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Alte und neue Konflikte um erneuerbare Energien
von Irm Pontenagl (Eurosolar-International)

Seit Jahren werden laufend neue Studien in den Meinungsmarkt gestreut, die alles in Frage stellen, was das EEG ausmacht.

Es würde Unheil für die Volkswirtschaft bringen, statt neue Chancen. Die Kosten für Erneuerbare Energien würden ins Unermessliche steigen, statt tendenziell zu sinken. Per saldo würde es Arbeitsplätze kosten statt bringen.
Der weitere Ausbau der Windkraft würde die Versorgungssicherheit gefährden und sogar zur Gefahr von "black-outs" führen. Nicht einmal die Umwelt würde wirklich geschützt, weil die konventionellen Kraftwerkskapazitäten ständig als Reserve und "unter Dampf" bereitstehen müssten. Andere Maßnahmen zur Emissionsminderung wären wesentlich kostengünstiger, insbesonders das Instrument des Emissionshandels.
Den von den Stromkonzernen angemeldeten Bedarf an neuen Großkraftwerken - allein 40.000 MW in Deutschland - könnten die Erneuerbaren Energien sowieso nicht ersetzen.

Forschungsgelder in beträchtlicher Höhe werden in den Fusionsreaktor ITER gesteckt, der aber die Energieprobleme der Zukunft nicht lösen kann.

Die beiden Meinungsführer in der gedruckten Medienlandschaft - die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und der "Spiegel" - setzten sich öffentlich an die Spitze der Gegenbewegung. Vor allem in den Wirtschaftsseiten der Zeitungen und in den Wirtschaftsmagazinen gab es zahllose "Geräuschverstärker".

Als die EEG-Novelle schließlich unter Dach und Fach war, weil sich die beiden Regierungsfraktionen der SPD und der Grünen im Bundestag nicht irritieren ließen, trat in der "Szene" der Erneuerbaren Energien allgemeine Beruhigung ein. Die "Renewables 2004"-Konferenz bestärkte das neue Sicherheitsgefühl. Es ist sogar so groß, daß viele gar nicht wahrnehmen oder nicht ernstnehmen, daß die Kampagne gegen das EEG keineswegs nachgelassen hat. Die Negativkommentierung der Wirtschftspresse hält unverändert an. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht auf einer der zahllosen Wirtschaftstagungen oder der von der Energiewirtschaft veranstalteten Konferenzen die Förderung Erneuerbarer Energien als Gefahr für den Wirtschaftsstandort oder als Wachstumsbremse denunziert wird. Das hohe Lied der Unverzichtbarkeit der Atomenergie wird wieder angestimmt. "Investitionssicherheit" für neue Großkraftwerke wird gefordert.

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Diese Kampagne setzt darauf, dass

  • ein Regierungswechsel im Jahr 2006 das EEG zu Grabe trägt oder wenigstens entscheidend verwässert und den Atomausstieg aufhebt, beginnend mit einer Laufzeiterlängerung;

  • die neue internationale Trendwelle, die Atomenergie wieder in den Vordergrund zu schieben, auch Deutschland ergreift;

  • das Bedürfnis nach mehr Wirtschaftswachstum, um damit aus der Beschäftigungskrise herauszukommen, den Druck auf die Regierung erhöht, den Stromkonzernen die "Rahmenbedingungen" für Großkraftwerksinvestitionen zu Lasten der Erneuerbaren Energien zu geben;
  • das am 16.Februar 2005 in Kraft getreten Kyoto-Protokoll, das nicht zuletzt von Umweltorganisationen überschwänglich gefeiert wurde, den Trend verstärkt, das EEG oder auch die Ökosteuer zugunsten des Emissionshandels aufzugeben;

  • "steter Tropfen den Stein höhlt, d.h. dass die breite Unterstützung in der Öffentlichkeit für Erneuerbare Energien allmählich schwindet.

