Mehr Mut zu Erneuerbaren Energien!
Quelle: EUROSOLAR-Aufruf, 01. Februar 2007

Eine schnelle Energiewende ist ebenso nötig wie möglich.

„Das Zeichen der Zeit: Wegen der nahenden Erschöpfung von Öl, Kohle, Erdgas und Uran und der Klimagefahren müssen alle unverzüglich auf Erneuerbare Energien setzen. Warum nicht jetzt, um dramatischen Umwelt- und Versorgungskrisen zuvor zu kommen. Die schnelle und umfassende Einführung Erneuerbarer Energien heute garantiert, dass wir morgen eine umweltfreundliche, sichere und kostengünstige Energie für alle haben.“

(Hermann Scheer, Träger des Alternativen Nobelpreises und Vorsitzender des Weltrates für Erneuerbare Energien
)

Die Zeitbomben atomarer und fossiler Energien ticken immer lauter. Die Klimagefahren spitzen sich dramatisch zu. Die nahende Erschöpfung verfügbarer Öl-, Gas-, Kohle- und Uranvorkommen verschärft internationale Konflikte um die Restvorkommen – mit der Folge laufend ansteigender Energiepreise, wirtschaftlicher Engpässe und sozialer Notlagen. Die fossilen Energien verursachen nicht nur Klimaschäden, sondern auch Gesundheitsschäden für Millionen von Menschen. Atomkraftwerke bleiben das größte anzunehmende und untragbare Unfallrisiko, auch durch atom-terroristische Anschläge. Durch stures Klammern an fossile und atomare Energien hinterlassen wir unseren Kindern und Kindeskindern Folgeschäden, die ihre Lebenschancen einschnüren.

Der rasche Wechsel zu Erneuerbaren Energien hat existenzielle Bedeutung. Jeder Aufschub ist unverantwortlich. Die besten Voraussetzungen für diesen Wechsel hat gegenwärtig Deutschland: Wir sind durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz seit dem Jahr 2000 zum weltweiten Vorreiter geworden – mit der international leistungsfähigsten Anlagenindustrie und mit 230.000 neuen Arbeitsplätzen. Der Anteil an der deutschen Stromversorgung ist in kurzer Zeit auf 15 % gestiegen.

Das alles wurde möglich trotz massiver Widerstände der Energiekonzerne und gegen die zukunftsblinde Haltung einiger Landesregierungen, wie vor allem die von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg, die maßstabslos und willkürlich Standortgenehmigungen für Windkraftanlagen verweigern, obwohl diese den größten Beitrag zu einem kurzfristig realisierbaren Ersatz von Atom- und Kohlestrom leisten können. Ohne diese Blockaden könnte der Anteil Erneuerbarer Energien in Deutschland schon jetzt bei über 20 % der Stromversorgung liegen. Die Koalition der Verweigerer will eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und den Neubau von Atom- und Kohlekraftwerken. Damit versuchen sie, den überfälligen Wechsel zu Erneuerbaren Energien zu verschleppen, um die angebliche Unverzichtbarkeit von Großkraftwerken behaupten zu können.

Zukunftsfähigkeit erfordert politischen Handlungsmut zu Erneuerbaren Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz. Der Energiewechsel kann schneller gehen als viele denken. Der Bau von Großkraftwerken dauert mehrere Jahre, dezentrale Erneuerbare-Energien-Anlagen sind dagegen in wenigen Tagen oder Wochen installierbar. Die Zahl an Landkreisen wächst, die in 20 Jahren eine vollständige Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien verwirklichen wollen. Schon haben einige Städte und Gemeinden dieses Ziel erreicht. Was dort möglich ist, ist überall möglich – und wenn es möglich ist, gibt es keine sachliche und moralische Rechtfertigung mehr, die Schritte zu emissionsfreien und dauerhaft verfügbaren Erneuerbaren Energien aufzuschieben.

Wir haben damit die einzigartige Chance

- innerhalb weniger Jahrzehnte unseren tatsächlichen Energiebedarf vollständig mit Erneuerbaren Energien zu decken;

- unsere Umwelt, das Klima und die Gesundheit der Menschen dauerhaft zu schützen;

- als weltweit führender industrieller Standort für die Produktion und Anwendung erneuerbarer Energietechniken viele hunderttausend weitere Arbeitsplätze zu schaffen und unsere wirtschaftliche Rolle als Exportnation zu festigen;

- die Abhängigkeit von Energieimporten zu beenden und damit dauerhafte Versorgungssicherheit zu schaffen;

- Großkraftwerke durch dezentrale Stormerzeugung in Landkreisen und Kommunen zu ersetzen, damit die Preistreiberei der Energiemonopolisten zu beenden und die regionale Wertschöpfung und den wirtschaftlichen Mittelstand zu fördern.

Die Technik dafür ist verfügbar und die gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Ersetzens atomarer und fossiler durch erneuerbare Energien sind offensichtlich. Diese Chance muss ergriffen werden. Voraussetzung ist ein Politikwechsel, der die Mauern gegenüber der Nutzung Erneuerbarer Energien abreißt, einschließlich der gleichzeitigen Produktion von Strom und Wärme durch das Prinzip der Kraft-Wärme- Kopplung. Die Kosten für Erneuerbare Energien sinken durch vermehrte industrielle Anlagenproduktion und laufende technische Leistungssteigerung, zudem fallen bei Strom aus Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme und bei der energetischen Verwertung organischer Abfälle keine Brennstoffkosten an. Im Gegensatz dazu werden die Kosten für atomare und fossile Energien wegen steigender Brennstoff- und Sicherheitskosten sowie Klima- und Umweltschäden immer weiter ansteigen.

Der Einwand, Erneuerbare Energien seien für eine gesicherte Stromversorgung ungeeignet, weil sich Sonne und Wind nicht speichern ließen und eine Grundlastversorgung nicht ermöglichen würden, ist nicht haltbar. Auch Solar- und Windstrom kann gespeichert werden, etwa in Form von Druckluft oder Wasserstoff. Wenn die Solar- und Windstromproduktion zeitweise nicht ausreicht, können Wasserkraft und Biogas einspringen. Allein schon das Potential von Biogas aus organischen Abfällen liegt bei 20 % des gesamten Strombedarfs.

Unterstützen Sie deshalb diejenigen Kräfte in der Politik, 

- die am Erneuerbare-Energien-Gesetz festhalten und es gegen Angriffe aus der EU-Kommission oder von Stromkonzernen verteidigen,

- die auf die kommunale Energieversorgung auf der Basis Erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung setzen,

- die in der Landes-, Regional-, Flächennutzungs- und Bauleitplanung den Erneuerbaren Energien Vorrang geben,

- die das energiesparende Bauen und die Nutzung Erneuerbarer Energien in Gebäuden (Solarstrom, Solarwärme, Erdwärme und Einsatz von Miniblockheizkraftwerken) zügig vorantreiben,

- die auf integrierte Verkehrssysteme setzen und den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe und damit dem Null-Emissionsauto den Weg ebnen.

Damit zeigen wir der jungen Generation die Perspektiven und geben ihr die Hoffnung, dass die gigantischen Gefahren atomarer und fossiler Energien überwindbar sind.