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Handel mit Ökostrom

Nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist in Österreich auch Ökostrom drinnen

Mit Strom kann man nicht nur physikalisch handeln sondern auch virtuell.
Wie das geht: Durch den Kauf von RECS-Zertifikaten.

Strom aus Wasserkraft mit RECS
RECS-Zertifikate (Renewable Energy Certificate System) sind Umweltzertifikate, die unabhängig von einer physikalischen Lieferung bezogen werden können. Dies ermöglicht die Aufwertung eines bereits in anderen Kraftwerken erzeugten Stromes.
Als Nachweis für die Erzeugung von Strom in den Kraftwerken Freudenau und Ybbs bietet die Verbund AG RECS-Zertifikate an, die österreichische und auch deutsche Stromverteilungsunternehmen erwerben können.
Dies ist eine "Umetikettierung" von Importstrom - der in Atom- und Kohlekraftwerken erzeugt wurde - in Strom aus Wasserkraft. Dieser wird dann als "sauberer Strom" an die Kunden verkauft, was glatter Schwindel ist."

Da RECS-Zertifikate auch in Skandinavien nicht benötigt werden, verkauften dortige Firmen dieselben nach Österreich weiter. Damit wird den österreichischen Verbrauchern vorgegaukelt, Ökostrom zu beziehen - der in Österreich produziert wurde - was aber nicht der Fall ist.
Stattdessen werden Atom- und Kohlestromindustrie im Ausland gefördert, was der ökonomischen und der ökologischen Vernunft widerspricht.
Jene Unternehmen, die ihren Kunden tatsächlich reinen Ökostrom liefern, sind die Dummen. Die Regulierungsbehörde E-Control hat jedoch diesem wettbewerbsverzerrenden Treiben bislang nicht Einhalt geboten.

Aussagen zur Trennung von Strom aus verschiedenen Kraftwerken
Quelle: Bund der Energieverbraucher in der BRD

Auf einer Internetseite des Bundes der Energieverbraucher und im Solarbrief 4/06 des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.finden sich unter anderem folgende Aussagen:

Müller und Meier wohnen in Wiesenstadt. Ein Kraftwerk stellt dort die Hälfte des Stroms für die Stadt in umweltfreundlicher Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) her. Die andere Hälfte des Stroms kommt aus dem Verbundnetz und wird dort zu 30% aus Atomstrom und zu 50% aus Kohle erzeugt (Bundesdurchschnitt). Der Wiesenstadter Strom besteht dadurch zu 50% aus KWK-Strom und zu 15% aus Atomstrom und zu 25% aus Kohlestrom. Nach einer geplanten neuen EU-Richtlinie muss jeder Stromlieferant auf der Rechnung angeben, aus welchen Energieträgern sein Strom hergestellt wurde.

In weiterer Folge wird ein Beispiel für die Stromlieferung zwischen Herrn Müller und Herrn Meier gebracht, auf das weiter unten eingegangen wird.

Diesen Ansichten möchte ich dagegenhalten:
Es ist unbedingt erforderlich den gesamten Beitrag sorgfältig zu lesen um sicherzustellen sich nicht in einem Kabarettstück zu befinden.
Die Behauptungen stehen im Gegensatz zu allem, was die Ökoszene in all den vergangenen Jahren vertreten hat. Die Informationen, die darin geboten werden, tragen zu einer allgemeinen Verwirrung bei und leisten den Argumenten der Skeptiker einer Ökostromerzeugung Vorschub, die immer behaupten – Strom könne nicht getrennt werden, da er ja immer aus derselben Steckdose kommt.
Die Behauptungen sind ja nicht grundsätzlich falsch aber die richtigen Aussagen muss man mit der Lupe suchen.

Falsch oder mindestens äußerst missverständlich ist die Formulierung betr. eines Strombezugs von Müller und Meier.

