Die Zukunft liegt im "Steckdosen"-Hybrid

Nur ein Fahrzeug, dass die typischen Kurzstrecken rein elektrisch zurücklegen kann ist mit einer solaren Energiestruktur vereinbar

EV1-Fahrzeug Als ein vollwertiges Auto wird man das reine Elektrofahrzeug auf absehbare Zeit nicht akzeptieren. Obwohl es überall Steckdosen, also potentielle Stromtankstellen gibt und obwohl die meisten Fahrten kürzer als 50 km, meist sogar kürzer als 15 km sind, wird es schwierig sein, den Autokäufern die Angst vor dem "Liegenbleiben mit leerer Batterie" zu nehmen. Lediglich als Zweitwagen können sich die meisten Menschen das reine Elektroauto vorstellen.

Bei 82 Millionen Bundesbürgern und 45 Millionen zugelassenen PKWs ist der Anteil an Zweitwagen bereits enorm groß (ca. 10 Millionen). Doch für eine schnelle Markteinführung braucht man – aus technischen und psychologischen Gründen – offensichtlich andere Konzepte. In den USA wird deshalb seit einigen Jahren von politischer Seite der Plug-in Hybrid gefordert.

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Ein Elektroauto mit Notstromgenerator.
"Plug-in" bedeutet nichts anderes als "in die Steckdose stecken". Hat man bisher damit geworben, dass ein Hybridauto nie an die Steckdose muss, so fordert man in den USA nun Hybridautos die an die Steckdose dürfen.

Gute Gründe
Die grundlegende Argumentation ist naheliegend und deshalb auch gar nicht neu. Verbrennungsfahrzeuge sind in ihrer Effizienz nahezu ausgereizt. Nur ein geringeres Gewicht und eine reduzierte Größe kann bei normalen Fahrzeugen zu deutlichen Spriteinsparungen führen. Nennenswerte Effizienz im Antrieb kann nur noch durch den Elektromotor kommen, sprich die Hybridisierung.
Reine Elektroautos benötigen zu viele, heute noch sehr teuere Batterien, um auch für Langstrecken und damit als Erstfahrzeug einsetzbar zu sein. Wenn man bei den seltenen Langstrecken oder auch in Notfällen den Strom direkt im Fahrzeug herstellen könnte, dann würde man mit deutlich kleineren Batterien auskommen. Dies würde neben dem Gewicht auch noch die Kosten der Fahrzeuge reduzieren und den Besitzern die Angst vor leergefahrenen Batterien nehmen.

Geschichte
Fahrzeuge von dieser Bauart fuhren schon um 1900. Ferdinand Porsche zählt sicherlich zu den bekanntesten Konstrukteuren der damaligen Zeit. In den letzten Jahren hat vor allem Professor Andrew Frank (University of California, Davis) diesen Fahrzeugtyp studiert und eine Vielzahl von Prototypen gebaut. Aber auch die großen Autohersteller haben sich sporadisch mit Plug-in Hybrid (PHEV) Konzepten beschäftigt.
Eine der bei uns bekanntesten Entwicklungen dieser Bauart war der Audi Duo (1989). Ein Audi A4 wurde mit einer zusätzlichen Nickel-Cadmium-Batterie bestückt und auf der Hinterradachse wurde ein Elektromotor montiert, der im Stadtverkehr als Antrieb genutzt werden konnte. Im Rahmen des Forschungsprogramms ELCIDIS wurden mit diesem Fahrzeug in einem kleinen Flottenversuch Erfahrungen gesammelt. In Frankreich lieferte Renault um das Jahr 2002 etwa 150 seiner Kangoo Fahrzeuge als "Elect'road"-Modell aus. Hierbei wurde die reine Elektroversion, der "Electrique", um einen kleinen Notstromgenerator erweitert. Der so entstandene Serielle-Hybrid war zwar ein vollwertiger PKW – mit Airbag, 5 Sitzplätzen und Klimaanlagen – jedoch war seine Leistungsfähigkeit durch die Nickel-Cadmium-Batterien, den zu schwachen Generator und den extrem kleinen 5-Liter Benzintank immer noch zu eingeschränkt. Zur Massentauglichkeit fehlten damals die Lithium-Batterien.

