Das atomare Riesenspielzeug für eine globale Apokalypse

Eigentlich müsste man jeden neuen Kernreaktor bejubeln

Löst er doch meistens einen alten ab, dessen Technologie in der Tat Schrecken erregend ist.
Außerdem: Im Normalfall ist Atomenergie die sauberste, sie verpestet keine Luft, sie verschmutzt kein Wasser, sie verschwendet keine enden wollenden Ressourcen. Und sie ist, so ketzerisch das klingt, statistisch gesehen relativ sicher.
Dennoch wird sie von einem Großteil der (informierten) Menschheit kategorisch abgelehnt. Und die Angst vor dem entfesselten Atom hat eine fast apokalyptische Dimension.

Dafür gibt es gute Gründe: Der Vorgang der so genannten Kernspaltung ist für technische Laien bis heute nicht wirklich nachvollziehbar. Nun wissen zwar auch die wenigsten, wie ein Laptop funktioniert, aber wenn ein solcher in Villach in Brand gerät, besteht in Helsinki keine Vergiftungsgefahr.
Womit wir bei der zweiten Eigenheit von atomarer Energiegewinnung wären: Anders als verseuchte Flüsse, anders als maritime Ölteppiche führt atomares Feuer zu einer Globalisierung des Unheils.
In Relation gesehen ist der Schaden für den Urheber am geringsten.
Ganz im Gegenteil: Die gewaltige Konzernstruktur der Atom-Industrie verzeichnet ein eskaliertes Kraftwerk als kleine Bilanzdelle. Nahrungsmittelmultis, die ihre Produkte industriell unter Dach erzeugen, dürfen mit Zuwächsen rechnen, während Biogärtner und Weidebauern sofort zu den großen Verlierern zählen.
Dass die Gefahr mit menschlichen Sinnen erst wahrnehmbar wird, wenn die Samen des Todes längst gelegt sind, ist der unheimlichste Aspekt. Das evolutionär geprägte Raub- und Fluchttier Mensch kann mit einem solchen Angriff auf seine Existenz nicht umgehen.
Dazu kommt, dass das Verweichen der Strahlung Fristen hat, die jede Vorstellungskraft übersteigen. So beträgt die Halbwertszeit von Strontium 87 rund 48,8 Millionen Jahre.

Nuklearenergie ist ein Riesenspielzeug, das der Mensch in die Hand genommen hat, ohne es wirklich in der Hand zu haben. Ärgerlich ist zudem, dass diese scheinbar unerschöpfliche Energie die Forschung nach anderen, zukunftssicheren Technologien lähmt.
Die Atomlobby selbst hat viel dazu beigetragen, die Angst zu schüren. Schon vor Tschernobyl war nach Unfällen in Harrisburg und Sellafield die Informationspolitik der Betreiber jener des Kreml ebenbürtig. Demokratie und öffentliche Geheimnisse vertragen einander aber nicht. - Deshalb wird diese Technologie noch lange nicht gesellschaftsfähig sein.
Quelle: Kleine Zeitung: Kommentar von Frido Hütter

Atomstrom-weltweit

16.600 Österreicher durch Tschernobyl radioaktiv verstrahlt

Nach Messungsdaten der OECD wurden in Österreich in den ersten drei Jahren 16.600 Menschen mit einem Sievert (ein Messwert für biologische Verseuchung mit radioaktiven Strahlen) belastet. Dabei handelt es sich um einen rein statistischen Wert. Die tatsächliche Belastung ist geringer, trifft jedoch weit mehr Menschen. Im Durchschnitt kann man aber davon ausgehen, dass etwa zehn Prozent dieser Kennziffer in den Folgejahren als Todesopfer zu beklagen seien - in Österreich wären es demnach 1.660.
Noch mehr Todesopfer in Italien und Deutschland
Noch mehr Tote hat Tschernobyl in Italien und Westdeutschland gefordert, wo nach dieser Rechnung 9.200 bzw. 6.000 Menschen der Katastrophe zum Opfer vielen oder noch fallen werden. Zwar war die Belastung der Länder nach den Messwerten der Kommission dort weniger stark. Weil der Regen aber anders als in Österreich nicht über den Bergen, sondern in Italien und Deutschland über den weit dichter besiedelten Stadtgebieten niedergegangen ist, wurden dort noch mehr Menschen getroffen.
Gesamte nördliche Erdhalbkugel betroffen
Insgesamt ist von 30.000 bis 60.000 Todesopfern in Folge der Katastrophe auszugehen. Die Konsequenzen nur an den Toten zu messen, greift jedoch zu kurz. Alleine in Weißrussland ist bis zum Ende des Jahrhunderts mit bis zu 66.000 Fällen von Schilddrüsen-Krebs zu rechnen. Viele Krebserkrankungen, die nicht zwingend tödlich enden, würden überhaupt erst zwanzig bis fünfzig Jahre nach dem Unglück ans Tageslicht kommen - etwa Brustkrebs, Magenkrebs oder Lungenkrebs.

Betroffen davon sind nicht nur Weißrussland und Russland, sondern die gesamte nördliche Erdhalbkugel. Ein Drittel des gesamten EU-Gebiets ist durch die Strahlenbelastung verseucht worden. In Österreich wurde 1996 bis 1998 noch auf 83 Prozent des Staatsgebietes eine erhöhte Strahlenbelastung (vier bis 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter) gemessen. Stark erhöht (über 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter) war die Belastung auf 13 Prozent des Staatsgebietes. Relativ betrachtet war damit ein größerer Teil des Landes kontaminiert als in der Ukraine selbst, wo zwar eine mehr als drei Mal so große Fläche, aber nur 6,3 Prozent des Landes verseucht wurden.
Entscheidend ist, wo der Regen in den ersten zehn Tagen nach der Katastrophe heruntergekommen ist. Neben den nordeuropäischen Ländern Schweden und Finnland war Österreich hier besonders stark betroffen.