Diese Formulierung bezieht sich richtigerweise auf die physikalische Tatsache, dass der Strom immer vom nächstgelegenen Kraftwerk kommt.
Wichtig ist aber der Geldfluss und nicht der Stromfluss.
Irreführend ist hingegen der Hinweis, dass man sich den Netzbetreiber nicht aussuchen kann. Dies ist ja auch nicht relevant, da der Netzbetreiber – ein vom Stromerzeuger und Stromlieferer unabhängiges Unternehmen - lediglich als Transporteur des Stromes fungiert und auch entsprechend bezahlt wird.
Auf den immer wieder herangezogenen Vergleich mit dem großen See, in den von verschiedenen Quellen Wasser eingespeist und an an anderer Stelle als Mischwasser entnommen wird, möchte ich hier nicht weiter eingehen, da ich ihn als hinreichend bekannt voraussetze.

Die andauernde Diskussion um die Trennung von Ökostrom kann nur durch eine Vernebelungstaktik erklärt werden. Da mir nur die Verhältnisse in Österreich bekannt sind, möchte ich meine Aussagen mit einem gewissen Vorbehalt treffen, gehe aber von der Annahme aus, dass die physikalischen Verhältnisse in der BRD nicht grundsätzlich verschieden sind.

Nicht zu leugnen ist die Tatsache, dass Ökostrom erzeugt wird, er kann ja nicht irgendwie verschwinden. Den Erzeugern von Ökostrom muss dieser Strom von der "Ökostromabwicklungsstelle" – diese heißt in Österreich tatsächlich so – abgekauft und entsprechend bezahlt werden.

Die Ökostromabwicklungsstelle weist sodann den Strom den Unternehmen, die an Endverbraucher liefern zu einem fixen Preis von 4,5 Cent/kWh zu. Die Unternehmen haben mit dieser Zwangszuteilung keine so rechte Freude, wären sie doch in der Lage sich Strom woanders – von Atomkraftwerken – billiger zu beschaffen. Aber zu manchen Tageszeiten ist für Strom am freien Markt bei der Stromhandelsbörse wesentlich mehr zu bezahlen.

Den Preis für Ökostrom müssen daher die Stromversorger in ihrer Kalkulation unterbringen, es sei denn sie können diesen Strom an spezielle Kunden – die bereit sind etwas mehr zu bezahlen – verkaufen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Stromversorger verpflichtet sind Ökostrom – sei es selbst erzeugter oder zugekaufter - in ihrem Angebot zu haben, sonst müssten sie mit Strafzahlungen rechnen.

Am Ökostrom kommt daher kein Stromlieferer vorbei.
Selbstverständlich steht es jedem Unternehmen frei verschiedene Tarife (Atomstrom, Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen, Ökostrom) anzubieten.
Damit ist eigentlich alles gesagt, weitere Erklärungen würden wieder zu einer Verwirrung beitragen.
Ich möchte sie aber trotzdem kurz anschneiden.
Die im Text des Solarbriefes getroffene Aussage:

Diese Aussage würde lediglich für den Fall zutreffen, dass bereits so viel Ökostrom im Lande ist, der keine Abnehmer findet, die bereit sind etwas mehr zu bezahlen.
Dann hat ein Stromversorger an sich kein Interesse und auch keine Notwendigkeit zusätzlichen Ökostrom zu erzeugen – nur dann tritt keine Umweltentlastung ein.
Da aber zusätzlicher Ökostrom auf Grund internationaler Verpflichtungen erzeugt werden muss, tritt die Umweltentlastung letztlich doch ein. Eine Kontrolle des Stromlieferers, ob dieser tatsächlich Ökostrom liefert, ist wie bei allen anderen Bioprodukten notwendig.
Ist das Angebot an Ökostrom zu hoch - wie es in der BRD an windreichen Tagen schon vorgekommmen ist, dann muß die Stromerzeugung aus kalorischen Kraftwerken zurückgefahren werden - ein durchaus wünschenswerter und umweltschonender Umstand. Zufolge des Überangebotes aus Windenergie konnte man Strom an der Handelsbörse in Leipzig um 0 Cent kaufen.
Die Stromversorger werden die höheren Kosten in ihrer Kalkulation berücksichtigen und zusammen mit der Ökostromabgabe – in Österreich pauschal 18 Euro jährlich – zahlt alles der Konsument.

Auch die folgenden Aussagen sind tendenziös und grob irreführend:

Derartige Aussagen sollten von einem Verein für die Förderung von Solarenergie nicht getroffen werden.

Verfasser: Dipl.Ing.Helmut Waltner