Es geht ans Eingemachte
Das deutsche EEG und das österreichische ELWOG
Quotenregelung benachteiligt unabhängige Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energien
von Dr.Hermann Scheer, MdDB
Was wie eine technische Fachdiskussion erscheint, ist in Wirklichkeit ein handfestes Kontrastprogramm: Der Gegensatz zwischen
garantierter Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien mit einer kostendeckenden Einspeisevergütung einerseits und anderseits
politisch vorgeschriebenen Einführungsquoten, zu deren Erfüllung eine wettbewerbliche Ausschreibung oder ein Handel mit
Erneuerbare-Energie-Zertifikaten praktiziert wird. Wo immer ersteres – allem voran in Deutschland – praktiziert wird, kommt es nach einer
Anlaufphase zur dynamischen Verwaltung erneuerbarer Energien. Wo die "Quoten" praktiziert werden, geht es nur im Schneckentempo voran.
Die etablierte Stromwirtschaft hat sich jahrelang gegen gezielte politische Förderung der erneuerbaren Energien gesträubt – es sei denn, es
ging um große Wasserkraftwerke. Da sie den totalen Widerstand nicht mehr aufrechterhalten kann, setzt sie nun europaweit auf die "Quote".
Darauf hat sie sich EU-weit im Rahmen ihrer Interessensorganisation EURELECTRIC eingestellt.
Hierbei handelt es sich um eine abgestimmte Strategie, um die Investitionskontrolle über erneuerbare Energien zu gewinnen, als über das
Ausmaß des Zubaus erneuerbarer Energien zu bestimmen und dezentrale, unabhängige Betreiber vom Anbietermarkt zu verdrängen oder
sie erst gar nicht zum Zuge kommen zu lassen. Mit anderen Worten: So wenig erneuerbare Energien wie nur möglich zuzulassen – also nur die
gesetzlich zwingend vorgeschriebene Menge.
Mit ihren gewachsenen Einflüssen auf politische Institutionen hoffen die Stromkonzerne, die gesetzlichen Quoten so niedrig halten zu
können, dass sie die erneuerbaren Energien in Nischen verfrachten können. Es ist jedenfalls kein Zufall, dass sich alle Gegner von erneuerbarer
Energie für die Quotenregelung aussprechen. Diese sollen die Strom die Stromwirtschaft vor unabhängigen Betreibern schützen. Das wichtigste
Exerzierfeld dieses Konflikts ist Deutschland. Seit dem Jahr 2000 sind im Rahmen des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes Kapazitäten
von 14.000 Megawatt installiert worden, im Jahredurchschnitt etwa 3.000 MW. Neunzig Prozent davon sind in der Hand unabhängiger
Betreiber. Wenn es der Stromwirtschaft nicht gelingt, das EEG zu kippen, werden bei gleich bleibender Einführungsrate alle zehn
Jahre 30.000 MW neu hinzukommen. Das aber bedeitet: Die Pläne der deutschen Stromkonzerne, 40.000 MW neue fossile
Großkraftwerke zu bauen, können dann nicht mehr realisiert werden, wenn das EEG erhalten bleibt. Damit wird die
Konfliktsituation deutlich, um die es tatsächlich geht.
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In Österreich ist alles anders
von Dipl.Ing.Helmut Waltner
Das Modell des deutschen Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) mit festen Einspeisevergütungen und einer Abnahmegarantie für Produzenten
von Strom aus allen regenerativen Quellen hat sich seit 2000 beim weltweit einzigartigen Aufbau einer sicheren und kosteneffizienten
Stromversorgung bewährt.
Zehn der 15 alten EU-Mitgliedstaaten haben das EEG-Modell übernommen, vor wenigen Wochen kündigte Irland seinen Wechsel vom Quoten- zum Vergütungssystem an. Auch in
den Beitrittsländern wird verstärkt auf das EEG-Modell gesetzt, zuletzt in der Tschechischen Republik.
Noch im Jänner 2006 soll das neue Ökostromgesetz beschlossen werden, das genau diese Quotenregelung vorsieht mit der
man in anderen Ländern allesamt Schiffbruch erlitten hat.
