Benzin ist sauteuer, aber noch zu billig
26.05.2008 | JAKOB ZIRM (Die Presse)

Mehr Effizienz im Umgang mit Energie gibt es nur dann, wenn die Besteuerung auf den Verbrauch abzielt.

Der Ölpreis wird auf 200 Dollar pro Fass steigen. Das prognostizierte im Jänner eine Ökonomin, als der Preis für das Schwarze Gold erstmals die 100-Dollar-Schwelle überschritt. Allerdings würden bis zum 200er noch Jahre vergehen, meinten sie und ihre Zunftkollegen damals. Inzwischen sieht es so aus, als ob es nur eine Frage von Monaten ist, bis der Ölpreis den nächsten Hunderter komplettiert.

Als Gründe für den stetig steigenden Preis werden die Nachfrage aus China und Indien, die immer schwieriger werdende Produktion und Spekulationen genannt. Eigentlich kann aber niemand wirklich sagen, was die wahre Ursache für die seit Monaten andauernde Preisexplosion ist. Bezeichnend dazu die Worte einer Analystin: „Der Ölpreis steigt, weil er steigt.“

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Für die Rekordstände bei Benzin und Diesel an den Tankstellen gibt es aber noch andere Erklärungen. Einerseits langt Vater Staat kräftig zu. So schlägt er auf jeden Cent Teuerung noch 20 Prozent Umsatzsteuer drauf. Die Argumentation des Finanzministeriums, dass es die Steuer sonst halt beim Kauf eines anderen Produktes kassieren würde, mutet dabei wie eine Verhöhnung der Steuerzahler an, die sich aufgrund der hohen Preise ebendiese andere Konsumation nicht mehr leisten können.

Andererseits sind auch die Ölkonzerne bemüht, sich kaum gegenseitig auf die Füße zu treten. Wer an Zufall glaubt, wenn sich die Preise an den Tankstellen immer im Gleichschritt bewegen, für den ist wahrscheinlich der Osterhase ein Teil der wissenschaftlichen Tierforschung. Auch wenn die Preise in Österreich aufgrund einer geringeren Steuerbelastung noch unter dem EU-Schnitt liegen, darf dies kein Grund sein, den Ölkonzernen ein unberechtigtes Körberlgeld zu gewähren. Hinterfragt gehört daher auch, ob spekulationsgetriebene Spitzen an der Rotterdamer Benzinbörse an die Autofahrer weitergegeben werden müssen, wenn die Ölfirmen ihr Öl in Wirklichkeit großteils über langfristige Lieferverträge mit geglätteten Preisen beziehen.

So ärgerlich die hohen Preise an der Zapfsäule sind, man sollte sie auch als Denkanstoß sehen. In den vergangenen Jahrzehnten lebten wir in einer Zeit, in der Transport im Verhältnis zu anderen Produkten oder Dienstleistungen extrem billig war. Es rechnete sich – und tut es immer noch – Nordseekrabben per Lkw zum Schälen nach Marokko zu führen, um sie dann nach Polen zu bringen, wo sie verpackt werden. Und auch für Privatpersonen war es oft günstiger, ein Haus im Speckgürtel der Städte zu kaufen und jeden Tag zig Kilometer allein im Auto in die Arbeit zu fahren als in einer Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes zu leben.

Die Folge davon ist eine stetige Zunahme des Straßenverkehrs mitsamt Lärmbelastung und CO2-Ausstoß. Die hohen Preise haben bislang noch zu keinerlei Reaktionen geführt. 2007 tankten die Österreicher um 150 Millionen Liter Benzin und Diesel mehr in ihre Autos als im Jahr zuvor. Insgesamt wurden im Vorjahr 11,75 Milliarden Liter in den heimischen Motoren verbrannt. Kraftstoff, der aus der endlichen Ressource Erdöl produziert wurde.

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Es wäre daher nicht verkehrt, den grundsätzlichen Zugang zum Thema Mobilität zu überdenken. Ist es verhältnismäßig, wenn Billig-Flugtickets weniger kosten, als der Kaffee am Flughafen? Zudem könnte es ohne einen effizienteren Umgang mit Energie schon bald Probleme geben, den Bedarf zu decken.

Damit Energie effizienter eingesetzt wird, muss ihr Verbrauch aber noch teurer werden – auch wenn dies angesichts der Rekordpreise erschreckend klingt. Das muss für den Einzelnen aber nicht zwangsläufig zu Mehrkosten führen. Denn derzeit zahlt ein durchschnittlicher Autofahrer hierzulande pro Jahr fast so viel Steuer für den Besitz seines Fahrzeuges, wie für das Benzin, das er verbrennt. Dies führt dazu, dass viele Wege trotz möglicher Alternativen mit dem Auto zurückgelegt werden. Wer fährt schon mit dem Zug, wenn er ohnehin für den Besitz seines Autos zahlt?

Wenn beispielsweise statt der Anschaffung und dem Besitz von Fahrzeugen nur der Verbrauch – dafür höher – besteuert würde, dürften viele ihr Auto öfter stehen lassen. Dies könnte so gemacht werden, dass durchschnittliche Fahrer am Ende auf dieselbe Rechnung kommen. Außerdem würden jene Fahrer belohnt, die den Gasfuß zu Hause lassen und sparsam fahren.

Allerdings wäre für solche Maßnahmen Kreativität und Mut bei der Politik gefragt. Und derzeit betreibt diese beim Benzinpreis lieber billigen Aktionismus in der Forderung nach staatlichen Preisobergrenzen.