Euratom-Vertrag ändern, keine Erhöhung der EU-Atomgelder

Im Gedenken an die unzähligen Opfer der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 20 Jahren ist ein Umdenken in der EU-Energiepolitik und damit verbunden eine Änderung des EURATOM-Vertrags notwendig.
Dieser Vertrag aus der Gründungszeit der EU schreibt die völlig ungerechtfertigte und einseitige Förderung der Nuklearenergie fest, und muss ein für alle mal abgestellt werden.
Innerhalb der EU will die Atomlobby nun 20 Jahre nach Tschernobyl eine Renaissance feiern und unter dem Deckmantel des Klimaschutzes den Neubau von AKWs voranzutreiben, dem muss sofort ein Riegel vorgeschoben werden. Auch die geplante Erhöhung des 7. EU-Rahmenforschungsprogramm ist völlig inakzeptabel. Diese Gelder werden für die Entwicklung neuer Reaktortypen verwendet, und das muss verhindert werden, denn die Zukunft muss den Alternativen Energieträgern gehören, in diese muss investiert werden, nicht in Atomreaktoren.

Die Atomenergie soll als klimafreundlich und somit umweltschonend verkauft werden. Was ja nicht stimmt, allein, wenn man sich die Uranerzeugung anschaut, von der Endlagerung ganz zu schweigen. Diese Energieversorgungsform 20 Jahre nach Tschernobyl als umweltfreundlich und zukunftsträchtig zu bezeichnen, verschweigt die damit zusammenhängenden Gefahren.

Atom-Förderung soll verdreifacht werden

In Graz wird über die Aufteilung des 7. EU-Rahmenprogramms für Forschung diskutiert. Mehr als 54 Mrd. Euro stehen zur Verfügung, die Mittel für das Euratom-Programm sollen erhöht werden. Die Grünen sehen einen "Riesenskandal".

Als "sensationelles Budget" bezeichnete Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) die mehr als 54 Mrd. Euro, die für das geplante 7. EU-Rahmenprogramm für Forschung vorgesehen sind. Beim EU-Wettbewerbsrat in Graz starten heute, Freitag, die Beratungen über die Aufteilung dieser Mittel, mit denen die EU in den Jahren 2007 bis 2013 von der Grundlagen- bis zur angewandten Forschung in den Mitglieds- und Beitrittsländern fördern will. Gehrer strebt eine endgültige Budgetverteilung noch unter österreichischer Präsidentschaft bis Ende Juni an.

60 Prozent mehr für Forschung

Mit 54 Mrd. Euro für das 7. Rahmenprogramm stehen zwar um 30 Prozent weniger Mittel zur Verfügung als ursprünglich von der Kommission gefordert (73 Mrd. Euro), dennoch liegt das Budget damit um 60 Prozent höher als im derzeit laufenden 6. Rahmenprogramm.

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Euratom-Mittel werden verdreifacht

Dass auch die Mittel für das Euratom-Programm im 7. Rahmenprogramm deutlich von bisher 1,2 auf 4,1 Mrd. Euro erhöht werden sollen, ändert nach Ansicht Gehrers nichts an der ablehnenden Haltung Österreichs gegenüber Atomkraftwerken. Einerseits würde sehr viel Geld in die - vergleichsweise unumstrittene - Fusionsforschung (Stichwort: der geplante Fusionsreaktor ITER) gehen. Andererseits wäre es "unverantwortlich, nicht in die Forschung für mehr Sicherheit von Kernreaktoren und die Entsorgung zu investieren", sagte die Ministerin.

Glawischnig: "Purer Zynismus"
Einen "Riesenskandal" stellt die Erhöhung der Mittel für das Euratom-Programm im 7. Forschungs-Rahmenprogramm von bisher 1,2 auf 4,1 Mrd. Euro für die Grünen dar. Dass Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) das Forschungsbudget als "sensationell" bezeichne und behaupte, die Aufstockung des Atomforschungsbudgets ändere nichts am Anti-Atom-Kurs Österreichs, sei "schlicht unfassbar", so die Grüne Umweltsprecherin Eva Glawischnig in einer Aussendung.

Gehrer sage "die glatte Unwahrheit, wenn sie behauptet, die Mittel würden für mehr Sicherheit ausgegeben", meinte Glawischnig. "Neben den Mitteln für die Kernfusion, die eine Fehlinvestition sind, weil die Kernfusion falls überhaupt erst im Jahr 2060 einen Beitrag zur Energieversorgung leisten kann, geht es dezidiert auch um die Entwicklung neuer Atomreaktoren". Damit unterstütze Gehrer "offen weitere Finanzspritzen in Milliardenhöhe für die Atomlobby, die ohne öffentliche Subventionen längst am Ende wäre". 20 Jahre nach Tschernobyl wäre dies "purer Zynismus und eine Bankrotterklärung für die Anti-Atom-Politik der Bundesregierung."

Stattdessen sollten Gelder in erneuerbare Energien und Energieeffizienz umgelenkt werden, forderte Glawischnig. Das Euratom-Forschungsprogramm müsse an das Ziel eines EU-weiten Atomausstiegs angepasst werden. Genau dazu sei Gehrer auch in einem Nationalratsantrag vom Jänner 2004 aufgefordert worden.