Durch die Festlegung von starren Quoten für die einzelnen Sparten erneuerbarer Energien, den lächerlichen
17 Mio Euro Fördergeldern jährlich (im Vorjahr waren es noch 100 Mio.Euro) haben die Energiewirtschaft und die Politik die
Erneuerbaren fest im Griff.
Es ist dies der unumstößliche Beweis, dass man in Österreich die erneuerbaren Energien nicht wünscht und den
Interessen der E-Wirtschaft und Industrie absolute Priorität einräumt.
"Volkswirtschaftliche" Argumente, die vielfach als Begründung herhalten müssen, können es nicht sein, liegt doch die Belastung
eines Durchschnittshaushaltes durch Ökoenergie bei 13 Euro jährlich.
Das eigentliche Ziel ist, die Investitionskontrolle über erneuerbare Energien zu behalten und über das Ausmaß des Zubaus erneuerbarer
Energien zu bestimmen und dezentrale, unabhängige Betreiber vom Anbietermarkt zu verdrängen oder sie erst gar nicht zum Zuge kommen zu lassen.
Damit kann die E-wirtschaft ihre veralteten zentralen Verwaltungsstrukturen aufrechterhalten und die Gewinne für die Zukunft absichern.
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Wenn die Industrie oder ihre Vorposten in den Verbandsgremien mit volkswirtschaftlichen Argumenten" kommen, herrscht Alarmstufe "rot".
von Dr.Hans Kronberger
Wenn die Volkswirte, oder besser gesagt, jene die sich dafür halten, antanzen und "volkswirtschaftlich" argumentieren, kann es eng werden für die Erneuerbaren.
Der Aufschlag für sauberen Strom sei "volkswirtschaftlich" nicht vertretbar, ließ erst unlängst ein Vertreter der Industriellenvereinigung
die Leserschaft eines Nachrichtenmagazins wissen.
Er ist damit kein Einzelfall im europaweiten Chor zukunftsverweigender Industriemanager. Man könnte ihnen jetzt kompliziert kommen und
zurückfragen, ob sich vielleicht die fossile und atomare Energieproduktion auf Grund der externen Folgekosten oder gar die sinnlose
Fusionsforschung, die selbst von ihren Befürwortern frühestens in fünfzig Jahren als erfofgversprechend eingeschätzt wird, " volkswirtschaftlich"
rechnen von den "volkswirtschaftlichen" Kosten der Quersubventionen für Öl, Kohle, Gas und Atomkraft gar nicht zu reden.
Machen wir es ganz einfach: Der Ölpreis hat sich in den letzten fünf Jahren verfünffacht, der Gaspreis, an den Ölpreis gekoppelt, ist
mitgeklettert und der Kohlepreis hat mehr als verdoppelt. Ein Ende dieses Anstiegs ist nicht abzusehen.
Und die Erneuerbaren, für deren Entwicklung man derzeit einen Marginalbetrag über den Strompreis beitragen muß?
Die Erzeugungspreise für Strom aus Erneuerbaren Energien haben eine umgekehrte Tendenz wie Öl, Kohle und Gas. Die Produktionskosten
reduzieren sich kontinuierlich. Und man muß nicht lange eine Schul- oder Universitätsbank gedrückt haben, um zu erkennen, dass auf
Dauer nur die erneuerbaren Energien, bei denen der Primärenergieeinsatz (Wasser, Wind und Sonne) kostenlos oder wie bei der Biomasse vor
Ort stabil kalkulierbar ist, in der Lage sein werden, die Volkswirtschaft mit kostengünstiger Energie zu versorgen.
Also: "Volkswirtschaftlich" gesehen ist der geringe Aufschlag, der derzeit für sauberen Strom bereitgestellt werden muß, die wohl beste
Investition für die Zunkunft, die man sich am Energiesektor derzeit vorstellen kann, denn nur erneuerbare Energien können auf
Dauer relativ niedrige Strompreise garantieren.