UN-Klimabericht - wie ein Science-Fiction-Film
Quelle: diePresse v. 17.11.2007

Der UN-Klimarat richtet einen eindringlichen Warnruf an die Welt.

Sein diesjähriger Bericht gilt als Basis für die kommenden Verhandlungen über ein Nachfolge-Abkommen des Kyoto-Protokolls.

In dem Papier hatten Forscher und Politiker auf wenigen Seiten die Kernaussagen des diesjährigen Weltklimaberichts zusammengefasst. Es soll als wissenschaftliche Grundlage für die UN-Klimakonferenz auf Bali im Dezember dienen.

Düsteres Szenario

Tote-Wüste

Die Menschheit hat nach Einschätzung des Weltklimarats nur noch wenige Jahre Zeit, die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Entscheidend ist demnach das Jahr 2015: Wenn die Staaten die schlimmsten Folgen verhindern wollen, muss der Ausstoß der Treibhausgase von diesem Jahr an signifikant zurückgehen und nicht wie bisher weiter steigen. Aber selbst dann wird sich die Durchschnittstemperatur weltweit um 2,0 bis 2,4 Grad Celsius erhöhen, was unweigerlich zu mehr Waldbränden und mehr Toten durch Hitzewellen, Überflutungen und Trockenheiten führen wird.

EU drängt vor UN-Klimakonferenz auf Bali zur Eile

Die Europäische Union drängt beim Klimaschutz zur Eile: Bei der UN-Klimakonferenz auf Bali im Dezember will die EU die internationale Gemeinschaft bis 2009 auf einen Nachfolgevertrag für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll verpflichten. Auf ein entsprechendes Mandat einigten sich die EU-Umweltminister in Luxemburg, wie der portugiesische EU-Ratsvorsitz mitteilte. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) rief die EU zum höchstmöglichen Einsatz auf, um Skeptiker wie die USA oder Indien mitzuziehen.

Bei der UN-Klimakonferenz vom 3. bis 14. Dezember auf der indonesischen Insel Bali sollen sich nach Vorstellung der EU erstmals auch Schwellenländer wie Indien oder China zum Klimaschutz verpflichten. Die EU bietet in diesem Fall an, ihre Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent zu reduzieren und nicht nur um 20 Prozent. Nach Gabriels Vorstellung sollte die EU dies verpflichtend zusagen, sobald Bali ein klares Mandat für die Klima-Verhandlungen ergebe und nicht erst beim Abschluss der Gespräche. Damit durchbreche die EU das "Mikado-Spiel, wo der erste verloren hat, der sich bewegt", sagte Gabriel.

Offen ist, inwieweit die Vereinigten Staaten beim Kampf gegen Treibhausgase mitziehen. Gabriel zeigte sich zuversichtlich, "dass die USA die Aufnahme von Verhandlungen am Ende nicht blockieren werden". Die USA stehen für rund ein Viertel des weltweiten Ausstoßes an Kohlendioxid (CO2). Der scheidende US-Präsident George W. Bush gilt als erbitterter Gegner des Kyoto-Protokolls.

Gabriel wies darauf hin, dass Entwicklungsländer wie Indien "noch sehr auf Distanz" zu den ehrgeizigen EU-Klimazielen seien. "Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, auch unter dem Druck der Öffentlichkeit die Verhandlungen zu starten." Um Indien, China und andere auf rasantes Wachstum setzende Schwellenländer beim Kampf gegen den Klimawandel ins Boot zu holen, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor ihrer Indien-Reise vorgeschlagen, arme und reiche Nationen sollten pro Kopf gleich viel CO2 ausstoßen dürfen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kam in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass der geplante Neubau von Kohlekraftwerken die Klimaschutzziele vieler europäischer Staaten gefährde. Allein in Deutschland seien 33 von europaweit 68 Kohlekraftwerken geplant oder bereits im Bau.

Greenpeace: Keine Ausreden mehr

Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace gibt der Report Grund zur Besorgnis. "Wer sich jetzt noch weigert die CO2-Notbremse zu ziehen, setzt das Leben unzähliger Menschen und Tiere aufs Spiel. Ausreden lässt dieser Bericht nicht mehr zu", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne. Die Staatengemeinschaft solle in den kommenden zwei Jahren ein internationales Klimaschutzpaket vereinbaren, das Industrieländer verpflichtet, ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern.

Handlungsvorgabe für Bali-Verhandlungen

Das Dokument gibt eine knappe politische Bewertung, welche die Regierungen bei ihrer Klimapolitik in den kommenden fünf Jahren leiten soll. Die Daten des Weltklimarats liefern wissenschaftliche Grundlagen für die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen des Klimaschutzprotokolls von Kyoto, die am 3. Dezember auf der indonesischen Insel Bali beginnen. Dort soll eine zweijährige Verhandlungsperiode verabredet werden.

Die Industrienationen hatten sich in Kyoto verpflichtet, zwischen 2008 und 2012 die Emission klimaschädlicher Stoffe wie Kohlendioxid (CO um fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die USA und aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China sind dem Abkommen nicht beigetreten.
(APA)