Kritik von Global 2000
Kritik an Gehrer kam auch von Global 2000. Es sei "absurd, wenn Ministerin Gehrer behauptet, die massive Aufstockung der Mittel für die Atomforschung im 7. Rahmenprogramm von 1,2 auf 4,1 Mrd. Euro würden nichts an der ablehnenden Haltung Österreichs gegenüber Atomkraftwerken ändern", hieß es in einer Aussendung. Mit dem Forschungsprogramm würden österreichische Steuergelder in die Atomkraft fließen. "Das ist ganz sicher nicht der Wille der Bevölkerung".
Quelle: diepresse v. 21.4.2006

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Uranvorkommen nicht unbegrenzt
Laut Greenpeace wird das Uranvorkommen bis spätestens 2070 ausgebeutet sein.

Dies geht aus einer Studie hervor, die Greenpeace letzte Woche in Berlin vorstellte. Die Organisation stützt sich dabei nach eigenen Angaben auf Daten der Konferenz für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Vor dem Hintergrund des Atomstreits mit dem Iran weist Greenpeace darauf hin, dass "Uran ein äußerst konfliktbeladener Rohstoff ist", weil er neben Plutonium einer der Grundstoffe für Atombomben sei. "Länder, die eine zivile Atomwirtschaft besitzen, verfügen auch über das technische Wissen zum Bau von Atombomben", warnt Greenpeace.
Die deutlich begrenzten Uranvorkommen zeigen der Umweltschutzorganisation zufolge aber auch, "dass Atomenergie nicht die Lösung für den Klimaschutz ist". Die Atomkraft decke derzeit rund sieben Prozent des weltweiten Energiebedarfs; würde dieser Anteil klimarelevant erhöht, wären die Uranressourcen noch schneller erschöpft. Völlig ausgeblendet werde in der Diskussion zudem die massive Umweltzerstörung, die mit der Gewinnung von Uran einhergehe. (Ag./Red)

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Die Rückkehr der Reaktoren
Klimaschutz und steigender Strombedarf machen die Nuklearenergie für die Befürworter wieder zur Option für Europas künftige Energieversorgung. Doch ob die klassischen Probleme wie Endlagerung und Kosten für Störfallbereinigung geklärt sind, ist nach wie vor zweifelhaft.

CDU fordert von Energiebranche Milliarden für längere AKW-Laufzeiten
Die Energiekonzerne sollen nach den Vorstellungen der Union als Gegenleistung für die Verlängerung der Laufzeiten ihrer Atomkraftwerke Milliardenbeträge aufbringen. "Es ist keine kaufmännische Leistung der Energieunternehmen, wenn sie aufgrund einer politischen Entscheidung zusätzliche Gewinne machen. Dafür kann die Politik auch eine Gegenleistung verlangen", sagte der umweltpolitische Sprecher der Union, Peter Paziorek (CDU).
Diese Beträge sollten dann in einen Fonds fliessen, aus dem die Absenkung der Strompreise für Industriekunden finanziert wird.

Ausstieg vom Ausstieg
Und so war Betriebsgenehmigung für das tschechische AKW Temelín möglicherweise der Anfang einer in mehrfacher Hinsicht strahlenden Zukunft der EU.
In Schweden wurde der Ausstieg aus der Atom-, pardon, in Befürworterkreisen natürlich Kernkraft, vorläufig auf Eis gelegt.
Die belgische Regierung überlegt, den schon beschlossenen Ausstieg wieder zurück zu nehmen.
Ähnliche Diskussionen laufen in Deutschland.
In Frankreich beschloss der Stromgigant Electricité de France (EdF) im Juni Vorstudien für den Bau eines European Pressurized Water Reactor (EPR). Laut Befürwortern soll dieser sogar den schlimmsten denkbaren Unfall, ein Schmelzen des Reaktorkerns, ohne nennenswerte Auswirkungen auf die Umwelt überstehen.
Im britischen Industrieministerium kursiert ein Strategiepapier, das für eine maßgebliche Rolle von AKW bei der Energieversorgung eintritt.
Finnland legt los, der Bau des Reaktors Olkiluoto sei unabdingbar, er soll 2010 in Betrieb gehen.
Gleich nebenan entsteht auch das erste Atommüllendlager der Welt, bestens geschützt unter 500 Meter dickem baltischen Urgestein. Tatsache ist, dass ein neuer AKW-Bauboom für die Nuklearindustrie kein schlechtes Geschäft wäre: Allein für den EPR Okliluoto 3 werden die Kosten mit rund 1,6 Milliarden Euro veranschlagt. Das Endlager nebenan kommt auf nochmals mindestens eine Milliarde.

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Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) warnt

Dass die Kernenergie nicht von derart strahlender Schönheit ist, bestätigt das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in einer aktuellen Studie. Zwar ließen sich mit einer Verdreifachung der derzeitigen Reaktorkapazitäten von derzeit 370.000 Megawatt auf rund eine Million Megawatt im Vergleich mit Kohlekraftwerken jährlich rund 1,8 Milliarden Tonnen Kohlenstoffäquivalent einsparen. Doch ob es zu einem derart massiven Ausbau komme, sei alles andere als sicher.
Nach wie vor seien "klassische" Probleme im Zusammenhang mit der Kernenergie ungelöst. Das gelte zumal für Endlagerung und der Gefahr, dass Nuklearmaterial in den Besitz von Personen oder Institutionen mit nicht eben philanthropischen Absichten gelange. Auch ist die Stromerzeugung in AKW um etwa ein Drittel teurer als die in Kohlekraftwerken und um etwa die Hälfte teurer als die in Gaskraftwerken. Begrenzt ist auch die Verfügbarkeit von Uran als Kernbrennstoff.
Für 1.000 Reaktoren zu je 1.000 Megawatt Leistung reichen die Vorkommen laut MIT 40 Jahre.

