EU Klimagipfel
Die wichtigsten Beschlüsse des Gipfels.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich bei ihrem Frühjahrsgipfel in Brüssel auf wegweisende Zielsetzungen in der EU-Klimaschutz- und Energiepolitik geeinigt.
Abbau von Treibhausgasen:
Die EU macht eine "starke unabhängige Zusage, eine Reduktion von mindestens 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 im
Vergleich zu 1990 zu erreichen". Gemeinsam mit internationalen Partnern will die EU im selben Zeitraum 30 Prozent der Klimakiller abbauen.
Für 2050 wird eine gemeinsame Reduktion von 60 bis 80 Prozent der Treibhausgase angepeilt.
Abschied von der Glühbirne:
Der Überraschungscoup des Gipfels, der Folgen für jede Wohnung haben wird. Spätestens 2009 wollen die EU-Staaten neue
Regeln für effiziente Beleuchtung auch in Privathaushalten festlegen. Auch bei der Beleuchtung von Straßen und Büros sollen
sparsamere Lampen vorgeschrieben werden.
Erneuerbare Energien:
Dies war der große Streitpunkt des Gipfels. Um ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und damit von Importen aus politisch als
unsicher eingeschätzten Ländern zu reduzieren, will die EU stärker auf erneuerbare Energie setzen. Dies soll dem Klimaschutz dienen.
Bis 2020 soll ein Fünftel des EU-Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind und Wasser oder auch
Biomasse gewonnen werden. Dieses Ziel wurde verbindlich festgeschrieben. Allerdings müssen nun noch alle Staaten ihren
nationalen Zielen zustimmen, die auf ihre jeweilige Situation abgestimmt werden sollen. Dabei soll auch die Nutzung von
Atomkraft berücksichtigt werden. Weil jedes Land seinem Ziel zustimmen muss, werden darüber lange, schwierige
Verhandlungen in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Bislang hat sich die EU ein Ziel von zwölf Prozent für erneuerbare
Energie 2010 gesetzt, das sie aber wohl verfehlen wird.
Atomkraft:
Der EU-Gipfel "nimmt Kenntnis von der Einschätzung der Kommission, was den Beitrag der Kernenergie als Antwort auf die
zunehmende Besorgnis bezüglich der Energieversorgungssicherheit und der CO2-Emissionsreduzierung betrifft, wobei jedoch
sichergestellt werden muss, dass die Nuklearsicherheit bei der Entscheidungsfindung an oberster Stelle steht". Gleichzeitig
wird bestätigt, "dass es Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats ist, zu entscheiden, ob er Kernenergie einsetzt".
Der EU-Gipfel betont, "dass gleichzeitig die nukleare Sicherheit und die Entsorgung radioaktiver Abfälle
verbessert werden müssen". Zu diesem Zweck soll insbesondere die Forschung im entsprechenden EU-Rahmenprogramm
unterstützt werden, die Einsetzung einer hochrangigen Gruppe "Nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung" wird in Betracht gezogen.
Außerdem soll eine "breite Diskussion" aller Interessengruppen über die Möglichkeiten und Risiken der Nuklearenergie geführt werden.
Biosprit:
Die EU vereinbart ein "verbindliches Mindestziel in Höhe von zehn Prozent für den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten
verkehrsbedingten Benzin- und Dieselverbrauch in der EU bis 2020". Der verbindliche Charakter sei angemessen, vorausgesetzt, die
Erzeugung sei nachhaltig und Biokraftstoffe der zweiten Generation stünden kommerziell zur Verfügung, betont der EU-Gipfel.
Verkehr:
Auf Drängen Österreichs wurde ein Vorstoß für eine höhere Lkw-Maut aufgenommen. Im Zusammenhang mit dem
Klimawandel seien Schritte erforderlich, "um die Umweltverträglichkeit des europäischen Verkehrssystem zu erhöhen". Der
Gipfel verweist ausdrücklich auf die Arbeit der EU-Kommission in Bezug auf die Einbeziehung externer Kosten in die
Wegekosten-Berechnung. Angesichts der "zentralen Rolle des Emissionshandels" bei der langfristigen Strategie der EU zur
Verringerung der Treibhausgasemissionen fordert der Europäische Rat die Kommission auf, das Emissionshandelssystem
der EU "rechtzeitig zu überprüfen, um mehr Transparenz zu erreichen und das System zu stärken und beispielsweise auf
Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft sowie auf den Landverkehr auszudehnen."
Wettbewerb auf den Gas- und Strommärkten:
Die EU will sicherstellen, dass die geltenden Binnenmarktvorschriften uneingeschränkt umgesetzt werden. Die "wirksame
Trennung der Versorgung und Erzeugung vom Betrieb der Netze (Entflechtung)" soll "auf der Grundlage unabhängig
organisierter und angemessen regulierter Strukturen für den Netzbetrieb" sichergestellt werden. Damit ist die umstrittene
eigentumsrechtliche Zerschlagung von Energiegiganten nicht mehr als Option genannt. Der Gipfel folgte dieser Forderung
der EU-Kommission nicht, denn Deutschland und andere Staaten sind dagegen. Der Gipfel legte sich nicht auf konkrete
Schritte fest und bat die Kommission um weitere Vorschläge. Die Regierungschefs machten aber deutlich, dass die
Netze unabhängig betrieben werden müssen, um einen fairen Zugang neuer Anbieter und damit mehr Wettbewerb
zu gewährleisten. Der Streit ist damit vertagt. Zugleich bekommen die Energieriesen Gelegenheit, die Kritik an zu hohen
Netzgebühren etwa durch offene, grenzüberschreitende regionale Netze zu stoppen.
(Reuters/APA)