Strom: Schwerer Dämpfer für die Wasserkraft
Quelle: 26.10.2009 | 18:40 | JAKOB ZIRM (Die Presse)

Das österreichische Umweltministerium arbeitet an Plänen zur Verbesserung der Flussökologie. Die Elektrizitätswirtschaft, vor allem die Kleinkraftwerke, befürchten dadurch drastische Produktionseinbußen.

Die Wasserkraft ist das Rückgrat der österreichischen Stromwirtschaft. Rund 60 Prozent der pro Jahr in Österreich verbrauchten knapp 70 Terawattstunden werden in Wasserkraftwerken erzeugt. Und angesichts der CO2-Problematik soll die Wasserkraft noch weiter ausgebaut werden, um künftig weniger Gas oder Kohle zur Stromerzeugung verbrennen zu müssen. Diese Ausbaupläne könnten nun jedoch einen herben Rückschlag erleiden, befürchtet der Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ).

Der Grund dafür ist der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP), der vom Umweltministerium zurzeit erarbeitet wird. Er könnte dazu führen, dass die Produktion jährlich um 2,3 Terawattstunden sinkt – dies entspricht zweieinhalbmal der Jahresproduktion des Kraftwerks Freudenau. Zudem könnte der weitere Ausbau deutlich erschwert werden.

Eingriffe des Menschen

Durch den NGP wird die Wasser-Rahmenrichtlinie der EU in Österreich umgesetzt. Sie sieht vor, dass Gewässer gewisse ökologische Kriterien erreichen müssen. Neben der Belastung durch Schadstoffe betrifft dies auch Eingriffe in den Wasserfluss – beispielsweise durch Kraftwerke. So befinden sich an den 31.000 heimischen Flusskilometern 28.000 „Querbauwerke“. Rund zehn Prozent davon sind Wasserkraftwerke, der Rest dient meist der Flussregulierung oder dem Hochwasserschutz.

Diese Eingriffe des Menschen in die Flusslandschaft sollen nun durch zwei Maßnahmen umweltverträglicher gemacht werden. Einerseits soll es die Verpflichtung geben, dass bis 2015 rund hundert „Fischwanderhilfen“ gebaut werden. Dabei wird parallel zu einem Kraftwerk ein kleiner Bach gegraben, der den Fischen den Aufstieg gegen die Flussrichtung ermöglicht.

Zweitens soll bei Kraftwerken, die sich nicht direkt im Hauptfluss befinden, sondern ihr Wasser durch einen künstlichen Nebenarm beziehen, eine verpflichtende Restwassermenge für den Hauptfluss vorgeschrieben werden.

„Wir können damit leben, dass durch diese Maßnahmen die Stromproduktion sinken wird. Allerdings ist der Entwurf des Umweltministeriums in vielen Bereichen überzogen“, meint dazu Christoph Wagner, Präsident der Kleinwasserkraft Österreich.

Die Betreiber der kleinen Kraftwerke sind in dieser Frage auf einer Linie mit den Vertretern der Großwasserkraft wie der Verbundgesellschaft. „Man hat bei vielen Dingen wie den Fischwanderhilfen einen ,Stand der Technik‘ definiert, der einfach zu hoch ist“, sagt Otto Pirker von der Verbund-Wasserkraftsparte. Zudem würden die verlangten Fischwanderhilfen manchmal keinen Sinn haben, da es kurz nach dem Kraftwerk schon die nächste Barriere ohne Aufstiegshilfe gebe.

In Summe würde der Bau der Fischwanderhilfen die E-Wirtschaft rund 240 Millionen Euro kosten. Problematischer als die Kosten sei jedoch der Verlust von Wasser für die Stromproduktion. Davon sind vor allem die Kleinwasserkraftwerke betroffen. „Für uns bedeuten die vorgelegten Pläne ein Produktionsminus von 30 Prozent. Die ökologischen Ziele wären aber sicher auch mit einem Minus von zehn Prozent erreichbar“, sagt Wagner.

Nur wenige Ausnahmen

Die Kleinwasserkraft hadert zudem mit dem geplanten „Verschlechterungsverbot für Flüsse“, da jedes Kraftwerk naturgemäß zu einer „Verschlechterung“ der natürlichen Flusslandschaft führt. Ausnahmen kann es nur aufgrund des öffentlichen Interesses geben. Dieses werde bei den kleinen Wasserkraftwerken jedoch oft nicht zuerkannt.

Im Umweltministerium sieht man die Befürchtungen der E-Wirtschaft als unbegründet an. Der Verlust bei der Stromproduktion wird laut den Berechnungen des Ministerium unter einem Prozent liegen. „Außerdem sind die Details des Ganzen noch in der Diskussion. Der Minister ist aber bestrebt, einen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie zu finden“, heißt es dazu aus dem Büro von Umweltminister Nikolaus Berlakovich. Die konkreten Verordnungen für die Umsetzung der EU-Richtlinie sollen aber noch heuer im Dezember vorliegen.