Erst durch die Steckdose öffnet sich das Automobil dem großen elektrischen Energiepotential aus dem solaren Strommix. Der "Steckdosen"-Hybrid ist eine praxistaugliche Lösung für maximalen Klimaschutz.

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Plug-in Partner
Nachdem vielen Politikern die Abhängigkeit vom Öl bewusst geworden ist, wurde in den USA das sicherheitspolitische Potential der "Plug-in Hybrids" (PHEV) erkannt. Bei der Stromproduktion steht eine Vielzahl von heimischen Energiequellen zur Verfügung, doch der Erdölbedarf muss Jahr für Jahr zunehmend über Importe gedeckt werden. Selbst das US-Militär befasste sich mit dem Thema "Plug-in Hybrid". Der neue Shadow RST-V verspricht unter anderem bis zu 60% Spriteinsparung. Die Treibstoffversorgung der Truppen ist nicht nur eine logistische Herausforderung, sondern die Kosten für den Sprit explodieren in letzter Zeit und gefährden so wichtige Rüstungsprojekte. Es grenzt schon an Realsatire, wenn man bedenkt, dass die militärische Sicherung der Erdölproduktion bald vielleicht nur noch mit Hybrid-Elektro-Kampffahrzeugen bezahlbar sein sollte.

Die meisten Projekte sind dennoch ziviler Natur. Das US Department of Energie (DoE) hat mehrere Untersuchungen zum Thema "Plug-in Hybrid Fahrzeuge" in Auftrag gegeben. Das Electric Power Research Institute (EPRI), das Argonne National Laboratory (ANL) als auch das National Renewable Energy Laboratory (NREL) haben gerechnet, gemessen und getestet. In den USA sind wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema schon lange verfügbar.

Anfang 2006 hat sich eine Initiative mit dem Namen "Plug-in Partners" gegründet. Dieser Zusammenschluss aus einer Vielzahl von Städten, Stadtwerken und anderen Organisationen verfolgt das Ziel, die Markteinführung von Plug-in Hybrids zu beschleunigen. Da keine entsprechenden Fahrzeuge am Markt verfügbar waren, haben Privatleute begonnen Umrüstsätze für normale Hybridfahrzeuge zu entwickeln.
Als Basisfahrzeug diente vor allem der Toyota Prius, da man hier "nur" die kleine Batterie durch eine größere ersetzen musste. Die so bei EnergyCS (USA) und Hymotion (Kanada) entstandenen Umrüstsätze werden heute auch in Europa vermarktet. Den Umrüstsatz für den Prius vertreibt seit Anfang 2007 die holländische Firma Ecordis. Der genaue Preis ist bisher noch nicht bekannt, aber bei geringen Stückzahlen sind Kosten von etwa 15.000 Euro zu erwarten.

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Eine Lithium-Batterie mit 9 kWh Speicherkapazität verhilft dem heutigen Prius zu rund 50 km emissionsfreier Wegstrecke. Bedingt durch das Basisauto und den zu schwachen Elektromotor ist man hier jedoch auf den Stadtverkehr und Geschwindigkeiten unterhalb von 65 km/h eingeschränkt. Dies hat Auswirkungen auf das Motorenmanagement.
Der Verbrennungsmotor muss in der Praxis relativ oft anspringen und bei kaltem Katalysator sind die Abgaswerte nicht optimal. Das Argonne National Laboratory hat erst kürzlich Abgasuntersuchungen durchgeführt und festgestellt, dass nicht alle Umrüstungen und Betriebsstrategien im Falle des Plug-in-Prius vorteilhaft sind. Tests mit entsprechend umgebauten Toyota Prius PKWs wurden bisher vor allem in den USA und England durchgeführt. Im Rahmen eines mit 10 Millionen US-Dollar finanzierten Flottenversuches plant der Bundesstaat New York rund 600 Fahrzeuge umzurüsten.