Wenig Freude
mit der möglicherweise anstehenden Rückkehr der Reaktoren hat auch Dr. Hans Kronberger, Vizepräsident von Eurosolar Austria und ehemaliger Abgeordneter zum EU-Parlament.
"Aggressiv wie die Hornissen" seien die Atomlobbyisten in den letzten zwei Jahren bei der EU herumgeschwirrt, hätten die Angst vor drohender Stromknappheit geschürt und die Gefahren der Atomkraft verharmlost. Durchaus erfolgreich, so Kronberger: "Bei der Atomkraft schlachtet die EU bedenkenlos ihre heiligste Kuh, den freien Wettbewerb, indem sie diese mit sechs Milliarden Euro pro Jahr subventioniert." Außerdem würden neue AKW, wenn schon in Europa, dann in dessen Osten gebaut. Dort sei wegen der herrschenden Armut kaum Widerstand zu erwarten.
Kronberger: "Das ist eine neue Art des Kolonialismus." Für "abstrus" hält er das Argument, für den steigenden Strombedarf seien neue AKW nötig: "In Deutschland geht die Leistung dreier Großkraftwerke für Standbyschalter von Elektrogeräten drauf. Zuerst einmal sollten wir die Energie effizienter und sparsamer einsetzen, bevor wir neue Kraftwerke bauen." Und wenn diese schon sein müssten, dann auf der Basis der "kostenlos verfügbaren" erneuerbarer Energieträger und unter Einbindung der Bevölkerung.
Kronberger: "Wir müssen die Menschen selbst entscheiden lassen, wie sie ihren Energiebedarf decken wollen.

" Ähnlich argumentiert die Wiener Klimaschutzexpertin Univ.Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb.
Atomkraftwerke dienten ausschließlich zum Decken des Strombedarfs. Der belaufe sich aber insgesamt nur auf gut ein Drittel der gesamten Energiebedarfs. Und selbst die IAEO habe ihre Bedenken gegen einen weltweiten massiven AKW-Ausbau, weil der Sicherheitsproblkeme mit sich bringe.
In einem weltpolitisch zunehmend durch Krieg und Terrorismus geprägen Umfeld sei es nicht eben ratsam, auf "Hochrisikotechnologien" wie die Atomkraft zu setzen. Denn absoluten Schutz vor Attacken gebe es nun einmal nicht.
Dezentrale Energieversorgungssysteme seien weniger verwundbar und weniger risikoanfällig.
Kromp-Kolbs Resümee: "Erneuerbare Energieträger, mehr Energieeffizienz sowie verstärkte Energiesparmaßnahmen sind jedenfalls bessere Möglichkeiten, das Klima zu schützen, als Atomkraftwerke."

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Stromausfall führt zu Bränden in Kapstadt
Der Ausfall eines Atomkraftwerks hat jetzt auch die südafrikanische Großstadt Kapstadt lahm gelegt. Rettungskräfte mussten Menschen aus stecken gebliebenen Aufzügen befreien.
Die Feuerwehr löschte in der Innenstadt zahlreiche kleinere Brände, berichtete die Nachrichtenagentur Sapa. Diese waren durch überlastete Notstromaggregate verursacht worden waren. In mehreren Wolkenkratzern der City ging das Licht aus. Auch Ampelanlagen waren ohne Strom.
Sprecher des außerhalb der Stadt gelegenen Koeberg-Kraftwerks sagten in den Medien, der Ausfall sei auf eine Panne bei Reparaturarbeiten zurückzuführen. Ein anderes Kraftwerk habe inzwischen die Versorgung der Stadt übernommen.
Das Koeberg-Kernkraftwerk ist derzeit das einzige in ganz Afrika. Es hat eine Leistung von 1800 Megawatt.

Deutsche für Atomausstieg

Die meisten Bundesbürger lehnen die von Union und FDP angekündigte Neubelebung der Atomenergie ab.
70 Prozent wollen am Atomausstieg festhalten, ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Greenpeace. 10 Prozent der rund 1000 Befragten sprachen sich aber dafür aus, den Ausstieg hinauszuzögern - das hatte die Union vorgeschlagen.
26 Prozent wollen den Ausstieg vorziehen und 34 Prozent treten für die Einhaltung der von Rot-Grün mit den Energiekonzernen abgeschlossenen Vereinbarung ein. Danach soll der letzte Atommeiler im Jahr 2021 abgeschaltet werden.
58 Prozent sprachen sich gegen ein - von der Union favorisiertes - Atommüll- Endlager in Gorleben aus.

Die Energiekonzerne sollen nach den Vorstellungen der Union als Gegenleistung für die Verlängerung der Laufzeiten ihrer Atomkraftwerke Milliardenbeträge aufbringen. "Es ist keine kaufmännische Leistung der Energieunternehmen, wenn sie aufgrund einer politischen Entscheidung zusätzliche Gewinne machen. Dafür kann die Politik auch eine Gegenleistung verlangen", sagte der umweltpolitische Sprecher der Union, Peter Paziorek (CDU).
Diese Beträge sollten dann in einen Fonds fliessen, aus dem die Absenkung der Strompreise für Industriekunden finanziert wird.

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Chef des Umweltbundesamtes warnt Union vor Wende in Atompolitik

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, hat die Union vor einem Kurswechsel in der Atompolitik gewarnt. Zugleich bezeichnete das CDU-Mitglied die Hoffnung auf niedrigere Strompreise durch längere Laufzeiten für Kernkraftwerke als unrealistisch.
"Wir sollten Atomkraftwerke nicht länger laufen lassen", die Entsorgungsfrage sei völlig ungeklärt, auch die Risiken beim Kraftwerksbetrieb dürfe man nicht vergessen. "Ausserdem würden längere Laufzeiten die dringend nötige Modernisierung von Kraftwerken verzögern", kritisierte Troge, der seit Jahren Mitglied der CDU ist.

