Energie: „Solar ist in 5 Jahren konkurrenzfähig“
Quelle: 27.06.2008 JAKOB ZIRM (Die Presse)
Der Chef der Energiesparte von General Electric sieht in der Solarenergie das größte Zukunftspotenzial. Aber auch in der Atomkraft werde GE noch 100 Jahre aktiv sein.
Die Presse: General Electric ist einer der größten Produzenten von Windkraft- und Solar-Anlagen. Trotz der Rekordpreise bei Öl ist Elektrizität aus fossilen Quellen immer noch günstiger. Wann wird sich das ändern?
John Krenicki: Die Kosten hängen im Energie-Geschäft sehr stark mit der Größe zusammen. Je größer Wind, Solar und Biomasse wird, desto effizienter kann der Strom produziert werden. Und hier ist noch ein langer Weg zu gehen. Daher liegt es auch an der Politik, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Aber die Nachrichten sind gut – sowohl in der EU als auch in den USA war im Vorjahr Windkraft die Energieform mit dem relativ größten Zuwachs. Allerdings wird man nie nur auf eine Lösung setzen können. Denn was ist, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst.
Wann wird sich dieses Wachstum so auswirken, dass die Erneuerbaren auch bei den Kosten vorn liegen?
Krenicki: Das zu beantworten wäre Spekulation. Sobald Öl 200 Dollar je Fass kostet, wird Windkraft äußerst kosteneffektiv sein. Aber ich weiß nicht, wie sich der Ölpreis entwickeln wird. Ich bin bereits sehr über das derzeitige Preisniveau überrascht. Aber eines wissen wir – der Betrieb von Solar- und Windanlagen ist gratis.
Wo sehen Sie das größte zukünftige Potenzial? Bei der Windkraft? Bei der Solarenergie?
Krenicki: Wir sind seit sechs Jahren im Windgeschäft tätig. Seither hat sich dieser Bereich verzehnfacht und steht dennoch am Beginn. Derzeit trägt Windkraft nicht einmal zwei Prozent zum globalen Energieaufkommen bei. Da ist noch viel drinnen. Das größte Potenzial – auf lange Sicht für die Generation meiner Kinder gesehen – sehe ich aber bei der Solarenergie.
Von den Kosten liegt Solarenergie noch rund sechsmal über jenen von fossiler Energie. Wann wird dort der Durchbruch kommen?
Krenicki: Bei der Solarenergie geht der Fortschritt über die verwendeten Materialen. Das geht nie besonders schnell. Eine Tochter von uns arbeitet an den neuen Dünnschicht-Solarzellen, die weniger Silizium brauchen und daher günstiger sind. Wir glauben, dass in weniger als fünf Jahren der Durchbruch gelingen wird und Solarenergie auch von den Kosten her konkurrenzfähig ist.
Wird künftig dann jedes Haus Solarzellen auf dem Dach haben?
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Krenicki: Um die Kosten zu senken, wird man vor allem anfangs große Stückzahlen brauchen. Daher werden es zuerst große Supermarktketten oder Industriebetriebe sein, die auf ihren Dächern Solarzellen anbringen. Bis das auch bei Wohnhäusern kommt, wird es noch länger dauern.
Wie viel Umsatz machen Sie in der Energiesparte von GE derzeit mit Erneuerbaren und wie viel wird es in zehn bis 15 Jahren sein?
Krenicki: Derzeit erzielen wir mit Erneuerbaren ungefähr ein Drittel des Umsatzes. In zehn bis 15 Jahren wird es etwa die Hälfte sein.
Neben Anlagen für Erneuerbare Energie bauen Sie ja auch Atomkraftwerke. Zuletzt wurde oft von einem Revival der Atomenergie gesprochen. Spüren Sie das?
Krenicki: Verglichen mit der Situation vor zwei oder drei Jahren spüren wir absolut ein Revival der Atomkraft. Es ist unglaublich, was hohe Ölpreise bewirken können. Wie bereits zuvor gesagt, man braucht für Solar- und Windkraft Reservekapazitäten falls die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst. Und Atomkraft ist CO2-frei. Sie muss daher ein Teil der künftigen Energieversorgung sein. Wir sind seit rund 50 Jahren im Nukleargeschäft und wir werden es für weitere 100 Jahre sein. Ich glaube, dass die Atomkraft wieder sehr groß werden wird. Das ist für uns ein sehr spannendes Thema.
Der britische Premier Gordon Brown meinte zuletzt, dass bis 2050 mindestens 1000 Atomkraftwerke gebaut werden müssen. Das sind mehr als doppelt so viele, wie derzeit aktiv sind. Hat die Industrie überhaupt die notwendigen Kapazitäten, so viele Anlagen zu bauen?
Krenicki: Die Atomindustrie ist seit 20 Jahren im Schrumpfen begriffen. Daher wäre es auch nicht möglich, sofort 1000 Atomkraftwerke zu bauen. Wenn die Politik die Kraftwerke haben will, dann wird die Industrie aber darauf reagieren. In 30 bis 40 Jahren sind 1000 Anlagen zu schaffen. Aber es wird halt seine Zeit dauern.
Wir haben aber jetzt die hohen Ölpreise. Und bei Elektrizität könnte es in den nächsten Jahren auch zu echten Versorgungsproblemen kommen. Können die Atomkraft oder die Erneuerbaren dieses Problem wirklich lösen?
Krenicki: Wie schnell diese Technologien verfügbar sind, hängt sehr stark von der Prioritätensetzung der politisch Verantwortlichen ab. Es wird schneller gehen, wenn das ganze als ein Thema der Nationalen Sicherheit gesehen wird und nicht als ein Umweltschutzthema. Und das ändert sich derzeit gerade.