Plug-in Fahrzeuge
Vergleichbare Leistungsmerkmale wie beim Plug-in-Prius findet man auch beim Plug-in Hybrid Sprinter, den DaimlerChrysler gebaut hat. Der Lieferwagen wurde zu Testzwecken sowohl mit Benzin- und Dieselmotor gebaut und teilweise mit 14 kWh NiMH oder Lithium-Akkus bestückt. Elektrisch kann man rund 30 km im Stadttempo zurücklegen, was für die Auslieferung von Waren im Stadtkern durchaus ausreichend ist. Erste Versuche haben ergeben, dass abhängig vom Nutzungsprofil die Reduktion der CO2-Emissionen im Lieferverkehr 10 bis zu 50% betragen kann. Der Flottenversuch findet nicht bei uns, sondern ebenfalls in den USA statt. Das Versuchsprojekt läuft in Kooperation mit EPRI und amerikanischen Stadtwerken. Es wurde im Jahr 2007 nochmals deutlich ausgeweitet. Eines der Testfahrzeuge liefert jeden Morgen emissionsfrei die Zeitungen der New York Times aus.

Zusätzlich zu den Flottentests mit Lieferfahrzeugen, PKWs und SUVs (Sports Utility Vehicles) laufen in den USA auch erste Versuche mit Schulbussen und Baustellenfahrzeugen. Die meisten dieser Versuche werden ebenfalls vom EPRI wissenschaftlich begleitet.

Viele Presseartikel drehen sich in den USA aber vor allem um den Volt, eine neue Konzeptstudie von General Motors. Die Ziele der GM-Vorstände sind hoch gesteckt. GM-Vize Bob Lutz hat schon mehrfach betont, dass man sehr enttäuscht wäre, wenn es General Motors nicht gelingen würde, den Volt bis 2010 serienreif auf die Strasse zu bringen. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, aber die Politik macht Druck. Gemeinsam mit den potentiellen Batterieherstellern (Cobasys/A123 Systems bzw. Johnson Controls/Saft) sucht GM im Moment nach Herstellungsverfahren, die es erlauben würden jährlich Batterien für mindestens 100.000 Fahrzeuge kostengünstig zu produzieren. Hier geht es offensichtlich nicht um vereinzelte, überteuerte Leuchtturmprojekte.

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Cleanova
In Deutschland kennt ihn niemand, in den USA redet man darüber und in Frankreich kann man ihn kaufen und fahren. Fernab des Medienrummels hat die "Société des Véhicules Electriques" (SVE) mit dem Cleanova einen praxistauglichen "Steckdosen"-Hybrid entwickelt, der in Kürze in die Serienproduktion gehen soll. Die SVE ist ein Zusammenschluss aus den Firmen Dassault Industries und Heuliez. Beim Cleanova handelt es sich nicht direkt um ein Fahrzeug, sondern primär um einen Antriebsstrang, der in bereits bestehende Fahrzeugmodelle eingebaut werden kann.

Das Cleanova-System besteht aus einem Elektromotor für den Antrieb des PKWs, der von Lithium-Batterien mit Strom versorgt wird. Zum Plug-in Hybrid wird es durch den kleinen Verbrennungsmotor, der fest als "Notstromgenerator" integriert ist. Als Treibstoff kann neben elektrischem Strom auch Benzin, reines Ethanol (E100) oder eine beliebige Mischung aus beidem verwendet werden. Der Hersteller der Motoreinheit ist die kanadische Firma TM4. Das Batteriesystem der Versuchsfahrzeuge stammemt von der Firma Saft. Laut SVE ist jedoch auch die Verwendung anderer Lithium-Batterietypen möglich.

Mehrere mit Cleanova-Antrieb bestückte Fahrzeuge waren bei der französischen Post im Rahmen des Forschungsprojektes VAL-VNX im Testbetrieb. Dies war der Cleanova II, auf Basis des Renault Kangoo. Als Cleanova III wird die Umrüstung eines Renault Scenic bezeichnet. Beide Modelle wurden auf dem Michelin Challange Bibendum 2006 vorgeführt, vermessen und standen für Probefahren zur Verfügung. Die technischen Daten wurden von der Internationalen Energieagentur (IEA-HEV) im Jahresbericht 2006 publiziert.

Die aus den IEA-Daten abgeleiteten Energieverbräuche sind für den elektrischen Fall "ab Batterie" und nicht "ab Steckdose" bemessen. Veranschlagt man für den Ladevorgang einen Wirkungsgrad von 85%, so steigt der Energieverbrauch innerorts auf 14,4 kWh und außerorts auf 19,6 kWh. Für ein Fahrzeug mit rund 1,5 Tonnen Gewicht sind das immer noch erstaunlich gute Werte.

