Strom aus der Steckdose
Aus welchem Kraftwerk kommt der Strom?
Niemandem wäre es in der Vergangenheit in den Sinn gekommen von seinem Stromlieferanten den Nachweis zu verlangen, woher der Strom
eigentlich kommt. Der Strom hätte aus einem Donaukraftwerk, einem Wärmekraftwerk oder als Atomstrom aus dem Ausland kommen können, war
also mit Sicherheit gemischt.
Jetzt, wo man seinen Stromlieferanten frei wählen kann, wird plötzlich die Frage interessant, wie die einzelnen Stromanteile getrennt werden
können und ob ein Stromlieferant, der vorgibt Ökostrom zu liefern, dies auch tatsächtich tut.
Trennung der einzelnen Stromanteile:
Strom aus der Steckdose das ist natürlich richtig, woher sollte er auch sonst kommen.
Dazu kann ein Vergleich mit einem See, der aus verschiedenen Quellen gefüllt wird und dem internationalen Verbundnetz, in das
Strom von verschiedenen Kraftwerken eingespeist wird, hergestellt werden.
Der große See hat die Funktion eines Wasserspeichers, das internationale Leitungsnetz, in das viele Kraftwerke Strom einspeisen,
hat die Funktion eines Stromspeichers.
Wenn nun diesem See Wasser unterschiedlicher Qualität also zB. aus einem Fluß, Industrieabwässer oder reines Quellwasser
zugeführt wird, so entsteht ein Wassergemisch.
An einer anderen Stelle - am Ort des Verbrauchers - kann man natürlich nur Mischwasser entnehmen, dessen physikalischer Weg
nicht mehr nachvollziehbar ist.
Je grösser der Anteil von reinem Wasser ist, desto reiner wird auch der See sein. Beim Strom ist dies genau so, es wird sich im
Leitungsnetz ein grösserer Anteil von Ökostrom befinden.
Die Stromkonzerne produzieren Strom und kaufen auch Strom jeder Sorte, von Atomstrom über fossile Energie bis zu erneuerbarer Energie. Daraus entsteht ein Händlermix. Bei der Abgabe an Endkunden wird aber zwischen "Reinheitsgraden" der verschiedenen Stromsorten unterschieden. Die umweltbewußten Kleinabnehmer bekommen zertifizierten teuren Ökostrom, Industrie und Staat billigen Atomstrom. Bei der Frage um Öko- oder Atomstrom geht es nicht um den physikalischen Weg, den der Strom durch das Leitungsnetz nimmt, entscheidend ist vielmehr der Weg des Geldes, das entweder zu Naturstrom-Anbietern oder zu AKW-Betreibern fließt.
Ein Wasser (Strom) -anbieter hat den Nachweis (gegenüber der Behörde e-control) zu führen, welche Menge reines Wasser (Strom aus Erneuerbaren Energiequellen) er diesem See zugeführt hat. Er kann daher dieses Wasser (diesen Strom) an anderer Stelle entnehmen - da es ja in diesem See (im Leitungsnetz) enthalten sein muß und etwas teurer über die Steckdose des Verbrauchers (als Strom aus Erneuerbaren Energiequellen), verkaufen.
Wenn allerdings die Herkunft des Wassers (Stromes) nicht bekannt ist (bei Strom aus dem Ausland), bietet dies den Energieversorgungsunternehmen die Aussage: Strom aus unbekannten Quellen - dass dabei auch Atomstrom enthalten ist, wird wider besserem Wissen nicht offengelegt.
Da somit der elektrische Strom "nur am Papier" in seine einzelnen Anteile getrennt werden kann, ist es gerechtfertigt für Ökostrom, dessen Produktion derzeit noch teurer ist, als Strom aus Gas-, Öl- und Kohlekraftwerken, einen höheren Preis zu verlangen.
Kritik an Umetikettieren von Atomstrom zu Ökostrom
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Energie-Experten haben die legale Praxis kritisiert, Atom- oder Kohlestrom durch den
Handel mit Ökozertifikaten in Ökostrom umzuetikettieren.
Als "reinen Verschiebebahnhof" bezeichnete Thorsten Kasper vom Verbraucherzentrale Bundesverband gegenüber dem
Nachrichtenmagazin "Spiegel" das Vorgehen. Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des
Saarlandes nannte es "eine Täuschung des Verbrauchers".
So hatten sich laut "Spiegel" erst kürzlich die Stadtwerke Kassel mit Hilfe der durch das Renewable Certificate System (RECS) gegebenen
Möglichkeit zum Vorreiter für umweltgerechte Stromerzeugung erklärt. Über das RECS kann ein Stromversorger an der Börse etwa
Strom des AKW Krümmel für sieben Cent je Kilowattstunde kaufen. Diesen könne er dann für weitere gerade einmal
Der Betreiber des Wasserkraftwerks müsse die entsprechende Menge seines Ökostroms in konventionellen umetikettieren. Leprich sagte dem "Spiegel", ökologisch ausgerichtete Verbraucher sollten bei ihren Anbietern unbedingt nachfragen, welcher konkrete zusätzliche Umweltnutzen durch den Kauf des Ökostroms entstehe.