Der Emissionshandel als Schlagwaffe
von Hermann Scheer
Das Emissionsrecht: Eine Perversion
Das Kyoto-Protokoll zum Weltklimakurs ist am 16.Februar 2005 in Kraft getreten. Dies wurde weltweit
gefeiert, nicht zuletzt von den Umweltorganisationen, als sei nun eine Zeitenwende eingetreten.
Doch etwas mehr kritische Distanz dazu ist angebracht. Das Kyotoprotokoll enthält äußerst
magere Verpflichtungen zum Klimaschutz, die auch noch durch die "flexiblen Instrumente" vielfach
umgangen werden können.
So haben allein Russland und die Ukraine zusammen 1,4 Mrd.Tonnen "Emissionsrechte", die sie gegenwärtig nicht ausschöpfen und größtenteils verkaufen können. Und da es billiger ist, diese zu kaufen statt für erneuerbare Energien oder für Effizienzsteigerungen zu investieren, sind die Einkäufer schon unterwegs.
Der "Emissionshandel" droht zur Schlagwaffe gegen Erneuerbare Energien
zu werden. Es ist deshalb nicht nur höchste Zeit, die "Philosophie", die mit dem Begriff "Emissionshandel"
einhergeht, als eine Denkperversion zu erkennen.
Dieser Terminus führt zu einer moralischen Rechtfertigung von Emissionen, obwohl diese durch den
Wechsel zu Erneuerbaren Energien gänzlich vermeidbar wären.
Am besten läßt sich das durch einen Vergleich verdeutlichen.
Produktion und Handel harter Drogen sind fast überall illegal.
Was wäre, wenn man, um der "effektiveren" Eindämmung
willen (und um Drogenprozenten und händlern einen wirtschaftlichen Anreiz zu geben) weltweit und
analog zum Kyotoprotokoll die Drogenproduktion um 5 % bis 2012 limitieren und gleichzeitig zertifizierte
und handelbare Produktionsrechte vergeben würde?
Dadurch würde das Drogengeschäft auch unter kontrollierten arbeitsrechtlichen Bedingungen
stattfinden, und der Staat nimmt zusätzliche Steuern ein.
Pragmatisch lässt sich alles begründen - doch mit welchen Folgen?
Oder nehmen wir den Menschenhandel:
Was wäre, wenn der Menschenraub in limitierter Zahl zunächst,
wie beim Kyoto-Protokoll die Emissionen der Industrieländer - zugelassen und diese Quote handelbar
würde, als wirtschaftliche Anreize zu "effektiven" Eindämmung? Und es die Lage der betroffenen
Menschen verbessern würde?
Die Fragen zeigen, wie sehr sich eine Weltexpertengemeinde in ihren Hymnen auf den Handel mit "Emissionsrechten" verrannt hat, der schon als Schlagwaffe gegen Fördergesetze für Erneuerbare eingesetzt wird.