Kalifornische Wissenschaftler raten zum Ausbau erneuerbarer Energien
4.01.2006

Auch wenn der Streit um die Erdgaslieferungen zwischen Russland und der Ukraine beigelegt ist, zeige der Vorfall, dass unsere derzeitige Energieversorgung auf tönernen Füßen steht.

Dem wachsenden Druck auf die Erdgaspreise könne jedoch durch den Ausbau erneuerbarer Energien wirksam begegnet werden. Zu diesem Ergebnis komme auch eine aktuelle volkswirtschaftliche Studie der Universität Berkeley (USA).

Danach kann der Ausbau erneuerbarer Energien die Nachfrage nach Erdgas und damit auch die Preise senken. Zehn Prozent Stromerzeugung zusätzlich aus Erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) könnten den Gaspreis in den USA ab Förderstelle um zehn Prozent reduzieren. Dabei wirkten sich zwei Effekte aus: Kurzfristig sei vor allem von Bedeutung, dass ein Energieträger mit variablen Preisen durch Energiequellen mit stabilem Preis ersetzt würde. Dies senke die Risiken direkt. Längerfristig senke die geringere Nachfrage nach Erdgas die Preise auf der Angebotsseite.

Erneuerbare senken Erdgasnachfrage auch in Deutschland

Dass der Ausbau erneuerbarer Energien die Erdgasnachfrage auch in Deutschland senken kann, zeigen laut Informationskampagne die Szenarien der dena-Netzstudie. Der Ausbau der Windenergie bis 2015 führt demnach zu einem um 20 bis 80 Prozent geringeren Gasverbrauch als ohne Windenergie. Schon heute stellen erneuerbare Energien eine tragende Säule der Energieversorgung in Deutschland dar. Die heimischen Energiequellen Wind, Wasser, Sonne, Erdwärme und Biomasse deckten nach Angaben des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) im vergangenen Jahr bereits einen Anteil von rund 6,4 Prozent am Endenergieverbrauch; er lag damit erstmals über dem der Kernenergie (5,7 Prozent). Zudem haben erneuerbare Energien laut BEE Energieimporte im Wert von über 3 Milliarden Euro vermieden.

Erneuerbare können bis Jahrhundertmitte mehr als die Hälfte unserer Energie liefern Erneuerbare Energien haben ein beachtliches Potenzial, um Kohle, Öl, Gas und Uran zu ersetzen, so die Informationskampagne. Das sei längst durch Studien belegt. So habe die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags bereits 2002 festgestellt, dass bis zur Mitte dieses Jahrhunderts mehr als die Hälfte unserer Energie aus Erneuerbaren Energieträgern stammen kann. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Gemeinschaftsstudie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Wuppertal-Institut und ifeu-Institut aus dem Jahr 2004. Untersuchungen, die geringere Anteile erneuerbarer Energien prognostizieren, gingen teilweise von sehr niedrigen Preisen für konventionelle Energien aus, heißt es in der Pressemitteilung. So nehme die EWI/Prognos-Studie "Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030" an, dass der Ölpreis bis 2030 auf real 37 Dollar steige. "Eine angesichts der derzeitigen Preisentwicklung eher unrealistische Annahme", betont die Informationskampagne für Erneuerbare Energien.

"Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Energie auf Dauer bezahlbar zu halten, müssen wir unsere Energieversorgung zwingend auf heimische erneuerbare Energien umstellen“, resümiert Dr. Simone Peter, Leiterin der Informationskampagne für Erneuerbare Energien in Berlin.

weiter

Hintergrundinformation

Kann der Einsatz Erneuerbarer Energien die Erdgaspreise drücken?
In den letzten Jahren haben in den USA die Bedenken über den Preis und das Angebot von Erdgas zugenommen. Für die nahe Zukunft sagen die Terminmärkte hohe Preise und erhebliche Preisschwankungen voraus. Ob wir Zeugen des Beginns einer großen, landesweiten und langfristigen Krise werden oder von einer kostspieligen, aber kurzfristigen Angebots- Nachfrage-Anpassung, bleibt abzuwarten.