Obwohl der Cleanova II mit 35 kW einen nominell schwächeren Motor hat als der vergleichbare Benziner (55 kW), beschleunigt er um eine Sekunde schneller von 0 auf 100 km/h. Der Benziner braucht 14,2 und der PHEV lediglich 13,4 Sekunden. Einbußen in der Fahrdynamik sind bei PHEVs offensichtlich nicht zu befürchten.

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Massenproduktion
Bei der französischen Post war man von den Ergebnissen des zweijährigen Flottenversuches offenbar so angetan, dass im Februar 2007 durch den Vorsitzenden Jean-Paul Bailly erklärt wurde, La Poste würde bis Ende 2009 rund 50% der insgesamt 48.000 Postfahrzeuge durch Cleanova-Technologie ersetzen. Der Betrieb der Fahrzeuge sei sechs mal billiger als der eines Diesel-PKWs. Die höheren Anschaffungskosten (ca. 10.000 Euro) amortisieren sich, das Fahren macht mehr Spaß und pro Jahr und Fahrzeug können La Poste rund vier Tonnen CO2 einsparen. Eine "Win, win, win" Situation. Damit müssten jährlich gut 10.000 Fahrzeuge aus der Fabrik in Deux-Sèvres rollen. Es läuft zwar eine europaweite Ausschreibung, doch wird vermutlich außer SVE niemand ein passendes Fahrzeug anbieten können.

Die neuste Cleanova-Antriebseinheit mit einer Leistung von 60 kW wurde vor wenigen Monaten auf der EVER in Monaco vorgestellt.
Höchstens beim zu Grunde liegenden Basisfahrzeug könnte es Konkurrenz geben. Neben dem Kangoo wurde Anfang 2007 auch ein Fiat Doblo umgerüstet. Die Antriebseinheit wurde in der Zwischenzeit ebenfalls weiter entwickelt. Die Leistung des Elektromotors wurde auf 60 kW erhöht und hat sich damit fast verdoppelt. Der Notstromgenerator leistet rund 20 kW und wird von einem 40 kW Verbrennungsmotor angetrieben, der durch eine zweite Kupplung zusätzlich direkt auf die Antriebswelle zugeschaltet werden kann. Technisch besitzt der Serien-Cleanova nun einen leistungsverzweigenden Hybridantrieb. Vor allem die Energieverbräuche außerorts sollten so noch einmal weiter sinken und aufgrund der stärkeren Motoren sollte die Dynamik im Fahrbetrieb weiter ansteigen. Festzuhalten ist, dass die Cleanova Fahrzeuge sich in der Praxis bewährt haben und dass eine rein elektrische Reichweite von über 150 km in heute üblichen Fahrzeugen möglich zu sein scheint. Doch warum interessiert sich die DGS für diese Entwicklung?

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Die solare Strategie
Die DGS will die solare Vollversorgung. Ein Hauptproblem ist hier der hohe Treibstoffbedarf im Verkehrssektor. Dieser beansprucht Biomasse, die aufgrund ihrer Langzeitspeicherbarkeit zu Heizzwecken und zur Stabilisierung der Stromnetze dringend benötigt wird. Weiterhin fehlen für den Ausgleich kurzfristiger Leistungsschwankungen in weiträumigen, dezentral gespeisten Stromnetzen bisher die erforderlichen Stromnutzer bzw. Stromspeicher.

"Steckdosen"-Hybride würden bei all diesen Problemen helfen. Die Einführung von einer Million PHEVs würde den Stromverbrauch in Deutschland von derzeit 600 TWh auf lediglich 601,6 TWh erhöhen. Im gleichen Zug würde man 0,5 Millionen Tonnen Treibstoff auf der Straße einsparen und könnte diese in effizienten Blockheizkraftwerken zur Produktion von Strom und Wärme einsetzen. Nebenbei wären in den PKWs 20 GWh Batteriekapazität zum Lastausgleich im Stromnetz entstanden. Denn "Steckdosen"-Hybride können nicht nur kontrolliert beladen sondern zur Not auch teilweise wieder entladen werden.
Fertig ist die Smart Grid Vehicle Strategie.

Es ist an der Zeit auch in Deutschland moderne Plug-in Hybrids zu testen und so schnell wie möglich auf dem Markt einzuführen. Denn zwei Dinge sind klar: Die Zukunft fährt elektrisch und die Zeit ist knapp.

Die Leistungsdaten des Cleanova II