Die Hoffnung der Union auf niedrigere Strompreise durch die Kernkraft hält Troge für unbegründet. "Als Ökonom halte ich Preissenkungen bei Strom bei längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke für unrealistisch", sagte Troge. Da die Kernkraftwerke bereits heute am Netz seien, sei nicht einleuchtend, warum der so erzeugte Strom auf einmal billiger werden solle.

Atomkraft ist Chimäre

Die Atomkraft ist eine uralte Technologie. Die Bauphasen von bis zu über 20 Jahren haben zur Illusion geführt, dass sich in Punkto Atomenergie laufend etwas tut.
Die Klimaneutralität ist heute das einzige Argument der Atomindustrie. Doch das ist Unfug:
Der Anteil der neuen Atomkraftwerke zur Klimaproblematik ist irrelevant.

Trotzdem baut Finnland ein neues Atomkraftwerk
Finnland ist ein absoluter Sonderfall:
Dort wird ein Reaktor vom Typ EPR gebaut, den es noch nie gegeben hat - es handelt sich also um ein Pilotprojekt.
Dieser Druckwasserreaktor wird zu einem Festpreis gebaut, was es ebenfalls noch nie gegeben hat. Ein Knüller ist auch, dass die zentralen Elemente, nämlich der Reaktortank und die Dampferzeuger, gar nicht in Europa, sondern in Japan hergestellt werden.
Dann hat sich die finnische Industrie unglaublich viele Unteraufträge ausgehandelt, womit die Frage auftaucht, was für die eigentlichen Reaktorbauer Siemens und Framatome übrig bleibt. Das hat also mit der althergebrachten Idee des schlüsselfertigen Verkaufs von Anlagen überhaupt nichts mehr zu tun.

Dazu kommt dass Finnland der einzige EU-Staat ist, der eine wahnwitzige Steigerung des Pro-Kopf-Stromverbrauches hat, die politisch unter anderem mit Hilfe sehr niedriger Strompreise gezielt herbeigeführt wurde.

Betriebszeit von Atomkraftwerken
Es laufen weltweit 439 Reaktoren mit einem Durchschnittsalter von 21 Jahren. 110 Anlagen wurden bisher endgültig abgeschaltet, diese Anlagen waren 22 Jahre durchschnittlich in Betrieb. Nur 16 Anlagen waren länger als 30 Jahre im Einsatz. In den nächsten 10 Jahren werden aber 80 Anlagen 40 Jahre alt.
Doch innerhalb von 10 Jahren lassen sich 80 Einheiten unmöglich ersetzen, weil es dafür keine Fertigungskapazitäten gibt.
Der einzige Weg, die Zahl der heute in Betrieb befindlichen Anlagen aufrecht zu erhalten, wäre also, die Betriebszeit weit über 40 Jahre auszudehnen.

Es gibt eine Pro-Atomenergie-Stimmung
Damit werden jetzt die Geldtöpfe wieder angezapft - und zwar ganz massiv. Beim von der EU-Kommission projektierten siebenten Rahmenforschungsprogramm geht es um Dutzende Milliarden Euro über mehrere Jahre. Die Ausgaben für Atomforschung sollen mehr als verdoppelt werden. Das funktioniert nur, weil die Atomlobby mit sehr viel Erfolg diese Vision an die Wand malt.

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Erneuerbare lieferten weltweit fünfmal mehr Energie als Atomkraft

Etwa 20 Prozent der weltweit genutzten Energie stammt aus Erneuerbaren Energien. 77 Prozent liefern Öl, Gas und Kohle und nur 3,3 Prozent stammen aus den weltweit 440 Kernreaktoren, so die Zahlen der Internationalen Energieagentur.
"Der Anteil Erneuerbarer Energien wächst weiter. In Deutschland setzen wir mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien auf die weltweit bedeutendste Schlüsseltechnologie der Zukunft. Das Loch, dass durch knapper werdende Öl-, Gas- und auch Uranreserven gerissen wird, kann nur durch Erneuerbare Energien geschlossen werden", so Milan Nitzschke, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE).
In Europa haben Erneuerbare Energien ebenfalls die Nase vorn, so eine Meldung des BEE.
In der Europäischen Union tragen sie zu 9 Prozent zum Gesamtenergieverbrauch bei und haben die Kernenergie mit 7,4 Prozent abgehängt. In Deutschland sind Sonne, Wasser, Wind, Bioenergie und Erdwärme auf dem besten Wege dorthin. Im traditionellen Kohleland haben Erneuerbare Energien ihren Anteil am Gesamtenergieverbrauch auf aktuell 5 Prozent steigern können. Kernenergie deckt zur Zeit noch 6,5 Prozent des Energiebedarfes ab.
Nitzschke: "Mit Hilfe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist es gelungen, den Anteil der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung in nur fünf Jahren auf 10 Prozent zu verdoppeln. Im Wärme- und Kraftstoffbereich muss jetzt ein vergleichbares Wachstum erreicht werden. Nur mit Erneuerbaren Energien kann die Importabhängigkeit Deutschlands reduziert werden und können fossile Energieträger durch saubere und sichere Energie ersetzt werden."
Quelle : www.strom-guenstiger.de