Die in dem Artikel vorgestellten Ergebnisse legen nahe, dass eine Ressourcendiversifizierung, insbesondere die verstärkte Investition in Erneuerbare Energien, dazu beitragen könnte, kurzund langfristig die Bedrohung durch hohe Gaspreise zu verringern. Es wird erwartet, dass der vermehrte Einsatz Erneuerbarer Energien die Erdgasbefeuerte Energieerzeugung ersetzt, dadurch die Nachfrage nach Erdgas verringert und in der Konsequenz die Erdgaspreise drückt. Die vergleichende Betrachtung der volkswirtschaftlichen Literatur zeigt, dass dieser Nebeneffekt zu erwarten ist und mit der umgekehrten Preiselastizität des Erdgasangebotes gemessen werden kann. Die Formen der kurz- und langfristigen Angebotskurven lassen erwarten, dass die langfristige Reaktion weniger bedeutsam ist als die kurzfristige. Diese Erdgaspreisreduktion muss nicht ausschließlich zu einer Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Wohlstands führen, sie kann teilweise Vorteile für Erdgasverbraucher bringen, die auf Kosten von Erdgasanbietern gehen.

Die herkömmliche Volkswirtschaftslehre unterstützt nicht allgemein staatliche Interventionen aus dem alleinigen Grund der Verschiebung der Nachfragekurve für Erdgas zur Reduktion der Gaspreise. Wenn sich Politiker allerdings um die Auswirkungen der Gaspreise auf die Verbraucher sorgen oder um die möglicherweise schädlichen makroökonomischen Auswirkungen hoher Gaspreise oder steigender Erdgasimporte, dann könnten Maßnahmen zur Reduktion der Gasnachfrage als richtig angesehen werden. Außerdem muss erwähnt werden, dass die Risikominderung durch dieses sekundäre Gaspreis-Drücken zusätzlich zum Ersatz des variabel-gepreisten Erdgases durch preislich stabile Erneuerbare Energien erfolgt. Eine große Anzahl jüngst durchgeführter Modellierungs-Studien in den USA evaluiert zumindest implizit den Preisdruck-Effekt. Obwohl diese Studien bei gleichem Basismodell eine verhältnismäßig große Spannbreite umgekehrter Preiselastizitäten beim Erdgasangebot aufzeigen, weisen viele Studien jedoch einige zentrale Tendenzen auf. Aus dem Vergleich dieser Ergebnisse mit anderen Modellierungsergebnissen und empirischer Literatur, schließen wir, dass viele der Studien zum Einfluss Erneuerbarer Energien auf den Gaspreis diesen Effekt begründet dargestellt haben.

Auf Grundlage der in diesem Artikel zusammengefassten Daten kommen wir zu dem Schluss, dass jedes Prozent Reduktion in der Gas-Nachfrage der USA zu einer vernünftig begründbaren durchschnittlichen Langzeit-Preisreduktion ab Förderstelle von 0,8-2 Prozent führt, wobei einige Studien stärkere Reduktionen vorhersagen. Preissenkungen ab Förderstelle werden nicht nur den Effekt niedrigerer Preise auf der Ebene des Elektrizitätsgroß- und -Einzelhandels haben, sondern sie werden ebenso die Gasrechnungen für private, kommerzielle und industrielle Verbraucher senken. Die geringere Gasrechnung für die Verbraucher wird, konservativ geschätzt, einem Wert von 7,50 - 20 US-Dollar je zusätzlich eingespeister Megawattstunde Erneuerbarer Energie entsprechen. Ein Anteil von 10 Prozent Erneuerbarer Energien (ohne Wasserkraft) an der US Elektrizitätsversorgung würde den Gaspreis ab Förderstelle um ganze 10 Prozent senken. Wenn diese Effekte im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt würden, wären die Bemühungen für den Ausbau Erneuerbarer Energien deutlich stärker.