Windkraft in Österreich
Zeit für einen Rückblick
Vermutlich ebenso lange wie die Energie der Sonne nutzt der Mensch die Energie des Windes, die letztlich auch auf die Sonnenenergie zurückzuführen ist. Denn Wind entsteht, wenn sich ein Teil der Erdatmosphäre erwärmt, die warme Luft an dieser Stelle aufsteigt und kältere Luft von einem anderen Teil der Erde nachströmt.
Vorteile:
Keine Form der Energiegewinnung braucht so wenig Platz wie die Windenergie.
Die tatsächlich verbrauchte Fläche durch Windkraftanlagen ist minimal und liegt bei unter 1% der für Windanlagen ausgewiesenen Fläche.
Die Windkraft ist billig und reichlich vorhanden, sauber und erneuerbar.
Der Wind ist keine zuverlässige Energiequelle. Er ist nicht immer am richtigen Ort in der richtigen Stärke vorhanden. Der Erfahrung nach bläst
er relativ regelmäßig in Küstennähe und auf Bergen und genau dort ist es schwer, die Industrie anzusiedeln, um Energie zu gewinnen.
Windkraftanlagen müssen dort aufgebaut werden, wo möglichst gleichmäßige und entsprechend hohe
Windgeschwindigkeiten auftreten.
Windkraftanlagen können nur in einem bestimmten Abstand von bewohnten Gebieten errichtet werden.
Da der von Windkraftanlagen erzeugte Strom sehr hoch sein kann, müssen entsprechend dimensionierte
Hochspannungskabel verlegt werden.
Wie in anderen Ländern weckte auch in Österreich die Energiekrise in den 70er-Jahren das Interesse an erneuerbaren Energien.
Die staatlichen Forschungsanstrengungen bei der Windkraft kamen aber trotz ansehnlicher technischer Lösungen bald wieder zum Erliegen. Der
Grund: es gab keinen Absatzmarkt.
Lange Zeit wurde angenommen, dass das österreichische Windpotenzial für eine Nutzung durch Windkraftanlagen unzureichend sei.
Erst eigene Messungen von Windenergieliebhabern Ende der 80er-Jahre zeigten die guten Windverhältnisse auf. Viele Standorte in
Ostösterreich, speziell im Burgenland, können selbst mit Gebieten 15 km hinter dänischen und deutschen Küsten konkurrieren.
Die Diskussion um die Schaffung von fairen Tarifen für erneuerbare Energien begann offiziell mit einem parlamentarischen Antrag der FPÖ im April 1991 für ein bundesweites Stromeinspeisegesetz, der im Zusammenhang mit dem kurz zuvor in Kraft getretenen deutschen Gesetz eingebracht wurde.
Die Behandlung des Antrages zog sich über zwei Jahre hinweg. Zu einem Stromeinspeisegesetz kam es aber unter anderem deswegen nicht, da von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP lediglich der Cheflobbyist der deutschen EVUs als einziger Experte zum Stromeinspeisegesetz gehört wurde.
Abseits dieser politischen Ebene werkten die angehenden Windmüller in ganz Österreich. Schon in
den 80er-Jahren gab es verstärkt private Windmessungen und Versuche mit kleineren Anlagen.
Durch diese Initiativen konnten dann die, bis in die 90er-Jahre gültige Lehrmeinung widerlegt
werden, dass es in Österreich einfach keinen Wind gäbe. Einige der frühen Windfans fassten dann
1993 bei der Heimreise einer selbstorganisierten Erkundungsfahrt zu deutschen Windmühlen einen
folgenschweren Entschluss:
Sie wollten eine eigene Interessengruppe für Windkraft auch in Österreich:
Die IG Windkraft war geboren.
Ein Jahr später ging dann endlich das erste "Kern-Kraftwerk" Österreichs in Betrieb.
Herr Gerhard Kern und Frau Aloisia Excel
finanzierten in Wagram/Donau (NÖ) trotz großer finanzieller Hürden die erste große netzgekoppelte Windkraftanlage.
