Klimaänderung
Stellen Sie sich die Folgen vor
Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet die internationale Gemeinschaft – Gesetz für Gesetz, Institution für Institution,
Technologie für Technologie – an innovativen und umfassenden Maßnahmen gegen die Klimaänderung.
1992 wurde ein Übereinkommen verabschiedet, durch das die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf ungefährlichem Niveau stabilisiert werden soll.
Fünf Jahre später vereinbarten die Parteien dieses Vertrags das Protokoll von Kyoto, das die Industriestaaten zu einer
erheblichen Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichtet.
Es bestehen jedoch nach wie vor gravierende Auffassungsunterschiede, wie die angestrebten Reduzierungen erreicht werden sollen.
Es gibt Auffassungsunterschiede in Bezug auf das Ausmaß, in dem es möglich sein soll, mit Emissionen zu handeln, also anderen
Ländern Teile ihres Kontingents an zulässigem Schadstoffausstoß abzukaufen, um selbst mehr als die zugeteilten Mengen
emittieren zu können.
Es gibt Auffassungsunterschiede darüber, welche Reduktion Ländern „gutgeschrieben" werden soll, wenn sie ihre
Waldflächen vergrößern, die Kohlenstoff aufnehmen.
Und es gibt Auffassungsunterschiede darüber, welche „Gutschrift" Industriestaaten für klimaschonende Investitionen in
Entwicklungsländern erhalten sollen.
Heute besteht die große Gefahr, dass die mühsam errungenen Fortschritte im Kampf gegen die Klimaänderung wieder zunichte gemacht werden. Am meisten hätten die Entwicklungsländer darunter zu leiden, obwohl sie am wenigsten für den globalen Temperaturanstieg verantwortlich sind. Insgesamt wären jedoch alle Länder in Mitleidenschaft gezogen, denn die Klimaänderung macht vor keiner vom Menschen gezogenen Grenze halt.
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Die Folgen:
Die polaren Eiskappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt und bedroht unsere schönen und hoch entwickelten Küstengebiete durch Erosion
und Sturmfluten; wetterbedingte Naturkatastrophen verursachen Schäden in Milliardenhöhe; die Welt wird wärmer und feuchter, und
Infektionskrankheiten wie Malaria und Gelbfieber greifen immer mehr um sich.
Das ist kein fernes Szenario für den schlimmsten angenommenen Fall. Das ist die Vorhersage für morgen. Es ist auch kein futuristisches Hirngespinst.
Es ist eine realistische Vorhersage auf dem höchsten Stand der Wissenschaft.
Der zwischenstaatliche Ausschuß für Klimaänderung, in dem führende Klimatologen der Welt und andere Experten vertreten sind, hat alle
vorhandenen Anzeichen einer eingehenden Analyse unterzogen und kam zu dem Schluß, daß tatsächlich ein Klimawandel stattfindet, daß die
Tätigkeit des Menschen erheblich dazu beiträgt und daß wir nicht länger zuwarten dürfen, sondern dringend Gegenmaßnahmen
ergreifen müssen.
Entgegen der landläufigen Meinung ist es keineswegs so, daß wir uns zwischen Ökonomie und Ökologie entscheiden
müssten.
Immer wieder wird behauptet, Umweltschutz würde das Wirtschaftswachstum behindern oder gar verhindern. Ganz im Gegenteil: Wenn wir unsere
Ressourcen und das natürliche Kapital der Erde nicht schützen, wird es bald kein Wirtschaftswachstum mehr geben.
Wir müßen auch berücksichtigen, daß Umweltkosten - zum Beispiel die Kosten für die Sanierung schadstoffbelasteter
Gebiete oder für die Beseitigung von Schäden - nur selten in nationalen Bilanzen aufscheinen. Genauso wenig werden schädliche Folgen beziffert -
etwa die Kosten für das Gesundheitswesen aufgrund der Luftverschmutzung durch rauchende Schlote von Industrieanlagen oder durch Fahrzeuge mit hohem
Treibstoffverbrauch. Oft werden auch die Kosten der Untätigkeit nicht in Betracht gezogen. Wir müssen aufhören, vom Standpunkt
der wirtschaftlichen Defensive aus zu agieren, und mehr politischen Mut zeigen.
Der technische Fortschritt sollte auch einem anderen Irrglauben ein für alle Mal ein Ende bereiten, nämlich daß wir mit den Lösungen für den
globalen Temperaturanstieg erst auf Entdeckungen zukünftiger Generationen warten müssen. Schon heute gibt es Hunderte geeignete
Technologien und Verfahren. Und die Fortschritte der letzten Jahre bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen haben alle Erwartungen übertroffen.