Strom aus neuen Atomkraftwerken ist nicht wirtschaftlich
Im Branchenblatt „Atomwirtschaft“ schreibt die IAEO, daß Gas- und Windkraftwerke den Strom deutlich billiger erzeugen als neue Atomkraftwerke und fügt wörtlich hinzu: „In Nordamerika und Westeuropa verspricht das Herausquetschen zusätzlicher Profite aus vorhandenen Atomkraftwerken derzeit mehr und ist weniger riskant, als sich auf eine neue Konstruktion einzulassen.“ Betreiber von Atomkraftwerken brauchen keine Haftpflichtversicherung mit angemessener Deckungssumme abzuschließen, das Risiko wird auf Staat und Betroffene abgewälzt. Die meisten Entsorgungskosten werden ebenfalls dem Staat aufgebürdet.
In Deutschland sind die diesbezüglichen Rückstellungen sogar steuerfrei und stehen zur freien Verfügung der Stromkonzerne.
In manchen Ländern, zum Beispiel Pakistan, Indien, Iran, Nord- und Südkorea, Brasilien, Argentinien, China, Taiwan und so weiter, erhalten die Atomkraftbetreiber hohe Subventionen aus dem Verteidigungsetat, weil es dort nicht vorrangig um die Stromerzeugung, sondern um den Griff zur Bombe geht.
Atomkraftwerke als zentralistische und verbraucherferne Form der Stromerzeugung neigen mit ihrer Infrastruktur zum Black-out.

Die Statistiken über die Verteilung von Atomkraftwerken in Betrieb und in Bau sprechen eine eindeutige Sprache: Atomkraft hat im Konkurrenzkampf mit anderen Energieträgern keine Zukunftschancen mehr. Der Ausbau der Atomkraft war seit jeher ein gigantisches Luftschloss. Die OECD prognostizierte 1977: Im Jahre 2000 werden bis zu 1.400 Gigawatt weltweit am Netz sein. Tatsächlich waren es 300 Gigawatt, also nicht viel mehr als ein Fünftel.

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Grossbritannien:
Atomunfall in Sellafield war "schwerster seit Jahren"
(Die Presse) 30.05.2005

Leck möglicherweise seit August vergangenen Jahres übersehen.
Bei dem vor kurzem in der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield entdeckten Leck handelt es sich nach einem Medienbericht "um den schwersten Atomunfall in Großbritannien seit mehr als zehn Jahren."
Durch das Loch in einer defekten Leitung seien über mehrere Monate hinweg unbemerkt gut 83.000 Liter hoch radioaktiver Flüssigkeit ausgetreten, berichtete die Sonntagszeitung "Independent on Sunday".
Die Sellafield-Betreibergesellschaft "British Nuclear Group" habe eingeräumt, dass Angestellte möglicherweise schon seit August vergangenen Jahres Anzeichen für das Leck übersehen hätten, berichtete die Zeitung am Sonntag. Der "Independent" spricht in seinem Artikel von einer "großen Anzahl von Fehlern" durch die Sellafield-Führung und die Angestellten der Wiederaufbereitungsanlage, die zu dem verheerenden Unfall geführt hätten.

Anfang Mai hatten Medien berichtet, dass die hochgiftige Flüssigkeit in einen abgedichteten Raum geflossen sei, wo sie zwar keinen Schaden anrichten, allerdings erst durch kostspielige und langwierige Maßnahmen entsorgt werden konnte. Das Unternehmen hatte wiederholt versichert, dass in der Außenluft keine erhöhte Radioaktivität nachgewiesen werden konnte. Der Vorfall habe sich weder auf die Mitarbeiter noch auf die Umwelt ausgewirkt, hieß es von Seiten der Betreiber.

Nach Einschätzung des "Independent on Sunday" könnte der Zwischenfall in Sellafield Pläne der Regierung und der Energiebranche zum Bau neuer Atomkraftwerke in Großbritannien behindern. Der britische Regierungschef Tony Blair hatte nach seiner Wiederwahl im Mai angekündigt, in Zukunft verstärkt auf Nuklearenergie setzen zu wollen.
Sellafield gehört zu den ältesten nuklearen Anlagen der Welt. Nach technischen Schwierigkeiten wurden die vier Reaktorblöcke seit 2001 nach und nach abgeschaltet, der vierte Ende März 2003. 1964 wurde in Sellafield eine erste Fabrik zur Aufbereitung von Magnox-Atombrennstoff in Dienst gestellt. Sellafield soll im Jahr 2010 geschlossen werden.

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Atomunfall:
Sellafield nach Rohrbruch partiell verstrahlt
von Jürgen Langenbach (Die Presse) 11.05.2005

Die Wiederaufarbeitungsanlage des britischen Atomkomplexes steht still.
In Sellafield, einem der weltgrößten Atomkomplexe, sind bei einem Rohrbruch 83 Kubikmeter eines hoch radioaktiven Gebräus ausgetreten, das aus Schwefelsäure, Uran und Plutonium besteht. In die Umwelt geriet nach Betreiber-Angaben nichts, Mitarbeiter wurden auch nicht vergiftet, die Brühe schwappt jetzt in einer Halle, die 60 Meter lang, 20 Meter breit und 20 Meter hoch ist. Unklar ist, wie man sie wieder herausholen will und wie lange es dauert. Bis dahin ist die Anlage, in der der Unfall passiert ist, außer Betrieb. Sie heißt Thorp (Thermal Oxide Reprocessing Plant) und ist eine der beiden kommerziellen Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA), die es auf der Erde gibt, die andere arbeitet in La Hague.

In WAAs werden abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken rezykliert: In ihnen steckt Uran, und in ihnen steckt Plutonium. Weil Letzteres aus dem Müll isoliert wird und man daraus Bomben bauen kann, ist das ganze Verfahren umstritten - vor allem Deutsche, Schweizer und Japaner setzen darauf und lassen in Sellafield arbeiten, andere Länder bringen ihren Müll in Endlager. Umstritten ist das Verfahren auch deshalb, weil dabei radioaktives Material ins Abwasser gerät: Die Irische See, an der Sellafield liegt, ist teilweise so kontaminiert, dass keine Meerestiere verzehrt werden dürfen.

