„Solaranlage auf jedem Dach“

Nobelpreisträger fordert Investitionen in erneuerbare Energie

300 führende Wissenschaftler in der Solarzellen-Forschung versammelten sich in der vergangenen Woche in Linz, um zu beraten, wie die Technologie möglichst schnell konkurrenzfähig gemacht werden kann. Stargast der Veranstaltung in der Johannes Kepler Universität war Chemie-Nobelpreisträger Alan Heeger, Professor an der University of California in Santa Barbara und Mentor des an der Johannes Kepler Uni forschenden Professors Niyazi Serdar Sariciftci. Heeger skizzierte für die Rundschau eine strahlende Zukunft.

Derzeit wird noch sehr wenig Strom aus Sonnenenergie erzeugt, weil die Fotovoltaikzellen zu teuer für den breiten Einsatz sind.
Die derzeit vorhandenen Siliziumzellen sind in der Tat sehr teuer. Aber wir müssen in unserer Gesellschaft Sonnenenergie nutzen. Wir müssen verstehen, dass die Konsequenzen eines weiterhin so hohen Kohlendioxidausstoßes ganz einfach nicht tolerierbar sind. Deshalb müssen wir einerseits billigere Solarzellen entwickeln, andererseits aber auch die zur Verfügung stehende, teurere Technologie einsetzen und lernen, wie man ein Geschäft daraus macht, um uns so von unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu befreien und um den Ausstoß von Schadstoffen und Treibhausgasen zu stoppen oder zumindest radikal zu beschneiden.

Aber wie lange dauert es noch, bis der breite Einsatz von Fotovoltaik wirtschaftlich Sinn macht?
Meiner Ansicht nach macht es bereits jetzt Sinn. Ich habe eine Fotovoltaikanlage mit herkömmlicher Siliziumtechnik auf meinem Haus installiert. Es ist wundervoll. Wenn die Sonne aufgeht, läuft der Stromzähler rückwärts und meine Stromrechnung ist fast auf Null gefallen. Es wird aber zehn Jahre und mehr dauern, bis es sich rentiert, das ist einfach zu lange. Deshalb müssen wir die Kosten um den Faktor fünf oder zehn reduzieren. Und wenn es jetzt für den Einzelnen zu teuer ist, sollte ihn die Regierung unterstützen, so dass wir mit dem Übergang beginnen können. Wir müssen die erneuerbare Energie jetzt implementieren. Wir sollten jetzt dafür zahlen, später kostet es uns viel mehr. Die Länder, Städte, Unternehmen, die zuerst auf Sonnenenergie setzen, werden am meisten profitieren. Österreich könnte ein Beispielland sein. Schauen Sie sich Silicon Valley an, das ist auch so ein kleines Gebiet. Es zeigt: Erfolg hat nichts mit der Zahl der Einwohner eines Gebiets zu tun, sondern mit der Konzentration auf ein Thema, auf finanzielle Mittel. Im Bereich Sonnenenergie, erneuerbare Energien sind die zwei Länder, die den Weg vorzeigen, Deutschland und Japan. Keiner der beiden Staaten hat viel Sonne, aber die Regierungen dort unterstützen das mit ganzer Kraft, schaffen damit einen neuen Industriezweig, neue Jobs und Nutzen für alle.

Wann werden wir Fotovoltaikzellen kaufen können, die um den Faktor fünf oder zehn billiger sind?
Das passiert nicht, bevor sie nicht in Großserie produziert werden. Es wird in den nächsten fünf Jahren so weit sein. Wir werden die ersten Anwendungen der Plastik-fotovoltaikzellen aber schon bald sehen, vielleicht sogar heuer, in Batterie- oder Laptop-Ladegeräten. Sie haben viele Vorteile: Sie sind sehr leicht und biegsam. Dadurch eröffnen sich neue Anwendungsmöglichkeiten. Man kann diese Solarzellen auf Kleidung anbringen, auf einem Zelt und auf Dächern.

Eine strahlende Zukunftsvision – aber die Sonne scheint ja nur tagsüber.
Wir haben die Sonne am Tag, Windkraftwerke liefern mehr Energie in der Nacht. So kann man vieles ausgleichen.

Jedes Haus hat eine Fotovoltaik-Anlage am Dach – ist das Ihre Vision?
Eine große Vision, ich hoffe, das passiert bald. Zusätzlich müssen wir große Fotovoltaik-Kraftwerke haben .

Die USA haben viele Visionäre wie Sie hervorgebracht, aber bei der Vision eines Umstiegs auf erneuerbare Energie hapert es gerade in Ihrem Heimatland.
Die USA haben hier keine Führungsrolle übernommen. Das ist traurig. Ich hoffe, dass die USA nach der Präsidentenwahl eine aktivere Rolle spielen. Aber ich bin etwas enttäuscht darüber, dass in den Aussagen der Kandidaten wenig Betonung auf dieses Thema gelegt wird.