Mitte des Jahres 1994 folgte die von Hofrat Waltner initiierte 110 kW Windkraftanlage bei der
Straßenbauabteilung in St.Pölten.
Mit ihrem Spitzenergebnis im ersten Jahr, (das drittbeste aller dieses Typs in Europa installierten Anlagen) machte sie vielen
Begeisterten Lust auf mehr.
Sechs Monate später wurde in der Straßenmeisterei Zistersdorf eine weitere Windkraftanlage in
Betrieb genommen. Nach heutigen Maßstäben, wo Windkraftanlagen mit 2.000 kW gebaut werden, ist diese
Anlage mit
Das nebenstehende Bild zeigt die Straßenmeisterei Zistersdorf und links hinten die Windkraftanlage.
1995 folgte der nächste Meilenstein:
In Michelbach (NÖ) wurde die erste Windkraftanlage mit der für Österreich so wichtigen Bürgerbeteiligung gebaut.
Den damals etwa 150 Menschen aus ganz Österreich folgten bei den verschieden Projekten mittlerweile 3000 Personen.
Von den außerordentlich Windverhältnissen dieses Voralpenstandortes wurde offensichtlich jemand ganz besonders überrascht:
Die EVN: Obwohl die Erträge im ersten Jahr unter der Prognose lagen, tauschte sie zweimal ihre eigenen Zähler aus, da sie
die angezeigten Erträge nicht glauben konnte.
Im Jänner 1996 wurde ein weiteres "Kapitel" aufgeschlagen:
In Eberschwang (OÖ) wurden mit den ersten Windkraftanlage des Typs E-40 mit 500 kW nicht nur die bisher absolut größten Windräder aufgestellt, sondern
mit zwei Anlagen auch der erste "Windpark". Das Eröffnungsfest am ersten Mai wurde mit mehreren 1000 Teilnehmern zu einer
Großkundgebung für die Windkraft.
Als sich im Lauf des Jahres 1996 keine neue Förderregelung abzeichnete, folgte gegen Ende des Jahres in
einer Art Panikreaktion der erste "Boom" für die Windkraft.
36 Windräder mit 12 MW Gesamtleistung und einer Jahresarbeit von 18 Millionen Kilowattstunden wurden von Neujahr bis Silvester errichtet.
Daran konnte auch das von der EVN plötzlich eingeführte "Netzdienstleistungsentgelt" für größere
Windkraftanlagen (in ihrer Höhe in ganz Europa ein Novum) nur wenig ändern.
Nach 1996 gab es nur in Ausnahmefällen wirtschaftliche Rahmenbedingungen für einzelne Projekte.
Darunter auch der damals "riesige" Park in Zurndorf mit sechs Anlagen.
Ein neues, von den EVUs entworfenes Generalübereinkommen wollte die Einspeisetarife auf 50 Groschen senken und den Rest mit
Investitionsförderungen ausgleichen. Aus dem vorgesehenen Topf hätten gerade vier Anlagen pro Jahr finanziert werden können.
Das stetige Dahintröpfeln gewann 1998 wieder etwas an Geschwindigkeit, da vor der Landtagswahl
in Niederösterreich 15 Windkraftanlagen mit zusammen 8,5 MW durch ein Forschungsprogramm eine
zusätzliche Förderung bekamen.
1998 wurde aber auch die Grundlage für das weitere Wachstum gelegt:
Das Elektrizitäts-Wirtschafts-Organisations-Gesetz (ElWOG) wurde beschlossen, bei dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium
eine Zielbestimmung für 3 Prozent Ökostrom durchsetzen konnten.
Nachdem die daraus resultierenden Einspeisetarife in Kraft traten, war der Weg frei für die knappe Verdoppelung der bisher installierten Windkraft.
