Energiemärkte im Umbruch
Für viele Fachleute kommt der Anstieg der Ölpreise nicht überraschend
Schon seit Jahren gibt es zahlreiche Publikationen, die darauf hinweisen, dass die weltweite Ölproduktion zwischen 2005 und 2009 ihr Maximum - den Peak - erreichen wird. Dieses Erreichen des Fördermaximums bedeutet einen Einschnitt von historischer Dimension, denn die letzten 150 Jahre war die Menschheit gewöhnt, jedes Jahr mehr Öl zu verbrauchen. Auch in Zukunft, in 20 bis 40 Jahren wird es Öl geben, doch die jährlich verfügbare Menge wird immer kleiner.
In 20 Jahren wird nur mehr die Hälfte des bisherigen Rohöls gefördert
Die Mengen- und Preisentwicklung der letzten Monate bestätigt die Richtigkeit der Theorie vom oil peak. Eine
kürzlich veröffentlichte Studie spricht davon, dass in 20 Jahren die jährliche Ölproduktion nur mehr 50% des
heutigen Niveaus erreichen wird. Natürlich gibt es noch ständig neue Ölfunde, doch wird häufig
übersehen, dass in immer mehr Ländern der Welt wie beispielsweise den USA, Indonesien, England,
Norwegen, Österreich, um nur einige zu nennen, die Produktion ständig zurückgeht und >die Neufunde in
Zukunft nicht mehr ausreichen werden, um den Produktionsrückgang zu kompensieren.
Nachfrage nach Rohöl steigt weiter
Andererseits steigt die Nachfrage nach Energie, insbesondere nach Öl weltweit weiter an, in Amerika, in Europa und besonders stark in China und Indien. China hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden wirtschaftlichen Aufstieg erreicht, der dazu führt, dass auch der Energieverbrauch jährlich um 5 bis 15% steigt. Allerdings deckt China seinen Energiebedarf zu mehr als 85% aus eigenen Quellen (Kohle, Wasserkraft, tlw. Öl und Gas) und ist daher von Preissteigerungen bei Öl und Gas am Weltmarkt viel weniger betroffen als die USA, die EU oder Österreich, die weit mehr als die Hälfte ihrer Energie importieren müssen - und das mit steigender Tendenz. Das wirtschaftliche Potenzial Chinas ist heute so stark, dass China auch Erdöl zukaufen wird, wenn die Preise 150 oder 200 $/Fass erreichen.
Rohöl steigt in einigen Jahren auf 150 Dollar je Fass
Ein mehr oder weniger stagnierendes und bald rückläufiges Anbot an
Erdöl am Weltmarkt und eine weiter steigende kaufkräftige Nachfrage
nach Öl werden dazu führen, dass in einigen Jahren mit folgenden
Preisen zu rechnen sein wird:
Rohöl 150$/Fass und mehr
Benzin, Diesel Größenordnung 2 Euro je Liter
Heizöl deutlich mehr als 1 Euro je Liter
Die Preise für Erdgas werden zeitlich verzögert diesem Preisniveau
folgen.
Auf die geopolitischen Auswirkungen dieses Umbruchs der
Erdölmärkte soll hier nicht eingegangen werden, sondern lediglich auf
einige Konsequenzen für die erneuerbare Energie und für die
österreichische Energieversorgung.
Flucht in Richtung Kohle und Kernkraft ist kein Ausweg
Ein nahe liegender Ausweg mag in der Flucht Richtung Kohle oder Kernkraft sein. Doch dabei wird übersehen, dass
die Kernkraft, abgesehen von dem Umweltrisiko, vor den gleichen Ressourcenproblemen steht wie das Öl.
2-Emissionen wie eine Kilowattstunde Strom aus Gas.
Erst zu Beginn dieses Jahres hat das IPCC (International Panel on Climate Change) darauf verwiesen, dass die weltweiten
Treibhausgasemissionen noch vor dem Jahre 2015 stabilisiert und bis 2050 um 80 % reduziert werden
müssen, um einen Temperaturanstieg um über zwei Grad und damit einen Zusammenbruch
vieler Ökosysteme zu vermeiden. Schon in den letzten zwei Jahren sind die weltweiten
Getreideernten als Folge von Dürreperioden um 5 % zurückgegangen.
Europäische Reduktionsziele
Deswegen hat auch der Europäische Rat im März 2007 einstimmig und verbindlich beschlossen, dass
in der EU die CO2-Emissionen um mindestens
In Zukunft wird es einerseits zu einem Wettlauf und Wettringen um die letzten leistbaren Reserven von Öl und
Gas geben, dabei wird Wirtschaftsmacht und militärischer Einfluss eine große Rolle spielen.
Geografische Räume mit großen Vorräten wie Russland und der arabischen Golf werden extrem
begünstigt, solange sie noch Vorräte haben. Andererseits wird die weltweite Staatengemeinschaft
verstärkten Druck auf die Industrieländer ausüben, die CO2-Emissionen zu senken.
Energiesystem des 21. Jahrhunderts: Effizient und erneuerbar
Österreich als kleines Land hat in diesem Wettrennen um Öl- und Gasfelder eine schwache Position und
wird in Europa wegen der steigenden CO2-Emissionen zunehmend unter Druck kommen. Der weitere
Ausbau einer fossil dominierten Energieversorgung führt in eine Sackgasse. Das Energiesystem der
Zukunft lässt sich durch zwei Begriffe definieren: Effizient und erneuerbar.