Thorp nahm 1994 den Betrieb auf, erreichte aber nie das Produktionsziel. Pannen sind häufig, Mitte April zeigte sich in den Büchern eine: Plutonium war verschwunden, und während manche an Terroristen dachten, musterten die Betreiber mit ferngelenkten Kameras die Teile der Anlage, die Menschen nicht betreten dürfen. Das nun entdeckte Leck verlängert die Liste der Pannen, die ihres Umfangs wegen nicht nacherzählt werden kann: Anfang der 50er Jahre gingen in Sellafield die ersten Atomkraftwerke in Betrieb, sie erbrüteten Plutonium für die britische Bombe und hießen "Windscale", andere lieferten später Strom. Ende der 50er Jahre wurde ein schwerer Unfall vertuscht, es folgten so viele kleinere, dass man das Heil in der Semantik suchte und alles in "Sellafield" umtaufte.

Wer heute als Tourist nach Sellafield kommt - es ist nicht einfach, auf vielen Landkarten ist der Ort nicht verzeichnet -, wird im "Visitors Centre" empfangen. Das ist eine Art Disneyland der Nukleartechnik. Man kann sich mit Menschen fotografieren lassen, die als Atom verkleidet sind, und man kann eine "Birthday Party" für die Kinder buchen (£ 1.99 pro Nase: www.bnfl.com). Die Briten nützen das ganz unbefangen, Besucher vom Kontinent kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Aber auch Kritiker können an der Zwangspause nur halbe Freude haben: Thorp war die Melkkuh der britischen Nuklearindustrie. Mit dem dort verdienten Geld hätten alte Reaktoren abgewrackt werden sollen. Ganz ungelegen kommt der Unfall der Regierung Blair, die über neue Atomkraftwerke nachdenkt.

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Asien neues Eldorado für Kernkraft

Ein Sechstel der globalen Stromerzeugung kommt aus der Nutzung der Kernenergie.
27 Atommeiler sind weltweit in Bau.
Der Bau neuer Atomkraftwerke findet derzeit vor allem im Osten statt: Laut aktuellem Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) sind 21 der zuletzt 31 fertig gestellten Reaktoren in Asien ans Netz gegangen. Von derzeit 27 in Bau befindlichen Anlagen stehen 18 in Asien.
Das erste zivile Atomkraftwerk ging am 26. Juni 1954 in der Nähe von Moskau ans Netz. Mittlerweile liefern weltweit 442 Atomkraftwerke Strom. Der Großteil der AKW steht in den Industrie- und Schwellenländern, nur 39 Anlagen in Entwicklungsländern. Ein Sechstel der globalen Stromerzeugung kommt bereits aus der Nutzung der Kernkraft. Weltmarktführer sind die USA, vor Frankreich und Japan.
Während in den USA ein Bau-Stillstand festzustellen ist, kommt es in Indien zu einem regelrechten Atomstrom-Boom. Dort werden allein acht Reaktoren errichtet. Dieselbe Anzahl steht auch in Osteuropa vor der Fertigstellung.
Ausschlaggebend für die steigende Popularität der Kernkraft sind in diesen Regionen das rasante wirtschaftliche Wachstum sowie die fehlenden fossilen Energiequellen.
Energieexperten gehen davon aus, dass die Kernenergie auch in Europa ein Comeback feiern wird. Begründet wird diese Einschätzung damit, dass die EU ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus instabilen Regionen zu vermindern sucht. Die erwartete Atomstrom-Renaissance wird sich vor allem in Osteuropa abspielen, wo bereits neue Reaktoren geplant sind.

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Atomstrom-Exporte nach Österreich

Tschechien führte im Vorjahr fast die gesamte Stromproduktion der beiden Atomkraftwerke aus.
Als Stromexporteur ist die Tschechische Republik mit großem Abstand Europameister - zumindest im Verhältnis zu seiner Bevölkerung von rund zehn Millionen. Doch auch absolut ist die Bedeutung des Geschäfts mit Elektrizität nicht zu übersehen: In Europa belegen unsere nördlichen Nachbarn den zweiten Platz. Nur der französische Atomstromgigant Electricité de France (EDF) verkaufte 2003 mehr Strom ins Ausland als der tschechische Energiemonopolist CEZ, der nicht weniger als ein Drittel seiner Gesamtproduktion exportierte. Neben dem Hauptkunden Deutschland ist auch Österreich ein Abnehmer der tschechischen Überschüsse.

Die Trockenheit und Ausfälle in den westeuropäischen Stromnetzen sind laut dem Sprecher des Atomkraftwerks Temelín, Milan Nebesár, in erster Linie für den Ausfuhrrekord des Vorjahres verantwortlich. Die CEZ produzierte im Vorjahr nach eigenen Angaben 60.934 Gigawattstunden Strom, rund ein Drittel davon wurden ins Ausland verkauft. Und diese 20.000 Gigawattstunden entsprechen beinahe der Jahresleistung der beiden tschechischen Atomkraftwerke. Temelín und Dukovany produzierten im Vorjahr 26.000 Gigawattstunden.
Darüber hinaus übernehmen weiterhin kalorische Kraftwerke mehr als die Hälfte der tschechischen Stromerzeugung, wobei zumeist Kohle verheizt wird. Obwohl diese ehemals für ihre enormen Schadstoffemissionen berüchtigten Stromfabriken in den letzten Jahren systematisch verbessert und mit Filtern ausgestattet wurden, verbrennen viele weiterhin die minderwertige tschechische Braunkohle. Auf erneuerbare Energiequellen entfallen dagegen weniger als zwei Prozent der Gesamtproduktion - und dahinter verbergen sich zu 98 Prozent die tschechischen Wasserkraftwerke.