    Dass die Regierungsfraktionen stabil geblieben sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Man denke nur an die dauernden Vorstöße Wirtschaftsminister Clements, mit denen er sich immer wieder zum Lautsprecher der Positionen der EEG-Gegner macht, ohne dass er hörbaren Widerhall in der SPD-Fraktion fand. Oder man denke an die Verlautbarungen des Öko-Instituts, aus denen herauslesbar ist, das EEG als ein Auslaufmodell zu betrachten und mit einem an den Emissionshandel des Kyoto-Protokolls angelehnten "Zertifikatshandel" für Erneuerbare Energien liebäugelt.

    Obwohl das Öko-Institut seit Jahren die Rolle des wissenschaftlichen Hauptberaters der Fraktion der Grünen spielt, fand das ebenfalls in dieser keinen hörbaren Widerhall.

    Die Unterstützung der allgemeinen Öffentlichkeit für das EEG ist unverändert hoch - und das, obwohl dies die Stromkunden sind. Sie zahlen die durch das EEG anfallenden Mehrkosten. Dennoch sind alle Versuche fehlgeschlagen, die Öffentlichkeit gegen das EEG aufzubringen. Zwar redet die Stromwirtschaft laufend von der Unzumutbarkeit dieser Mehrkosten, aber die Betroffenen beeindruckt das wenig. Sie wissen, wofür diese ausgegeben werden, und damit können sie sich mit überwältigender Mehrheit identifizieren.
    Aber die Stabilität dieser beiden Faktoren kommt nicht von selbst. Es muss dafür gearbeitet werden. Das heißt: die aktive und öffentliche Auseinandersetzung mit der Gegenbewegung darf nicht nachlassen. Sie muß sogar in dem Maße verstärkt werden, wie die Gegenbewegung ihre Kampagnen weiterführt.

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    Es ist das Kernverständnis von EUROSOLAR diese Auseinandersetzung zu führen. Dafür ist es notwendig, die gegen die Erneuerbaren Energien gerichteten Tendenzen zu erkennen und diese durchschaubar zu machen.

    Eine im Auftrag von EUROSOLAR erstellte Studie, die vom "Institute for Sustainable Solutions and Innovation" in Aachen erarbeitet wurde, widerlegt die Standardbehauptung, dass neue Großkraftwerke unverzichtbar seien. Die Verfasser der Studie sind Dr. Harry Lehmann, bevor er beruflich in das Umweltbundesamt als Fachbereichsleiter für Energiefragen wechselte, und Dipl.Ing. Stefan Peter. Ralf Bischof beleuchtete die Hintergründe der Debatte um die Stromnetze, die angeblich den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschränken. Er widerlegt darin eines der aktuellen Kampagneelemente gegen das EEG.

    Eike Schwarz zeigt anhand der Debatte um das neue Energiewirtschaftsgesetz, welche Strukturkonflikte dabei im Spiel sind. Es handelt sich um einen Konflikt, der in immer neuer Variation seit Jahrzehnten besteht, weil sich die hochkonzentrierten Stromunternehmen notorisch gegen jede Dezentralisierung der Stromerzeugung versperren.

    Ulrich Kelber, Bonner Bundestagsabgeordneter und neues Mitglied im deutschen EUROSOLAR-Vorstand, präsentiert ein von ihm konzipiertes "Top-Runner-Programm", eine ordnungpolitisch Maßnahme zur Steigerung der Energieeffizienz. Hans-Josef Fell, der bisherige Vorsitzende der deutschen Sektion von EUROSOLAR, der in das Amt des Vizepräsidenten von EUROSOLAR wechselt, unternimmt eine kritische Bewertung der aus der "Renewable 2004" hervorgegangenen "Politischen Netzwerks für Erneuerbare Energien".

    In welcher Weise das Kyoto-Protokoll benutzt wird, die erfolgreichen politischen Instrumente für die Einführung Erneuerbarer Energien außer Kraft zu setzen, zeigt der Vorabdruck aus dem neuen Buch von Hermann Scheer, das unter dem Titel "Energie-Autonomie" demnächst erscheinen wird.