Vollgas im Lufthunderter
Quelle: OÖ Nachrichten vom 20.11.2010
Der Think City ist seit August in Österreich auch für Privatkunden verfügbar.
Der Think City ist seit August in Österreich auch für Privatkunden verfügbar. Die OÖN pendelten eine Woche lang die Strecke Steyr-Linz-Steyr. Eines gleich vorweg: Das Elektroauto bestand den Test mit Bravour.
Die wichtigste Frage sei gleich am Anfang beantwortet: Es klappte alles völlig problemlos. Der einst von Ford entwickelte und jetzt vom Valmet-Konzern in Finnland gefertigte Think City lief auf den insgesamt 600 Test-Kilometern wie ein Glöckerl. Einziger Unterschied zu normalen Autos vergleichbarer Größe: Man hört das Glöckerl nicht läuten. Lediglich die Wind- und Abrollgeräusche machen sich bemerkbar – aber auch erst ab einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Beste Voraussetzungen also, um sich der genussvollen Seite des Autofahrens völlig entspannt hinzugeben.
Autobahn war keine Hürde
Wobei: So ganz ohne Spannung ging es auch nicht. Bei der elektrischen Erstbesteigung des Ebelsberger Bergs auf der A1 stellte sich nämlich ein Anflug von leichter Nervosität ein. Künstler würden dieses Gefühl wohl als Lampenfieber bezeichnen. Doch der Think City nahm diese erste Hürde genauso souverän wie kurze Zeit später die neue B309, die erst wenige Tage zuvor eröffnet worden war. Bruno Kreisky hatte diese Straße den Steyrern Ende der siebziger Jahre versprochen. Ob die Steyrer vor 30 Jahren wohl damit gerechnet hatten, dass schon kurz nach der Eröffnung ihrer schönen Straße Elektroautos über den Asphalt brausen würden...?
Der zweisitzige Think City ist aus Effizienzgründen auf ein Höchsttempo von knapp mehr als 100 km/h limitiert. Für die Bundesstraße reicht das völlig aus. Auf der Autobahn ist es aber etwas zäh – man fühlt sich, als ob man ständig im Lufthunderter unterwegs wäre. Andererseits: Ist der Lufthunderter tatsächlich aktiviert, kann man als Think-City-Pilot ungerührt das Gaspedal voll stehen lassen, während alle anderen lupfen müssen. Glauben Sie uns, das hebt die Stimmung!
Der Lufthunderter selbst wirft übrigens eine interessante Frage auf. Gilt das Limit eigentlich auch für Elektroautos? Schließlich gibt es ja Stromer, die Tempo 130 und mehr schaffen. Die Antwort: Elektroautos sind vom Lufthunderter nicht ausgenommen und müssen sich an die Begrenzung halten. Sachlich gerechtfertigt ist das nicht, schließlich fallen beim Betrieb keinerlei Emissionen an. Ob man 80, 100 oder 130 fährt, ist für die Luft in der Umgebung völlig egal. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis sich der Verfassungsgerichtshof mit dieser Frage beschäftigen wird (müssen).
Der in Österreich von Denzel vertriebene Think City ist wahlweise mit einem Lithium-Ionen- oder einem Natrium-Nickelchlorid-Akku („ZEBRA“) erhältlich. Das OÖN-Testauto verfügte über den „ZEBRA“-Akku. Dieser Typ ist zwar robust und haltbar, gehört aber zu den Hochtemperaturbatterien und muss deshalb bei längerem Stillstand beheizt und möglichst immer an die Steckdose angeschlossen werden. Der Lithium-Ionen-Akku hat diesen Nachteil nicht, ist zudem deutlich günstiger und deshalb empfehlenswerter.
130 Kilometer Reichweite
Die im Think verbaute ZEBRA-Batterie hat einen Energiegehalt von 28,3 Kilowattstunden, von denen 23 effektiv nutzbar sind (Lithium-Batterie: 21,5 kWh). Bei sparsamer Fahrweise beträgt die Reichweite 160 Kilometer. Die OÖN schafften bei stets aktiviertem Abblendlicht und ebenfalls ständig aktiviertem Heizlüfter 130 Kilometer. Das entspricht einem Testverbrauch von 17,7 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Bei einem Strompreis von ca. 18 Cent pro kWh ergeben sich für die 100-Kilometer-Distanz Stromkosten in Höhe von ca. 3,20 Euro. Um die leere Batterie wieder aufzuladen, hing der Test-Think übrigens jeweils zehn Stunden an der normalen Haushaltssteckdose.
Gut, aber leider extrem teuer
Mit der im Test ermittelten Reichweite und den günstigen Betriebskosten wäre der Think eigentlich das perfekte Pendler- bzw. Zweitauto. Mit einem Preis von 35.760 Euro (Lithium-Ionen) bzw. 44.400 Euro („ZEBRA“) liegt der 1038 Kilo schwere und 3,1 Meter kurze Flitzer allerdings deutlich über der Schmerzgrenze der meisten Kleinwagen-Käufer. Deshalb werden wohl nur Unternehmen bzw. finanzkräftige Enthusiasten in den Genuss kommen, dieses Auto zu besitzen.
Abschließend noch das Thema CO2-Ausstoß: Beim Betrieb des Autos selbst fallen keine Emissionen an. Allerdings entsteht bei der Stromproduktion CO2. Kalkuliert man mit dem österreichischen Strommix, der einen hohen Anteil von Wasserkraft aufweist, dann kommt der Think umgerechnet auf 45 bis 55 Gramm pro Kilometer. Damit ist er – in Österreich – fast doppelt so klimafreundlich wie ein vergleichbarer Pkw mit Verbrennungsmotor.