"
Die Wissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb fordert ein Umdenken bei der Klimapolitik – sonst drohen hohe Kosten.
Einen Verlierer dieser Wahl hat Helga Kromp-Kolb bereits ausgemacht: Die Ökologie. Die Problematik sei dringlicher denn je, sagt die Klima-Expertin zum KURIER. Die Politik setze jedoch die "völlig falschen Signale". In Zeiten der Teuerung haben Klimaschutzziele offenbar keinen Stellenwert. Mehr noch, sagt die Wissenschaftlerin: "Vieles von dem, was an Lösungsvorschlägen diskutiert wird, um der Teuerung zu begegnen, ist kontraproduktiv."
So zum Beispiel die Erhöhung der Pendlerpauschale, die letztlich den Verbrauch fossiler Treibstoffe fördere. "Pendler sollten besser ein Gratis-Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel bekommen, damit der Umstieg attraktiv wird." Auch den SPÖ-Plan, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel generell zu senken, sei eine unberechtigte Herangehensweise: "Exotisches Obst billiger zu machen, etwa Kiwis aus Neuseeland, ist unsinnig." Besser wäre es, Grundnahrungsmittel zu verbilligen. "Damit fördert man auch die heimische Landwirtschaft."
Kostenwahrheit
Die ökologischen Fragen seien aber eng mit der Energiefrage verknüpft. "Energie muss teurer werden, damit erneuerbare Energie wie
Windkraft oder Solarstrom auch ohne Förderungen konkurrenzfähig sein kann. Derzeit kostet die Energie nicht den wahren Preis, weil
Umweltschäden und staatliche Förderungen nicht eingerechnet werden."
Energie in Zeiten der Teuerung verteuern? "Die Menschen würden verstehen, wenn Lösungen angeboten würden, die mehrere
Probleme gleichzeitig lösen.
" Ihr Vorschlag: Jeder bekommt eine gewisse Menge an billiger Energie. Alles, was über diesen
Basisbedarf hinaus verbraucht wird, müsse deutlich mehr kosten. "Warum kostet der Strom für die abendliche
Beleuchtung eines Zimmers, gleich viel wie der Strom zur Festbeleuchtung eines Hauses?"
Im Herbst werde die Energiebehörde IEA einen Bericht vorlegen, der eine echte Verknappung der Energie in den kommenden Jahren prognostiziert. "Deshalb darf die Politik nicht opportunistisch handeln, sondern muss Maßnahmen gegen diese bedrohliche Entwicklung setzen." Jetzt könne Österreich noch überlegte, ökologisch sinnvolle Maßnahmen setzen, später drohe die Gefahr von teuren, panischen Notmaßnahmen.
Artikel vom 31.08.2008 18:30 | KURIER | Bernhard Gaul