1.9.2008
Österreichs Energieversorgung von Krisengebieten abhängig

Energiepolitik 2020: Entscheidungen, verpflichtet der Nachhaltigkeit

Energiepolitik 2020
Vortrag von Abg.z.NR Ing.Hermann Schultes im Rahmen einer Veranstaltung des Club Niederösterreich

Steigender Verbrauch und Versorgungssicherheit

Georgienkonflikt unterstreicht die Bedeutung heimischer Energieträger für die Versorgungssicherheit in Österreich - Fehlinvestitionen in die künftige Energieversorgung Österreichs vermeiden

Der neu aufgeflammte Konflikt zwischen Russland und Georgien verdeutlicht abermals die riskante Abhängigkeit der österreichischen Energieversorgung von Krisenregionen. Nur wenigen in Österreich ist bewusst, dass durch den Georgien-Konflikt auch wichtige Versorgungsrouten für Erdöl und Erdgas aus der Kaukasusregion in die EU betroffen sind. Das an den Konfliktherd angrenzende Kasachstan ist einer der wichtigsten Rohöllieferanten Österreichs. Im Jahr 2007 wurden 1,8 Mio.Tonnen Rohöl aus Kasachstan nach Österreich importiert, dies entspricht etwa der doppelten Menge der gesamten österreichischen Rohölförderung.

US-Autoindustrie vor Riesenproblemen

Die dramatischen Entwicklungen bei den fossilen Energieträgern bedingen eine radikale Neuausrichtung unserer Energiepolitik. In den letzten Jahren wurden auf internationaler und nationaler Ebene irreführende Energieszenarien publiziert, die ein gleichbleibend niedriges Ölpreisniveau für die nächsten Jahrzehnte prognostiziert haben. Dies hat zu fatalen Fehlentscheidungen in wichtigen Leitunternehmen des westlichen Wirtschaftsraumes geführt. Besonders deutlich wird die Problematik durch den derzeitigen Zusammenbruch der amerikanischen Autoindustrie. Falsche Annahmen zur zukünftigen Ölpreisentwicklung haben zu Investitionen in Produktionslinien für verbrauchsintensive Fahrzeuge geführt, die durch die kurzfristige Veränderung der Rahmenbedingungen plötzlich keine Käufer mehr finden. Tausende unverkäufliche Spritfresser stehen nun auf Halde, während für die schlagartig gestiegene Nachfrage nach spritsparenden Modellen die Produktionskapazitäten nicht ausreichen. Bei einem der größten Autokonzerne der USA haben sich beispielsweise die Verluste inzwischen auf 50 Milliarden Dollar summiert, 34.000 Jobs mussten in den Unternehmen gestrichen werden.

Bei der Entscheidungsfindung für Investitionen in die zukünftige Energieversorgung Österreichs müssen daher endlich ganz klare Fragestellungen der Versorgungssicherheit und der Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt werden. Nicht die momentan kostengünstigen Energieträger sind zu bevorzugen, sondern Energiesysteme, die in unserer Region auf lange Sicht die höchste Versorgungssicherheit mit nachhaltig wirksamen Gesamtkonzepten gewährleisten.

Entscheidungsfindung unter den Prämissen der Nachhaltigkeit ist in der Land- und Forstwirtschaft eine Selbstverständlichkeit. Während sich die europäische Mineralölwirtschaft für ihre Öl- und Gasproduktion auf Reichweiten von zehn bis 20 Jahren beschränkt, muss die Land- und Forstwirtschaft ihre Produktionskraft über Generationen bewahren. Kurzfristig orientierter Raubbau wird bei der Biomasseproduktion sowohl in Österreich als auch innerhalb der gesamten EU durch eindeutige Regelungen unterbunden. Bei der Biomasseproduktion müssen die Kosten für ein nachhaltiges System berücksichtigt werden, die Kostenstruktur der Rohöl- und Erdgasförderung beruht hingegen auf Raubbaumethoden ohne Rücksicht auf nachfolgende Generationen.

Wir konnten in Österreich im Bereich der erneuerbaren Energieträger bereits viele international beachtete Erfolge erzielen. Unsere Kesselproduzenten gelten mit ihren Biomassefeuerungsanlagen als internationale Technologieführer. Auch im Bereich der Biotreibstofferzeugunghaben österreichische Unternehmen ausgereifte Leittechnologien entwickelt, die international nachgefragt werden. Richtige Zukunftsentscheidungen für Forschung und Entwicklung wurden in den österreichischen Unternehmen und Förderstellen getroffen, jetzt gilt es, die vorliegenden Konzepte in der praktischen Anwendung zu beschleunigen.

OMV soll Superethanol-Tankstellennetz ausbauen

Als Beispiel kann die Bioethanol-Produktion in Österreich genannt werden. Die Entscheidungen für die Errichtung einer auf unsere Verhältnisse abgestimmte Produktionsanlage in Pischelsdorf wurden rechtzeitig getroffen. Die benötigten Rohstoffe können aus der Region mit hoher lokaler Wertschöpfung nachhaltig bereitgestellt werden, gleichzeitig mit der Treibstoffproduktion trägt auch die Eiweißfuttermittelerzeugung zur Verbesserung der Versorgungssicherheit in Österreich bei. Die umfassende Analyse der ökologischen Rahmenbedingungen verdeutlicht mit 50%iger CO2-Einsparung gegenüber fossilem Benzin den positiven Effekt für den Klimaschutz. Jetzt müssen aber auch die zugesagten Entscheidungen zum Ausbau des Superethanol-Tankstellennetzes von der OMV rasch umgesetzt werden. Und es muss bei der Weiterführung der vorerst gescheiterten WTO-Verhandlungen durch die EU sichergestellt werden, dass unsere Nachhaltigkeits- und Sozialkriterien auch für importieres Bioethanol aus Drittstaaten strikt eingehalten werden.

Das Jahr 2020 ist bereits sehr nah herangerückt. Für Entscheidungen zur Energiepolitik 2020 bleibt kein langer Spielraum. Die richtigen Entscheidungen für erneuerbare Energieträger und für effizienten Energieeinsatz in Österreich müssen jetzt gefällt werden.