Alle Anteile an Wiens erstem Bürger-Solarkraftwerk sind verkauft
01.03.2012
Reges Interesse an Wiens erstem Solarkraftwerk mit Bürgerbeteiligung:
Wien-Eergie wird 2012 ihr erstes Solarkraftwerk in Betrieb nehmen.
Das Finanzierungsmodell sieht vor, Anteile am Kraftwerk - in der
Stückelung eines Solarpanels - zu kaufen und an die Stadtwerke zu vermieten. Dafür erhält man eine jährliche Rendite von 3,1%.
Nach Ablauf der Lebensdauer der Anlage nach etwa 25 Jahren kauft Wien Energie die Photovoltaik-Module (zu welchem Preis?) zurück
und der Beteiligungsbetrag fließt zur Gänze an die Bürgerinnen und Bürger retour.
Die Laufzeit beträgt mindestens fünf Jahre, wobei es eine Möglichkeit zur vorzeitigen Kündigung - (wer kann kündigen, die
Stadtwerke und/oder der Investor, und zu welchen Konditionen?) - gibt.
Diese Fragen, die leicht mit einem Telefonanruf zu klären sind, könnten noch kaufentscheidend sein. Interessanter als die Ankündigung selbst, sind jedoch die Reaktionen der Zeitungsleser.
Unter der Voraussetzung, dass jemand nur ein Kommentar schreibt, der dazu negativ eingestellt ist, ist es nicht verwunderlich, dass die
meisten Kommentare ebenfalls negativ sind.
Aber geprüft werden sollte lediglich der Umstand ob das Angebot irreführend und damit strafrechtlich relevant ist. Ob jemand ein
Angebot annimmt oder ablehnt hat letztlich jeder zu entscheiden.
Die meisten Kommentatoren machen sich mehr oder weniger sachkundig, über die mangelnde Wirtschaftlichkeit oder die Umweltbelastung bei der Entsorgung nach Ablauf der Lebensdauer, Sorgen. Dies ist aber irrelevant - allein das Angebot zählt. Jeder muss für sich selbst entscheiden ob wirtschaftliche oder ökologische Gründe bzw. sogar beide für seine Kaufentscheidung relevant sind.
Nicht widersprochen wird dem Grundsatz: Kein Unternehmen macht etwas ohne Grund.
Diesen Grund herauszufinden ist ungleich schwieriger als die Beurteilung des Angebots.
Dazu ist ein Ausflug in die Geschichte der Photovoltaik notwendig:
Der photoelektrische Effekt wurde bereits im Jahre 1839 von dem französischen Physiker Alexandre
Edmond Becquerel entdeckt. Über viele Entwicklungsschritte hinweg führte in den 1960er und 1970er Jahren die Nachfrage aus der
Raumfahrt zu entscheidenden Fortschritten in der Entwicklung von Photovoltaikzellen.
Ursprünglich als Nischenprodukt gedacht galten „Vordenker“, die eine Stromversorgung prophezeiten, als Spinner die weitab jeglicher
Realität einer Wunschvorstellung nachhingen.
Durch die Energiekrise und Umwelteinflüsse der konventionellen Energieaufbringung erfolgte jedoch einer Sensibilisierung zu diesen Problemen.
Wind, Wasser, Biomasse Geothermie sind nicht unbeschränkt nutzbar, übrig bleibt nur die Sonne.
Zugegebenermaßen zu vorerst hohen Kosten, aber da die Entwicklung eines neuen Produkte bis zur Marktreife ungefähr 100 Jahre
beansprucht, steckt in der Photovoltaik noch hohes Entwicklungspotential.
Die großen Energiekonzerne haben die Gefahr, die von der Photovoltaik ausgeht natürlich längst erkannt und eine wirksame
Gegenstrategie ergriffen. Photovoltaik ist eine kleinräumige Struktur der Stromerzeugung und entzieht sich allzu leicht dem
Konzerneinfluss und den Gehältern ihrer Manager.
Mit dem Argument die Photovoltaik könne niemals die Energie bereitstellen, verursache für den Einzelnen hohe Kosten und das Geld wäre woanders besser aufgehoben. Die Politik tat natürlich den Rest indem restriktive Gesetze erlassen wurden, die eine zügige Entwicklung vorangetrieben hätte. Eine Umwegrentabilität, wie die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen wurde nicht einmal andiskutiert.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist relevant: Die Industrie entwickelt nur neue Produkte von denen sie sich in absehbarer Zeit Gewinne verspricht. Dies war jedoch bei der Photovoltaik lange Zeit nicht der Fall.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Anstoß für den Einsatz der Photovoltaik von unten kam.
Für mich liegt die Beschäftigung mit der Photovoltaik bereits 20 Jahre zurück.
Jetzt war die Büchse der Pandora geöffnet, die Photovoltaik konnte nicht mehr eingefangen werden. Heute kann es sich kein
Energieversorgungsunternehmen mehr leisten der Photovoltaik ablehnend gegenüber zu stehen. Sie haben den Aufsprung auf den
abgefahrenen Zug gerade noch geschafft.
Gerade noch, weil sich bereits einige Bürgerbeteiligungsgesellschaften, die auch von einzelnen Gemeinden getragen werden, gegründet haben.
Diese haben jedoch nicht den finanziellen Hintergrund wie die Wien-Energie.
Ein Wort zu den Förderungen:
Der Preis für die kWh Photovoltaikstrom kann natürlich mit dem Strom der aus der Steckdose kommt nicht mithalten.
Jede andere Form der Stromerzeugung muss ebenfalls - zumindest verdeckt - gefördert werden.
Hinter jeder Förderung steht ein übergeordnetes Interesse - Bergbauern, Sicherheitstüren, Feuerwehr, Rettung, Photovoltaik,
Wärmedämmung und so weiter. Begrenzt soll die Förderhöhe dann werden, wenn die Gefahr einer Überförderung besteht.
Österreich hat sich gegenüber der EU verpflichtet seinen Anteil an Ökostrom zu erhöhen, bei einer Verfehlung des Ziels drohen Strafzahlungen.
Es ist bereits jetzt klar, das das Ziel verfehlt wird, da die höhere Ökostromerzeugung die Stromverbrauchssteigerung nicht wettmachen kann.
siehe auch:
Ist Photovoltaikstrom überfördert?
Es ist jedem Unternehmen zuzugestehen, dass es mit seiner Geschäftstätigkeit Gewinne macht, sonst würde es ja in Konkurs gehen.
Wie schon oben gesagt, niemand muss das Angebot der Stadtwerke annehmen.