Die Ölmärkte haben Feuer gefangen
Neue Rekordhochs bei Rohöl - Benzin und Diesel teurer
Das Unwahrscheinliche ist Realität. Die Rohölpreise haben, wie der KURIER in seiner Ausgabe vom 21.Juni 2005 berichtet neue Rekordstände erreicht. Die Erfahrung aus der Vergangenheit, dass Öl vor dem Sommer üblicherweise billiger wird, hat ausgedient. Die Ölmärkte haben Feuer gefangen. Die historisch auf dem niedrigsten Stand befindlichen Produktionsreserven machen jedes Defizit in der Ölindustrie und in den Öllälndern zu einem Preisproblem für die Verbraucher.
An den heimischen Tankstellen werden demgemäß die Zapfuhren wieder einmal neu justiert.
Hinter dieser aktuellen Entwicklung sieht Leonidas Drollas, Geschäftsführer des Londener "Center for Global Studies", keine kurzfristige Entwicklung
sondern hartnäckige Defizite.
"Die Preise werden hoch bleiben, weil die Probleme bleiben".
Angeführt wird diese Liste von der Entwicklung neuer Ölfelder zur Vergrößerung der Reservekapazität und vom
Bau neuer Raffinerien in den USA aber auch in anderen Regionen wie China.
Ein nennenswerter Ausbau der globalen Reserven von derzeit 2,5 Mio.Fass pro Tag wie es in den 90-er Jahren der Fall war, auf 5 Mio.Fass pro
Tag erfordert zwei, drei Jahre.
Und der Bau neuer Raffinerien braucht angesichts der aufwendigen Genehmigungsverfahren noch länger. Drollas wäre
deshalb nicht überrascht, wenn etwa die Leitsorte für Europa, das Nordseeöl Brent, im Jahresverlauf 70 Dollar pro Fass (159 l) erreicht.
Gleich am 20.Juni 2005 übertraf Brent (sofortige Lieferung) die erst am Handelsschluss der vorhergehenden Woche erreichten
Rekordpreise von 57,23 Dollar deutlich mit 57,67 Dollar.
Schnellstes Wachstum bei Öl
Der Ölverbrauch 2004 habe mit einem Zuwachs von 3,4 Prozent beziehungsweise 2,5 Million Barrel pro Tag die schnellste Wachstumsrate seit 1978 aufgewiesen. "Der steigende Bedarf aus China habe für mehr als ein Drittel dieses Wachstums mit einem Anstieg von 15,8 Prozent gesorgt. In Deutschland dagegen sei der Ölverbrauch gegenüber 2003 um 1,2 Prozent zurückgegangen.
Vor dem globalen Hintergrund von zuwenig Reserveproduktion und zu wenigen Raffinerien wirkt sich jede Irritation weit mehr aus als noch
vor zehn Jahren.
Daher kursiert die Angst vor möglichen Attentaten auf die US-Botschaft im OPEC-Land Nigeria. Die Konsulate der USA, Großbritanniens
und Deutschland sperrten zu.
Der Bezug zum Ölmarkt ?
Es könnte auch zu Sabotageaktionen an Ölanlagen kommen, befürchten Händler.
Wann wird der Energiehunger Chinas einigermaßen gestillt sein?
Die Ölnachfrage in China hat zweifellos in den vergangenen Jahren sehr stark zugenommen, ähnlich wie auch das chinesische
Wirtschaftswachstum. Doch die Zahlen sind in erster Linie deswegen so beeindruckend, weil China das bevölkerungreichste Land der Welt ist.
In den kommenden Jahren sollte jedoch eine Normalisierung stattfinden, mit Zuwachsraten unter 5% ab 2008.
Allerdings sind die Marktkräfte in
China, wie auch in vielen anderen asiatischen Ländern, etwas unberechenbar, da die Politik stark regulierend eingreift. Durch Preiskontrollen und
Subventionen wird der Preis für Konsumenten zumeist künstlich niedrig gehalten. Treffen regulierende Kräfte und Marktkräfte aufeinander kann
das mitunter zu Versorgungsengpässen führen. Diese Übergangsphase wird in den nächsten Jahren anhalten.
Europäische Raffinerien können mittlerweile Öl mit schlechterer Qualität verarbeiten als etwa Raffinerien in Asien.
Die Raffinerien in Europa und noch mehr in den USA können schon seit jeher Öl mit schlechterer Qualität verarbeiten. In Asien, aber auch im
Mittleren Osten, werden Raffinerien neu errichtet, erweitert oder erneuert, um auf dem aktuellen Stand der Technik gebracht zu werden. Zusätzlich
wird in neue Kapazitäten investiert, was in den nächsten Jahren zu einer Entspannung auf dem Markt für Erdölprodukte führen sollte.
Prinzipiell handelt es sich beim Ölmarkt um den klassischen globalen Markt, welcher sich durch einen globalen Preis auszeichnet. Relative Vorteile in
regionalen Märkten und Zukauf aus anderen Regionen kennzeichnen diesen Markt.
Die Konsumenten dürften von relativen Preisunterschieden in verschiedenen Märkten wenig merken.