Je schneller Österreich sein Energiesystem nach diesen Grundsätzen umbaut, umso besser wird unser
Land die künftigen Turbulenzen auf den Energiemärkten meistern. Die Zeit des billigen Öls und der
unbegrenzten fossilen Ressourcen ist vorbei, sie kommt nie mehr zurück, nur die Sonne schickt quasi
unbegrenzte Energiemengen auf die Erde. Die Antwort auf diese neue Herausforderung aus österreichischer
Sicht sollte daher drei Schritte umfassen:
1) ehrliche und umfassende Information der Bevölkerung über die
energiepolitischen Umbrüche, Preissteigerungen und Engpässe an
fossiler Energie, die auf die Welt zukommen und die
Erfordernisse, die Treibhausgasemissionen zu senken.
2) Lenkung aller Investitionen im Bereich Energiebereitstellung,
Energieumwandlung und Energienutzung in Richtung
Effizienzverbesserung und Ausbau der erneuerbaren Energieträger
(Wärmedämmung, energiesparende Bauordnung, Erhöhung der
Wirkungsgrade; Wasserkraft, Wind, Biomasse, Solarkollektoren,
Solarkraftwerke, Solararchitektur, Photovoltaik) und daher
keine Investitionen in fossile Energiesysteme mit nur wenigen,
gut begründeten Ausnahmen von diesem Grundsatz.
3) Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen auf Bundes- und
Landesebene, die dazu führen, dass Privatpersonen, Betriebe und
öffentliche Einrichtungen, die gemäß Grundsatz 2 investieren,
wirtschaftliche Vorteile haben und jene, die weiter in fossile
Energieketten investieren, wirtschaftliche Nachteile hinnehmen
müssen - also ein integriertes energie- und klimapolitisches
legistisches Paket.
Möglichkeiten und Grenzen der Bioenergie
Europäisch gesehen deckt derzeit die Bioenergie 2/3 aller erneuerbaren Energie ab, in
Österreich sind es etwa 50 %. In der mitteleuropäischen Biomassekonferenz geht es darum, neue
Entwicklungen, neue Technologien, neue Erfahrungen in der Nutzung der Bioenergie bekannt zu machen, gleichzeitig
die Möglichkeiten und Grenzen der Biomasse aufzuzeigen und die Positionierung der Biomasse
im künftigen Energiesystem zu erarbeiten. Die geopolitische Entwicklung unterstreicht die Aktualität der
Konferenz in besonderer Weise. Die Veranstalter hoffen, dass viele Fachleute aus der Steiermark und aus
Österreich teilnehmen und natürlich zahlreiche Gäste, vor allem aus Mitteleuropa.
Folgerungen für Österreich
Die Klima- und Energieproblematik trifft jede Region und jedes Land auf unserer Erde. Diese
dargestellten globalen Veränderungen haben natürlich auch Rückwirkungen auf aktuelle
energiepolitische Fragestellungen in unserem Land:
a) Zukunft der Wärmeversorgung
Für Investitionen in der Wärmeversorgung ergeben sich klare Prioritäten, nämlich
1) Isolieren und damit Bedarf senken,
2) an Fernwärme anschließen, wenn dazu die Möglichkeit besteht,
3) auf Biomasse (Pellets, Brennholz, Hackgut) umsteigen und Öl,
Gas oder Strom ersetzen,
4) Solarkollektoren einsetzen zur Warmwasserbereitung und zum
teilsolaren Heizen.
Wer so investiert, entgeht den künftigen exorbitanten Preiserhöhungen und
vermeidet darüber hinaus Emissionen. Eine zusätzliche österreichweite
Fördermaßnahme ist notwendig, um die Umstellung in diese Richtung
wesentlich zu beschleunigen.
b) Stromversorgung
Auch für die Sicherung der Stromversorgung gelten ähnliche Überlegungen
1) gesetzliche Maßnahmen, um Strom zu sparen und
Effizienzverbesserungen in der Erzeugung zu erreichen,
2) Ökostromgesetz neu, Forcierung des Stroms aus Wind, Wasserkraft
und kleinen Biomasseanlagen mit Kraft-Wärmekopplung ohne
bürokratische Deckel, Sicherung der bestehenden Anlagen durch
Rohstoffbonus
3) Kalorische Kraftwerke zur Versorgungssicherung nur im Rahmen
eines Konzeptes zur Reduktion der CO2-Emissionen um 30% gemäß
EU-Vorgabe.
Dazu ein Vergleich mit China
China hat 2006 zahlreiche Kohlekraftwerke gebaut. In Summe wurde dadurch die Kraftwerksleistung
um
Die kalorischen Ausbaupläne der Steiermark stehen im Widerspruch zu den Erfordernissen des Klimaschutzes, zu den politischen Beschlüssen auf Regierungsebene (Klimastrategie, Kyotovertrag, EU-Ratsbeschluss), zum Prinzip der Effizienz (in Voitsberg und in Mellach würde ein wesentlicher Teil der Abwärme nicht genutzt und als Energieverlust abgegeben werden), aber auch im Widerspruch zur "sittlichen Verpflichtung", solidarisch an den weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz teilzunehmen.
Fazit: Der globale Umbruch der Energiemärkte und die drohende Beschleunigung der Erderwärmung
zwingen zu einem Umdenken in den energiepolitischen Konzepten. Nicht eine Fortsetzung der Energiepolitik
aus dem 20. Jahrhundert ist gefragt, sondern eine Energiepolitik für das 21. Jahrhundert, gestützt auf
den Grundsätzen:
Effizient und erneuerbar.