In einzelnen Bundesländern wurde jedoch die Abnahmeverpflichtung begrenzt:
Lediglich in Wien, Kärnten, Vorarlberg und in der Steiermark bestand eine unbegrenzte Abnahmeverpflichtung der
Verteilernetzbetreiber für Strom aus Erneuerbaren Energiequellen. In
den anderen Bundesländern bestanden für die Begrenzung unterschiedliche Bestimmungen.
Die Begrenzung der Abnahmepflicht erfolgte mit dem Argument, dass aufgrund des Fehlens eines bundesweiten Ausgleichs, die
Verbraucher in den Ländern mit einem großen Windenergiepotenzial viel stärker belastet würden als in
Bundesländern mit wenig Windkraftanlagen.
Das ELWOG 2000
Für Erneuerbare Energien (ausgenommen Kleinwasserkraft) wurde eine Abnahmepflicht zu Mindestpreisen (Einspeisetarifen)
festgelegt, deren Höhe von den jeweiligen Landeshauptleuten verordnet werden musste.
Neu war, dass sich diese Tarife an den durchschnittlichen Kosten der Elektrizitätserzeugung der Erneuerbaren zu orientieren hatten.
Mehraufwendungen, die den Netzbetreibern aus dieser Abnahmepflicht erwachsen, können ihnen aus Mitteln eines Zuschlags zum
Systemnutzungstarif ersetzt werden. Zusätzlich werden Ökoenergie-Prozentziele normiert, die Verteilernetzbetreiber zu erreichen haben:
ab 1.10.2001 mindestens 1 %,
ab 1.10.2003 mindestens 2 %,
ab 1.10.2005 mindestens 3 % und
ab 1.10.2007 mindestens 4 %.
Im Falle der Nichterfüllung dieser Quoten sollte eine Ausgleichsabgabe entrichtet werden.
Das Ökostromgesetz 2002
Aus dem Druck einzelner Länder und aus der Überlegung, dass man die gewünschten Ökostromziele bundesweit billiger
erreichen kann als jedes Bundesland allein, starteten im Frühjahr 2002 Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um ein
neues, bundesweites Ökostromgesetz 2002.
Heftige Diskussionen um die Kompetenzverschiebungen waren die Folge. Unmittelbar vor der Sommerpause 2002 konnte dennoch das Ökostromgesetz beschlossen werden.
Die erforderliche Einspeisetarifverordnung trat dann mit 1.1.2003 in Kraft. Sie sichert den Betreibern auf 13 Jahre Mindesttarife. Bei Windenergie beträgt die Tarifhöhe 7,8 ct/kWh. Die Verordnung gilt nur für jene Anlagen, deren Bau vor 31.12.2004 genehmigt und bis zum 30. Juni 2006 errichtet werden. Anlagen, die vor 2003 genehmigt wurden, erhalten die früheren Bundesländertarife für 10 Jahre.
Der Windkraftboom 2003
Durch die erstmals für zumindest zwei Jahre absehbare Rechtssicherheit kam es zu einem Bauboom. Windkraftanlagen mit einer
Leistung von insgesamt 276 MW konnten 2003 errichtet werden. Die Anlagenleistung verdreifachte sich
von 139 MW (Ende 2002) auf 415 MW (Ende 2003). Österreich war damit in diesem Jahr auch international hoch angesehen. In
Europa konnte man hinter Deutschland und Spanien Platz 3 erreichen. Weltweit war man hinter den USA und Indien
Nummer 5 beim Windkraftausbau.
Dann erfolgte allerdings ein gravierender Einschnitt beim Ausbau von Ökostromanlagen, insbesonders bei der Windenergie.
Diskussion um eine Ökostromnovelle
Um den Jahrwechsel 2003/04 kam es zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Aufwendungen für Ökostrom. Eine neue
Zuschlagsverordnung scheiterte am Veto einiger Bundesländer.
Sie regelt, wie viel von den Endverbrauchern eingehoben wird, damit die ausgezahlten Einspeisetarife der Abwicklungsstelle
Verbund APG AG rückvergütet werden können. Die Verbund APG AG stoppte daraufhin die Zahlungen an Projekte, die ab
Dezember 2003 ans Netz gegangen waren.