Unter den anderen alternativen Energiequellen spielt nur die Verbrennung von Biomasse eine gewisse Rolle, während sich Windkraftwerke erst im Aufbau befinden und die Fotovoltaik erst im Versuchsstadium ist. Nach Meinung der CEZ wird diesen umweltfreundlichen Energiequellen auch für die Zukunft kaum Bedeutung zukommen.
Dagegen werden auf der Homepage des Unternehmens Expertisen aus den USA und der EU zitiert, laut denen der Energieverbrauch und somit auch CO2-Ausstoß bis 2025 weltweit um mehr als 50 Prozent steigen werden - für die Industrieländer bleibt immerhin ein Wachstum von 33 Prozent.
So stellt die CEZ ihre momentane Überkapazität an Atomstrom in ein anderes, zukunftsorientiertes Licht: Sie produziert jetzt schon jene Menge, die Tschechien in zwanzig Jahren verbrauchen wird.
Der Löwenanteil des Stromexports entfällt auf Deutschland. Doch zitieren tschechische Zeitungen auch genüsslich Zahlen über das nur vorgeblich atomstromfreie Österreich.

Im Frühjahr befindet sich zwar genug Wasser in den Becken der österreichischen Kraftwerke, und die Überschüsse an "sauberem" Strom können exportiert werden. In trockenen Sommern und im Herbst kehre sich dieses Verhältnis jedoch um, und unter dem Strom, der aus dem benachbarten Ausland angekauft werde, sei vor allem Atomstrom aus Deutschland, der Schweiz, aber auch aus der Tschechischen Republik. Bis zu einem Drittel des heimischen Verbrauchs müsste auf diese Weise durch Importe abgedeckt werden.

Die tschechischen Privatverbraucher profitieren vom massiven Stromexport ihres Landes jedoch kaum, wenigstens nicht, was die Strompreise betrifft.
"In Österreich", so wird Radko Pavlovec, der Atomkraft-Beauftragte der Oberösterreichischen Landesregierung, zitiert, "ist Strom im Vergleich zu den Löhnen um zwei Drittel billiger als in Tschechien."

Quelle: MICHAEL WÖGERBAUER (Die Presse) 10.06.2004

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Prag plädiert für die Atomkraft

Jetzt ist es fix: Tschechiens Regierung verabschiedete ihr umstrittenes Energiekonzept - mit neuen Meilern.

In gewisser Weise hatte die Prager Regierung bei ihrem Energiekonzept bis 2030 nur die Wahl zwischen der Pest und der Cholera:
Auf der einen Seite demonstrierten nordböhmische Gegner gegen eine Ausweitung der Kohleproduktion. Sie fürchten, dass ihre Ortschaften Baggern zum Opfer fallen könnten. Auf Holzkreuzen standen die Namen der Gemeinden, die der Kohle bereits weichen mussten. Auf der anderen Seite protestierten Abgesandte der "Südböhmischen Mütter", die sich gegen einen weiteren Ausbau der Kernenergie verwahrten.
Am Ende dürfen sich jetzt nur die Kohle-Gegner freuen. Die territoriale Begrenzung für den Braunkohleabbau wurde vorerst nicht aufgehoben. Damit sollen sich spätere Regierungen befassen. Neue Kohlekraftwerke wird es aber dennoch geben. Nach 2010 soll etwa die Hälfte der Gesamtstromproduktion von bis dahin neu zu bauenden Kraftwerken auf Braunkohlebasis kommen.

Bei der Atomkraft vermied das Ministerium für Industrie und Handel eine klare Festlegung. In dem nun verabschiedeten Konzept wird nicht ausgeschlossen, dass zwei weitere Kernkraftwerke mit einer Leistung von 1200 Megawatt gebaut werden. Minister Milan Urban hatte schon früher gesagt, dass er diese am liebsten in Temelín sähe, wo zwei 1000-Megawatt-Blöcke stehen, die vor allem in Österreich mmer wieder die Wogen hochgehen lassen.
Die vorsichtige Formulierung, dass der Bau neuer Meiler "nicht ausgeschlossen" sei, relativiert sich, wenn man die angestrebte Energiebilanz betrachtet. Die rechnet mit einem Anwachsen des Anteils der Atomenergie von derzeit 18 auf 36 bis 38 Prozent.
Ende 2003 hatte Urbans Stellvertreter Martin Pecina mit der Ankündigung für Aufregung gesorgt, man werde 2009 beginnen, in Temelín zwei zusätzliche Reaktoren zu errichten. Nach Protesten aus Wien wurden diese Absichten von Premier Vladimir Spidla und Außenminister Cyril Svoboda dementiert. Deren Dementi scheint nun nicht mehr zu gelten.

Wie wichtig Minister Urban die Atompläne zu sein scheinen, machte er in einem Grundsatzbeitrag für die Donnerstagausgabe der Zeitung "Právo" deutlich. Darin räumte er zwar ein, dass die Atomenergie nicht populär sei, betonte aber, dass es zu ihr keine Alternative gebe: schon deshalb nicht, weil die fossilen Brennstoffe irgendwann erschöpft sein würden und erneuerbare Energiequellen den Bedarf nicht zu 100 Prozent decken könnten. Laut Urban ist die Zukunft der Energie klar an die Atomkraft gebunden.

In Teilen Europas ändere sich die ablehnende Haltung dazu, meinte Urban. Ohne Österreich beim Namen zu nennen, teilte Urban einen Seitenhieb aus: "In einigen europäischen Staaten siegt jedoch weiter die Ideologie über den gesunden Menschenverstand." Er selbst sei glücklich, dass sich Tschechien mit dem aktualisierten Energiekonzept "klar auf die Seite der Vernunft und des technischen Fortschritts" stelle.

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