Energiegemeinschaft Ottensteinstrasse
Eine alte Forderung der Photovoltaikbetreiber wurde nun endlich erfüllt. Nämlich Strom an Nachbarn zu verkaufen.
Autor:Helmut Waltner am 01.10.2022
Immer schon wurde von den PV-Anlagenbesitzern gefordert, dass der nicht selbst verbrauchte Strom an Nachbarn weitergegeben
werden kann und nicht unbedingt ins Netz eingespeist
werden muss.
Dies wurde bisher von der Energiewirtschaft erfolgreich blockiert.
Die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler hat sich aber jetzt durchgesetzt.
Sobald in den Medien vom Abschluss der gesetzlichen Voraussetzungen durch das Erneuerbare Ausbau Gesetz berichtet wurde begann ich mit den Vorbereitungen.
Schon bald konnte ich feststellen, dass dies für fast Alle völliges Neuland war.
In der Südstadt und auch in der Gemeinde Maria Enzersdorf bin ich mit Sicherheit der Erste der sich mit diesem Vorhaben beschäftigt.
Unser Bürgermeister, den ich ebenfalls dafür motivieren wollte für die gesamte Gemeinde und all ihren bestehenden PV Anlagen,
eine Energiegemeinschaft zu gründen, antwortete mir nur, dass das alles viel zu kompliziert sei.
Das organisieren einer Energiegemeinschaft ist tatsächlich nichts für schwache Nerven.
Dabei war der erste Punkt, nämlich das Gründen eines Vereins, noch der leichteste.
Mit Hilfe meiner Frau, zum Gründen eines Vereins braucht man 2 Personen, erhielt ich von der BH Mödling binnen einer Woche
die Bewilligung: Der Verein "Energiegemeinschaft Ottensteinstrasse" war geboren.
Die weiteren Schritte kann ich hier nicht im Detail anführen. Jedenfalls sind unzählige E-Mails zwischen mir und dem Netzbetreiber EVN bzw. dem EDA-Portal, der "Bundesagentur für wirtschaftlichen Datenaustausch" hin und her gegangen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei den Mitarbeitern des EDA-Portals ausdrücklich für die Hilfe bedanken. Stets erreichbar, sehr freundlich äusserst kompetent.
Jetzt kommt so ziemlich das Allerwichtigste: Das Finden der Teilnehmer der EG, die den Strom abnehmen sollen.
Ich habe mich dabei auf mein Gefühl verlassen und nur mit Jemanden gesprochen, den ich kenne und dem das Thema nicht vollkommen fremd ist.
Es macht keinen Sinn Jemanden überzeugen zu wollen, dass dies eine gute Sache sei und man sogar einen finanziellen Vorteil davon hätte. Ein gewisser Zweifel und ein Rest Misstrauen werden bleiben.
Ich habe einen jährlichen Strom-Überschuss, den ich bisher ins Netz einspeisen musste von 4.800 Kilowattstunden.
Dabei wird auch mein E-Auto mit Sonnenstrom geladen.
Damit kann ich untertags, wenn die Sonne scheint, einige Haushalte mit Sonnenstrom versorgen.
Ursprünglich hat die Gemeinschaft mit 3 Abnehmern begonnen, wurde aber bald auf 4 und später auf 5 Haushalte erweitert.
Jeder erhält ungefähr ein Drittel seines Stromverbrauchs als PV-Strom geliefert, gerade soviel als wenn er eine eigene Solaranlage hätte.
Ein Drittel des Stromes verbrauche ich selbst und das letzte Drittel ist unverkäuflich und wird nach wie vor ins Netz geliefert.
Bei diesem Konzept soll der Umweltgedanke im Vordergrund stehen, dass man weiß woher der Strom kommt, nämlich von der Sonne und er sogar in der Nähe erzeugt wird.
Er braucht daher nicht über weite Entfernungen transportiert werden und entlastet damit das Netz.
Ganz wichtig ist es auch, dass ein Gefühl für die Stromerzeugung und für das Stromsparen entsteht. Dass man zB. Strom vorzugsweise um die Mittagszeit verbraucht,
wo die Solaranlagen auch den meisten Strom liefern.
Das Konzept des privaten Stromverkaufs stammt aus der Zeit vor der Energiekrise und dem billigen Marktpreis für Strom.
Der Grundgedanke ist, dass die Netzgebühr für den an die Mitglieder abgegebenen Strom im wesentlichen wegfällt und die Regierung keine Energiesteuer und Ökogebühren einhebt.
Der Österreichische Strompreisindex ist in den letzten Monaten dramatisch gestiegen.
Dadurch ist auch der Marktpreis für Strom auf Rekordniveau.
Um die Stromrechnungen wieder bezahlbar zu machen musste die Regierung gegensteuern und verzichtet jetzt für alle Stromabnehmer auf die Einhebung dieser Gebühren.
Die Sonderregelung für die Stromweitergabe an Nachbarn wird somit, zumindest für ein Jahr, weggefallen.
Dadurch entfällt ein wesentlicher Anteil, mit dem die geringere Rückvergütung, durch den nicht mehr ins Netz sondern an die EG gelieferten Solarstroms, ausgeglichen werden sollte.
Der Stromaustausch an sich funktioniert.
Daten vom 1.Juni 2022 bis 10.November 2022
Die einzelnen Flächen im Diagramm bedeuten:grau: Strom von mir selbst verbraucht,
die schwarzen Balken stammen vom Laden meines E-Autos
orange: Strom an die Gesamtheit der Mitglieder
grün: Strom nach wie vor ins Netz
Ich habe wieder etwas dazugelernt, nämlich alles über Energiegemeinschaften in Erfahrung gebracht zu haben.
Denn nur wer es persönlich ausprobiert hat, kann mitreden.