Es gibt auch jene, die sagen, daß Energiesparen zwar durchaus lobenswert sei, uns aber auch nicht viel
weiter bringe. Im Gegensatz dazu sind sich Wirtschaftswissenschaftler heute weitgehend darin einig, daß eine verbesserte
Energieausnutzung und andere energiesparende Strategien enorme Vorteile zu minimalen oder keinen Kosten bringen.
Aufgeklärte Spitzenmanager folgen bereits dem Gebot der Stunde und nützen oder entwickeln so genannte „grüne Technologien". Viele Regierungen fördern diesen neuen Weg durch eine kreative Steuerpolitik, vor allem durch die Streichung massiver Subventionen, durch die viele umweltschädigende Verfahren erst rentabel wurden. Und viele große Energielieferanten stellen fest, daß die technischen, finanziellen und wirtschaftlichen Hindernisse für eine weniger schädliche Energiezukunft schnell verschwinden.
Nächstes Jahr wird in Johannesburg ein Weltgipfel über bestandfähige Entwicklung überprüfen, welche Fortschritte seit dem Erdgipfel vor fast einem Jahrzehnt gemacht wurden. Seither ist das Umweltbewusstsein gestiegen, mehrere wichtige Übereinkommen wurden geschlossen und Bürgergruppen haben dafür gesorgt, daß das Thema nicht in Vergessenheit geriet. Doch in Schlüsselbereichen haben wir in gewohnter Weise weitergemacht.
Alle Spitzenpolitiker der Welt müssen zeigen, daß sie diese Fragen ernst nehmen. Doch es ist Aufgabe der Führer der
industrialisierten Welt, den Weg zu weisen, vor allem in der Frage des globalen Temperaturanstiegs. Die entwickelten Länder sind für den Großteil
der gegenwärtigen Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich. Daher sind sie - wirtschaftlich und technisch - am besten in der Lage, die
notwendigen Änderungen vorzunehmen und anderen dabei zu helfen.
Die Entwicklungsländer werden zu gegebener Zeit das Ihre dazu beitragen müssen; ihre Ausnahme von den Emissionsobergrenzen, so sei
betont, gilt nur für die erste Phase.
Die rechtlichen Grundlagen, die das Übereinkommen und das Protokoll geschaffen haben, müssen weiterentwickelt werden. Der Kampf gegen den globalen Temperaturanstieg wird von den nachfolgenden Generationen weitergeführt werden müssen. Lassen Sie uns ihn nicht nur als Last begreifen, denn er bietet auch eine außerordentliche wirtschaftliche und soziale Chance. Mit der richtigen Mischung aus Politik und Praxis könnten wir in vielen Bereichen, wo Manches im Argen liegt, Positives bewirken. Wir könnten dem Kampf gegen die Armut neue Impulse verleihen, indem wir insbesondere die 2 Milliarden Menschen, die ohne elektrischen Strom leben, mit verlässlicher Energie versorgen. Wir können ein Umdenken bei Unternehmen und Konsumenten herbeiführen. Der Einzelne kann durch seine Wahl und sein Kaufverhalten Einfluß nehmen und zu Aufklärung und Bewußtseinsbildung beitragen. Damit können die Menschen eine nicht zu überhörende Botschaft an Unternehmen und Regierungen senden. Und letztlich köönnen wir die Globalisierung so gestalten, daß die Umwelt nicht eines ihrer ersten Opfer wird.
Und das gesamte Projekt internationale Zusammenarbeit kann Nutznießer oder
Leidtragender sein. Was im Kampf gegen den globalen Temperaturanstieg geschieht, wird ein Maßstab für die Art von internationaler
Gemeinschaft sein, die wir schaffen wollen: eine, die Bedrohungen vorhersieht und etwas dagegen unternimmt, oder eine, die tatenlos von einer
Krise in die andere taumelt und sich wenig um weltweite Solidarität und Verantwortung kümmert.
Die internationale Gemeinschaft, wie wir sie heute kennen, ist zugegebenermaßen erst in embryonaler Form vorhanden. Doch sie hat Vision, wie sie in
der Charta der Vereinten Nationen beschrieben ist, und sie hat eine Sprache: die Sprache des Völkerrechts.
Einst wäre noch Zeit gewesen für richtungweisende umweltpolitische Initiativen. Heute verfügen wir über die nötigen menschlichen
und materiellen Ressourcen, um den Kampf gegen die Klimaänderung zu gewinnen, doch die Zeit für einen sorgfältig geplanten
Umstieg auf nachhaltige Entwicklung läuft ab - wenn wir nicht alle unseren Teil dazu beitragen.