Nach monatelangem Tauziehen konnte erreicht werden, dass wieder Gelder an die Betreiber flossen. Der Verbund leitete allerdings beim Verfassungs- und dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung des Ökostromgesetzes auf Verfassungskonformität ein. Wirtschaftsminister Bartenstein nahm diese Ökostrommisere zum Anlass, um eine Novelle des Ökostromgesetzes voranzutreiben. Wesentlicher Inhalt sollte eine starke Begrenzung des Ökostromausbaues sein.
Eine Begrenzung des weiteren Ökostromausbaues war auch von Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und sogar vom Gewerkschaftsbund gefordert worden. Dies war eigentlich unplausibel, hätte doch der forcierte Ausbau von Ökostromanlagen Arbeitsplätze gesichert, wie Beispiele aus Deutschland eindrucksvoll vor Augen führten.
Es konnte aber mit der SPÖ, die damals noch in Opposition war und für eine 2/3 Verfassungsmehrheit ihre Zustimmung hätte geben müssen, keine Einigung gefunden werden, so dass die Ökostromnovelle Ende 2004 nicht beschlossen werden konnte.
Mitte 2005 hatte bereits eine überarbeitete Fassung den Wirtschaftsausschuss passiert. Jedoch zufolge des hartnäckigen Widerstandes aller Ökobewegungen konnte abermals eine Beschlussfassung verhindert werden.
In weiterer Folge wurde vorgesehen einige Prestigeprojekte in von der SPÖ dominierten Bundesländern in das Förderregime einzubeziehen.
Die Stadt Wien sollte nunmehr für ihre Kraft-Wärmekopplungen Förderungsgelder bekommen. Desgleichen wurde die Förderungsgrenze für
Kleinwasserkraftanlagen von 10 MW auf 20 MW angehoben und dadurch die Bundesländer Salzburg und Steiermark in die Lage versetzt,
geplante Wasserkraftanlagen zu realisieren, die sich ohne Förderung nicht amortisiert hätten.
Jetzt war der Weg frei für den Beschluss der Ökostromgesetz-Novelle 2006, der im Nationalrat am 23.Mai 2006 gefasst wurde.
Dementsprechend stehen ab
Je 30 Prozent für Wind-, Biomasse- und Biogasanlagen, der Rest für Fotovoltaik.
Diese radikale Kürzung der Förderungsmittel auf 17 Mill.Euro (gegenüber ca. 100 Mio.Euro in den Vorjahren) stellt praktisch
das "AUS" für einen kontinuierlichen Ausbaus der Windkraft und insbesonders der Photovoltaik dar.
Durch diesen Stopp werden die österreichischen Windkraftbetreiber vermehrt im Ausland investieren, wo es weitaus günstigere Regelungen gibt.
Die von der Regierung kolportierten Ziele für einen 78,1 Prozent-Anteil von Ökostrom am Gesamtstromverbrauch sind mit
dem gegenwärtigen Förderungsmodell niemals zu erreichen, nicht zuletzt deswegen, weil man die Stromverbrauchssteigerungen in
den letzten Jahren völlig unterschätzt hat.
Bemühungen den Stromverbrauch zu senken werden von Energieversorgern überhaupt nicht propagiert und von der öffentlichen
Hand stark vernachlässigt.
Die derzeitige Regierung hätte es in der Hand mit ihrer 2/3 Mehrheit eine rasche Reparatur des Ökostromgesetzes vorzunehmen, um den weiteren Ökostromausbau nicht zu verhindern, und ihre selbst gestecken, bzw. von der EU vorgegeben Ziele zu erreichen.
Ein Detail am Rande:
Durch die Ökostromförderung wird jeder Haushalt mit 18 Euro jährlich belastet, wovon aber 3 Euro bereits wieder dem Finanzminister gehören.